Alois Schöpf / Wolfgang Obermüller / Helene Forcher
Der Tod ist zu wichtig,
um ihn in die Hände von Ärzten zu legen.
Zum Tod von Klaus Sprenger

Todesanzeige in der Tiroler Tageszeitung vom Ableben Klaus Sprengers am 19.08.23

Todesanzeige in der Tiroler Tageszeitung vom 08.09.2023 vom Ableben Klaus Sprengers am 19.08.23

Klaus Sprenger, Psychotherapeut mit Praxis in Innsbruck und Mitglied der ÖGHL, war einer der ersten in Tirol, der, obgleich schwer an der Lunge erkrankt, mit aller ihm zur Verfügung stehenden Kraft die Hürden überwand, die der Errichtung einer Sterbeverfügung entgegenstanden.

Mit Briefen und Telefonaten hielt er uns von der ÖGHL Landesgruppe Tirol am Laufenden, was die Widerstände der Ärztekammer betraf, Namen von aufklärungswilligen Ärzten zu nennen, aber auch was die Überforderung der Patientenanwaltschaft betraf, ihn kompetent zu informieren, nicht zu vergessen jene Ärzte, die zwar zu einem Aufklärungsgespräch im Sinne des Sterbeverfügungsgesetzes bereit waren, ihm jedoch seine „Idee“ auszureden versuchten, aus dem Leben zu scheiden, wann er es wollte und nicht, wann seine Krankheit es für ihn bestimmte.

Klaus Sprenger war somit einer der ersten, der mit der Angst seitens der Ärzteschaft, unter der Kollegenschaft unangenehm aufzufallen, und mit dem Unwillen, sich mit dem neuen Gesetz und seiner Anwendung zu beschäftigen, unmittelbar konfrontiert war.

Dies führte dazu, dass er dem neuen Sterbeverfügungsgesetz, das die Liberalität nicht vorschreibt, sondern an die Gesellschaft weiterverweist, äußerst kritisch gegenüberstand, weil er wohl zu Recht der Ansicht war, dass nur Personen von seiner intellektuellen Durchsetzungsfähigkeit jemals in der Lage sein würden, das vom Verfassungsgerichtshof bestätigte Menschenrecht für sich selbst in Anspruch nehmen zu können.

Diese unterschiedliche Einschätzung des Gesetzes, aber auch der Regierung Kurz führten denn auch dazu, dass er im Mailverkehr mit Alois Schöpf sehr scharf reagierte und darauf bestand, wieder auf das distanzierte „Sie“ zurückzukehren.

Trotz dieser Eintrübung der Beziehungen blieb Klaus Sprenger stets ein Motivator, im Rahmen der ÖGHL in der Bemühung nicht nachzulassen, mit allen zuständigen Stellen und interessierten Ärzten und Ärztinnen in Kontakt zu treten und zu versuchen, die Widerstände gegen das neue Gesetz und die Ängste, in einer zweifelsfrei sehr schwierigen Situation etwas falsch zu machen, zu mildern.

Vor diesem Hintergrund gedenken wir des selbstbestimmten Sterbens von Klaus Sprenger mit Hochachtung und Bewunderung. 

Es wird uns weiterhin dazu anhalten, dafür zu kämpfen, dass das vom Verfassungsgerichtshof garantierte Recht, Art und Zeitpunkt des eigenen Todes selbst zu bestimmen, allgemein anerkannt wird und seine Umsetzung auf Basis des Willens von entscheidungsfähigen Personen zu einer normalen Option am Lebensende wird.

Alois Schöpf, Wolfgang Obermüller, Helene Forcher, ÖGHL Tirol


Das Gesetz ist beschlossen, aber immer noch in Diskussion

OA Dr. Otto Gehmacher, Leiter der Palliativstation des LKH Hohenems, war zu Gast bei „Vorarlberg LIVE“, wo er über Sterbehilfe und die Palliativmedizin sprach.
Dazu die Stellungnahme von Klaus Sprenger auf der Homepage von change.org: „Rechtsanspruch auf professionelle Freitodhilfe! – Weil mein Ende nur mir selbst gehört.“ vom 2023.01.09.

Dr. Gehmacher, als Palliativmediziner scheinen Sie ja informiert zu sein. Wenn es in Vorarlberg offensichtlich nur vier Mediziner gibt, die überhaupt die im Rahmen des StVG §7 ergebnisoffenen Beratungen anbieten, wobei keiner davon eine Palliativausbildung hat (Auskunft der Ärztekammer von letzter Woche auf Anfrage), ist klar, dass überhaupt nur ein Patient die Möglichkeit in Anspruch genommen hat, eine Sterbeverfügung zu errichten. 

Alle anderen wurden offenbar von solch extrem voreingenommenen und keine Aufklärung anbietenden Palliativmedizinern daran gehindert.

Und dann wird ein altbekanntes Argument, dass die Patienten in den Tod gedrängt werden, hervorgekramt. Wie kann ein ethisch handelnder Arzt so einen Schwachsinn wie in diesem Interview über assistierten Suizid von sich geben? Beschämend!

Herr Gehmacher! Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen 15 Jahre mit keiner oder nur mit extrem sedierender Medikation, die einen nicht mehr denken, nur noch dösen lässt, unter großen Schmerzen leben oder nur ein Jahr damit verbringen zu müssen, dass Sie in einem Seniorenheim um 17:00 Uhr nach Abfütterung ins Bett gesteckt werden und eine Nacht in der eigenen Scheiße liegen, weil Sie nicht warten konnten und die einzige Pflegekraft für ich weiß wieviel zu Pflegende nicht schneller kommen konnte.

Vielleicht kommen Sie dann zu Empathie, zu Ethikempfinden und dazu, nicht mehr solchen Druck auf Patienten auszuüben, trotz alledem weiterleben zu müssen. Die Art, wie Sie sich über alle Kranken oder auch nur aus genannten Gründen Lebenssatten und in der Folge über deren assistierten Suizid erheben und ihre volle Hybris, Kälte usw. Macht über Abhängige ausüben wollen, ist tragisch.

Das sage ich und zitiere einen französischen Philosophen: Der Tod ist zu wichtig, um ihn in die Hände von Ärzten zu legen! Viel Spaß beim Selbstversuch mit den Windeln und in Ihrem eigenen Kot.


Das Gesetz erweist sich als zu bürokratisch.

schoepfblog veröffentlichte unter https://schoepfblog.at/literarische-korrespondenz-keine-sterbehilfe-fur-die-mutter/ den Brief einer Tochter über den leidvollen Tod ihrer Mutter.

Dazu die Stellungnahme von Klaus Sprenger, ebenso auf der Homepage von change.org: „Rechtsanspruch auf professionelle Freitodhilfe! – Weil mein Ende nur mir selbst gehört.“ vom 2023.08.17.

Ja, ein grausiger und leidvoller Tod, den Frau Gina beschreibt. Genauso müssen das sehr viele Menschen völlig ethikbefreit immer wieder erleiden. Schade, dass nur vom Heim die Rede ist, aber die Rolle der Ärzte leider unerwähnt bleibt. Jene Ärzte, die aus ethischen Gründen die laut Gesetz notwendigen Aufklärungen und damit den assistierten Suizid ablehnen und ohne Gewissenskonflikt so ein Sterben vertreten können!

Ja, es ist verdammt wichtig, dass es Organisationen wie die ÖGHL gibt, der es, aus meiner Sicht, darum geht, es möglich zu machen, dass ähnlich wie bei Dignitas Sterbebegleitung angeboten werden kann.

Ich sehe die ÖGHL diesbezüglich durchaus auf einem positiven Weg, wenn ich die Tiroler Eigenbrötelei einmal ausnehmen darf. Es ist ärgerlich, dass Herr Schöpf in Eigenvermarktung eine Literarische Korrespondenz als erstes unter seinen Blogbeitrag setzt. In diesem antwortete er nur auf meine damalige Kritik an Teilen des Gesetzes.

Ärgerlich darum, weil er nicht einsehen will, dass die von ihm so gelobten damals türkisen Politiker das Sterbeverfügungsgesetz so scharf und restriktiv wie möglich (Zitat Ministerin Edtstadler) gemacht haben, und es darum kein gut austariertes Gesetz, wie er es immer nennt, wurde. Diese von ihm gelobte Truppe verhinderte, dass weniger bürokratische Hürden aufgebaut wurden, aber Hilfestellungen für manche, die das nicht eigenständig organisieren können, etwa durch Sterbehilfevereine verboten sind.

Ja, diese immer und immer wieder gelobten Politiker rund um den damaligen Kanzler Kurz, wie eben Frau Edtstadler u.a., waren es. Das Gesetz hätte ähnlich den liberalen Teilen wesentlich weniger restriktiv gestaltet werden können. Den Rest gab ja nicht diese oben angeführte Truppe, sondern der Verfassungsgerichtshof vor!

Ich hoffe für viele sehr, dass die neu eingebrachte Klage von Dr. Proksch mit Dignitas und ÖGHL Erfolg hat und damit das Sterbeverfügungsgesetz wesentlich liberaler wird, die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe miteingeschlossen.

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Manfred Dengler

    Jeder Mensch, für den das Leben schon 1 Jahr lang eine Qual ist, sollte Sterbehilfe bekommen können, wenn er das wünscht.

  2. c. h. huber

    meine absolute bewunderung gilt herrn sprenger, auch wenn er das nicht mehr lesen kann! ich hoffe, ich habe dann auch so viel durchsetzungskraft, wenn es bei mir so weit ist. und/oder die voraussetzungen fürs selbstbestimmte sterben sind einfacher geworden!

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