Helmuth Schönauer: Sozialkantine. Short Story
Die Seuche hat ordentlich Spuren hinterlassen, niemand weiß mehr, wie man reden soll. Und selbst die, die unverblümt auf einen sexuellen Notstand hinweisen, wissen nicht, wie sie das formulieren.
Die Seuche hat ordentlich Spuren hinterlassen, niemand weiß mehr, wie man reden soll. Und selbst die, die unverblümt auf einen sexuellen Notstand hinweisen, wissen nicht, wie sie das formulieren.
Die Nachricht unserer bevorstehenden Hochzeit Francos Eltern zu übermitteln, war also sozusagen "a gmahde Wiesn". Das konnte man bei Bea nicht behaupten. Wobei ich sicher keine Freudenausbrüche erwartet hatte.
Ich sagte ja. Nicht sofort. Da war diese eine Minute, die sich für Franco wohl wie ein Jahrhundert gezogen haben muss, in der in Lichtgeschwindigkeit eine ganze Podiumsdiskussion in meinem Kopf ablief. Alma gegen Alma sozusagen.
Sie warteten und warteten. Die Stühle waren alle desinfiziert, so schrieb es das Gesetz vor. Und jede Hustende und jeder Hustende wurde misstrauisch beäugt, ehe die Vorstellung wegen der vielen Hustenden abgesagt wurde.
Ich gehöre zu der Sorte Wiener, die ihre Heimatstadt unerträglich finden und es nur woanders aushalten. In meinem Fall ist München das Exil, von dem ich mir manchmal einbilde, es habe mir das Leben gerettet.
Franco hielt Wort. Für ihn waren seit unserem Kuss vor seiner Garderobe die Dinge klar. Mit der größten Selbstverständlichkeit kreuzte er am nächsten Tag in meinem Büro auf, umarmte mich und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.