Walter Plasil
Von Huren und Gsindl
Stop stop!
Das würde ich heute nicht mehr so formulieren.
Satire
„Das würde ich heute nicht mehr so formulieren.“ Diese weisen Worte könnte man zurecht zum Satz des Jahrzehnts küren. Vor allem Politiker lieben ihn. Sie beweisen damit, dass sie flexibel sind, sich gut auf Neues einstellen können und nicht anstehen, zuzugeben, dass gestern eben nicht heute ist.
Ihrer berührenden und eindeutigen Feststellung sei immerhin ein sehr schwerer persönlicher Kampf vorausgegangen. Erst dann war der Schritt möglich, sich so klar und unglaublich ehrlich auszudrücken. Und das sei gleichzusetzen mit einem überzeugenden „mea culpa“. Ab jetzt sollten wir besser nicht mehr davon reden.
Außerdem sei festzuhalten, dass ungeplant in die Öffentlichkeit gekommene eigene „Formulierungen“ erstens nicht für diese gedacht waren. Das war nur lockere Kommunikation unter Freunden. In Wahrheit waren das eigentlich nur kleine Versprecher. Die Menschen haben ja keine Ahnung davon, was bei persönlichen Treffen zwischen Politikern alles gesagt wird! Man kennt ja nur das Geschriebene! Deswegen müsse man auch die entstandene Aufregung um solche Sprüche, in ihrer Bedeutung herabstufen. Jeder ist einmal emotional und man darf nicht jeden Halbsatz auf die Goldwaage legen. Im Übrigen ist sowieso alles aus dem Zusammenhang gerissen.
Ja, das denken wir auch, wir einfachen Staatsbürger. Wir alle fluchen schon mal, wenn wir über Kollegen, Vorgesetzte oder gar Politiker herziehen. Sie alle können uns ärgern. Manche davon sogar bis aufs Blut, wie es etwa Stechmücken im nächtlichen Schlafzimmer tun.
Da kann es leicht geschehen, wenn man so im Freundeskreis rumquatscht oder schnell ein SMS verschickt, dass man aus seiner augenblicklichen Stimmung kein Geheimnis macht. Außerdem verbindet uns das mit Gleichgesinnten. Alle meine Freunde denken so wie ich. Da ist es nur billig, diese Freundschaften, diese Harmonie im Denken und Fühlen, auch immer wieder zu bestärken. Das macht sich halt überdeutlich immer dann bemerkbar, wenn man über Andersdenkende, über Gegner oder gar Feinde herziehen kann.
Ja, da gibt es aber auch noch andere Aussagen von Politikern, die gar nicht geheim waren, sondern sogar sehr öffentlich.
Wir sehen „Licht am Ende des Tunnels“, was das Ende der Pandemie betrifft. Nur bestens informierte Experten wussten damals, dass dabei die provisorische Beleuchtung des im Bau befindlichen Brenner-Basistunnels gemeint war.
Dann vernahmen wir befreiende Botschaften, wie: „Die Pandemie ist beendet“, oder, „Die Pandemie betrifft nur mehr die Ungeimpften“. Vermutlich sind solche Meldungen nur deswegen getätigt worden, um das Durchhaltevermögen der Bevölkerung zu stärken. Erklärt oder widerrufen sind sie jedenfalls bis heute nicht.
Auch die Aussage nach einer verlorenen Wahl: „Die Richtung stimmt!“ mag verwundern, richtete aber nur begrenzten Schaden an.
Jetzt kommen wir noch zu einigen Chat-Beiträgen. Da schrieb zum Beispiel der Bundeskanzler an den vermutlich eigentlichen im Geheimen wirkenden ÖVP-Vorsitzenden Schmid (damals noch Generalsekretär im Finanzministerium) „Kriegst eh alles was du willst!“
Es ging dabei eh nicht um Bedeutsames. Was ist das schon? Die Funktion als Alleinvorstand bei der ÖBAG (wo das gesamte Firmen-Eigentum des Staates gebündelt ist). Die Ausschreibung des Jobs leicht (auf den Bewerber Schmid) angepasst. Dann noch (vermutlich) willfährige Aufsichtsräte dazu, die den Vorstand werken lassen sollten.
Die andauernden Störmanöver dieser lästigen Staatsanwaltschaft, die (vermutlich) von der Ostküste gesteuerte öffentliche Meinung, die linken Netzwerke und das Publikwerden der Chats hat die Träume einiger Proponenten inzwischen zu Schäumen werden lassen.
In diesen Fällen gibt es nicht einmal die Mindestform einer Entschuldigung dafür. Man hört nicht einmal den berühmten Satz: „Ich würde das heute …“
Bleibt noch die bisher unkorrigierte Anweisung des damaligen Generalsekretärs Schmid an Mitarbeiter im Finanzministerium: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP-Kabinett! Du bist die Hure für die Reichen!“
Positiv ist, dass man inzwischen erfahren hat, dass man bei Steuerschulden nach einem Kaffeehaustreffen mit seinem Finanzreferenten einen Steuernachlass bekommen kann. Das werde ich gleich nächste Woche probieren.
Dass der NÖ Landeshauptfrau, dieser sonst so liebenswerten, immer gequält lächelnden Dame etwas entfährt, was sie halt wirklich denkt, ist ernüchternd. Anhänger der SPÖ als „rotes Gsindl“ zu bezeichnen, das ist wahrlich böse!
Da sollten die Roten entgegnen mit: „Selber Gsindl, schwarzes!“ und alles wäre wieder gut. Zumindest habe ich das im Kindergarten bei Streitereien immer so gemacht. Dann war wieder Ruhe und wir haben danach gemeinsam Sackhüpfen gespielt.
Die neueste Abwandlung des zuvor oft zitierten Satzes wurde nun bekannt: „Ich würde daran nicht mehr teilnehmen!“ (Gemeint ist das rechts-rechte Ulrichsberg-Treffen in Kärnten.)
Ich halte das für einen Fehler. Als oberster Verfassungsschützer in Kärnten sollte er vielleicht doch teilnehmen, um die Werte der Demokratie dort zu verteidigen und in seiner Rede darauf hinweisen, dass sich die alten Nazis in ihre Keller zurückziehen sollen. Aber leider wurde ihm das nun verunmöglicht.
Wie man sieht, einiges bleibt jetzt zu tun. Die „offenen Gräben“ müssen zugeschüttet werden.
Deswegen bringe ich zum Abschluss noch Vorschläge für jene Bedauernswerten, die sehr spät draufgekommen sind, dass sie besser „anders formuliert“ hätten.
Ursprünglich: „Licht am Ende des Tunnels“
Besser: „Ich sehe, sehe, was ihr nicht seht, und ihr müsst selbst raten!“
Ursprünglich: „Die Pandemie ist beendet!“
Besser: „Die Pandemie ist eine weltweite und ich werde nun zu allen Regierungschefs der Welt reisen, um ihnen mitzuteilen, was sie dagegen unternehmen müssen!“
Ursprünglich: „Die Pandemie betrifft nur mehr die Ungeimpften“
Besser: „Die Pandemie betrifft die Betroffenen!“
Ursprünglich: „Die Richtung stimmt!“
Besser: „Die Dichtung rinnt“, weil es im Parteihaus gerade einen Wasserschaden gibt.
Ursprünglich: „Kriegst eh alles was du willst!“
Besser: „Kriegst nicht alles was du willst, meine Freundin hat sich für mich entschieden!“
Ursprünglich: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP-Kabinett! Du bist die Hure für die Reichen!“
Besser: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP-Kabinett! Du bist die Hure für die Armen!“
Ursprünglich: „Rotes Gsindl“
Besser: „Grünes Gsindl, angesichts des Zustands der Zusammenarbeit in der Bundesregierung“
Auf diesem Weg könnte Geschmacklosigkeit aktueller Trend bleiben. Und der dürfte uns bis zu den nächsten Wahlen fest im Griff haben.
Fast hätte ich ihn vergessen! Den Hinweis nämlich, dass die Tiroler, die an diesen Sachen beteiligt sind und waren, ganz sicher erst in Wien von den dort herrschenden miesen Sitten verdorben worden sind!
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