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Alois Schöpf
Das Programm: Für wen?
Zur Musik

Bisher erschienen:
https://schoepfblog.at/alois-schoepf-wann-gelingt-ein-konzert-zur-musik/
https://schoepfblog.at/alois-schopf-im-musentempel-zur-musik/https://schoepfblog.at/alois-schoepf-der-richtige-dirigent/

Nach der Wahl der richtigen Location und der Wahl des richtigen Dirigenten ist das Programm die nächste entscheidende Hürde, die ein Orchester bewältigen muss, um erfolgreich zu sein.

Wobei im Amateurbereich zwei Herausforderungen zu meistern sind, die vereinsintern oft eine solche Bedeutung gewinnen, dass die eigentlich entscheidende Aufgabe, ein vorab tunlichst genau zu definierendes Publikum glücklich zu machen, dabei vergessen wird.

Zu den Basisherausforderungen des Programms zählt nämlich in erster Linie die Frage, ob der Schwierigkeitsgrad der gewählten Stücke mit den spielerischen Fähigkeiten eines Orchesters übereinstimmt?

In der Regel macht sich hier eine Selbstüberschätzung breit, die auch daraus resultiert, dass sich um den Dirigenten meist die besten Instrumentalisten versammeln und dabei die Tatsache außer Acht gelassen wird, dass über die Qualität eines Orchesters nicht sie, die Besten, sondern in Wahrheit die eher schlechten Musiker entscheiden.

Eine weitere Herausforderung vor allem für den Dirigenten, der auf die Akzeptanz seiner Vereinsmitglieder angewiesen ist, besteht darin, ein Programm auszuwählen, das auch gern gespielt wird.

Da die meisten Musikerinnen und Musiker im Bereich der Basiskultur über eine nur überschaubare musikalische Bildung verfügen, präferieren sie medial gehypte Trivialitäten, lehnen eine Rückbesinnung auf die historischen Quellen von Blasmusik als zu konservativ ab und sind zugleich für wirklich zeitgenössische Musik weder spielerisch noch künstlerisch kompetent genug.

In diesem Spannungsverhältnis haben sich im Amateurbereich epigonale und geschäftstüchtige Komponisten breitgemacht, welche die Forderung nach sogenannten „modernen“ Stücken durch symphonisch aufgemotzte Schlagermusik befriedigen.

Dass diese Musik, die von vielen Musikvereinen als Beweis, auf der Höhe der Zeit zu sein, stolz vorgetragen wird, bei einem Publikum, das wirklich etwas von Musik versteht, nur mitleidiges Kopfschütteln hervorruft, erklärt nicht nur – von Verwandtschaften und Freundeskreisen abgesehen -zunehmend ausgedünnte Säle, sondern auch eine berechtigte Scheu professioneller Musikkritiker, sich mit der Bläserszene auseinanderzusetzen.

Es ist eine hohe Kunst und wohl eine Hauptqualifikation eines guten Dirigenten, eingezwängt zwischen der Scylla und Charybdis der niederen Decke des amateurhaften Könnens und den Wünschen des Orchesters ein Programm zu gestalten, dem es gelingt, die Erwartungen genau jenes Publikums (ländlich? städtisch? hochkulturell orientiert? basiskulturell orientiert?) zu befriedigen, von dem man wünscht, dass es zahlreich kommt und den Darbietungen mit Freude zuhört.



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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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