Alois Schöpf
Angst und Schrecken
Apropos
Welches Genre dominiert die TV-Unterhaltung? Der Krimi! Was dominiert die Nachrichten? Klimakatastrophe, Ukraine, Pandemie, Hungersnot! Die Dokumentationen? Hitler und sein Umfeld! Was die politischen Debatten? Die Unfähigkeit der Regierenden!
Bleiben die sozialen Medien, die den jungen Leuten ihr Schönheitsideal aufzwingen, und sie dazu verurteilen, selbst zu definieren, wer sie, ungeachtet der biologischen Basics, sein wollen.
Als Erwachsener steigt man aus dieser Diktatur der medialen Formatierung zuweilen aus. Oder man weiß, sofern man es nicht schafft, dass man selbst daran schuld ist, wenn man sich das Leben zur Hölle macht.
Aber als Kind? Als Jugendlicher? Da hat man nicht die Tricks auf Lager, um mit den Folgen von Corona und einem Zeitalter der Angst und des Schreckens fertig zu werden.
Wen wundert es daher, wenn 22 Prozent der Mädchen und 10 Prozent der Burschen Anzeichen von Depressionen aufweisen und 30 bzw. 16 Prozent unter Zukunftsängsten leiden?
Gesundheitsminister Johannes Rauch hat daher das Projekt „Gesund aus der Krise“ verlängert und das Budget erhöht. Damit soll jungen Leuten ein niederschwelliger Zugang zu Therapien verschafft werden.
Man kann nur hoffen, dass sie erfolgreich sind. Vor allem jedoch, dass wir als Gesellschaft endlich Angst und Schrecken als Treibmittel medialen Erfolgs zur Gefahr für die psychische Gesundheit vor allem der Jugend erklären.
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 24.06.2023
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Sehr geehrter Herr Schöpf,
ich möchte mich jetzt endlich einmal für Ihre hervorragenden Zeilen, die Sie für die TT schreiben, bedanken!
Ich beneide Sie um Ihre Gabe, die verschiedensten Themen, die auch mir sehr am Herzen liegen, so klar und deutlich aufzuzeigen.
Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute und vor allem Gesundheit, damit Sie uns noch sehr lange als Apropos-Schreiber erhalten bleiben!
Mit herzlichen Grüßen.
Interessant finde ich, dass beim Aufkommen neuer, reichweitenstarker Plattformen, etwa im Bereich Live-Streaming, Twitch etc., quasi ad-hoc die gut-schlecht > gut-böse Schablonen als Erfolgsfaktor auch von der Jugend erkannt und angenommen werden. Da ist keine Belesenheit nötig. Im „betreuten Medienkonsum“ (Reaction-Streams) werden Doku-Dramen gezeigt, kommentiert und besprochen, im Englischen sagt man dazu meist „Drama-Harvesting“ bzw. „Drama-Farming“. Sie haben ein Ziel: Das Böse vorzuführen, und sich dabei in der Gruppe zu versichern, dass man zu den Guten gehört. Und dass man mit den Bösen nicht allzu zimperlich umgehen soll, das versteht sich wohl von selbst. Dies gilt gleichermaßen für rechte wie linke Ideologien. Hm, stellt sich die Frage, ob wir, wenn wir „wir“ sagen, damit auch automatisch „wir und die anderen“ meinen. Oder dürfen wir hoffen, dass uns plötzlich globale Allvernunft einschießt und wir emotionale Nähe zu allen Menschen erleben. Wobei, das macht nun mir Angst.