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Thomas Nußbaumer:
Max Regers
„Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin“
und Anton Bruckners Symphonie Nr. 7
im Symphoniekonzert des TSOI
am 26. und 27. Jänner 2023

Mit der Wiedergabe von Max Regers Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin (op. 128) und Anton Bruckners Symphonie Nr. 7 in E-Dur (WAB 107) gelang dem Tiroler Symphonieorchester Innsbruck am Donnerstag unter der Leitung von Lukas Beikircher in seinem 3. Symphoniekonzert der Saison ein weiterer beeindruckender Konzertabend.

Die Auswahl der Werke spiegelt wider, was dem seit Jahren konstant hervorragend musizierenden, auch bestens eingespielten Orchester sehr liegt: die bildhafte Musiksprache des späten 19. Jahrhunderts.

Lukas Beikircher und Streicherinnen und Streicher des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck. © Chó/wefeel.art Lukas Beikircher und Streicherinnen und Streicher des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck. © Chó/wefeel.art

Insofern war Max Regers von ihm so bezeichneter Ausflug in die Programmmusik, seine vier Tondichtungen nach Bildern des Schweizer Malers Arnold Böcklin (1827–1901) von 1913, ein gelungener Auftakt.

Der geigende Eremit, Im Spiel der Wellen, Die Toteninsel und Bacchanal lauten die auf entsprechende Gemälde bezugnehmenden Satztitel. Träumerisch und introvertiert schwingt sich die Violine (großes Kompliment an die Konzertmeisterin Annedore Oberborbeck) aus dem Orchesterklang auf. Unter Lukas Beikirchers besonnener Anleitung entsteht von Beginn an jene spezielle Atmosphäre, die Regers Werk innewohnt und eine Mischung aus Traum und Mythologie darstellt.

Das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck. © Chó/wefeel.art Das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck. © Chó/wefeel.art

Das Spiel der Wellen, in dessen Streicher-Animato die Bläserklänge wie Sonnenlicht glitzern, leitet gedanklich zur Toteninsel über, deren Klippen finster, schroff und unheimlich aus dem Wasser ragen und dem hilflos auf sie Zutreibenden unerwartet plötzlich die entsetzliche Fratze des Todes zeigen. Jedoch sind wir noch am Leben und suchen nach diesem Blick in eine ungewisse Zukunft Entspannung im dionysischen Rausch des gekonnt nachgezeichneten, rhythmischen Schlussbildes.

Die Klippe des Abends war Bruckners Symphonie Nr. 7, uraufgeführt 1884 (also knapp drei Jahrzehnte vor Regers Tondichtungen) und gewissermaßen eine Hommage an Richard Wagner, den Bruckner zutiefst verehrte. Wagners Andenken ist der sehr ernste, traurige zweite Satz (Adagio. Sehr feierlich und sehr langsam) mit seinem triumphalen Schluss gewidmet, denn Wagners Tod (1883) fiel ja auch in die Entstehungszeit der Symphonie.

Flöten, Oboen, Hörner im Tiroler Symphonieorchester Innsbruck. © Chó/wefeel.art Flöten, Oboen, Hörner im Tiroler Symphonieorchester Innsbruck. © Chó/wefeel.art

Lukas Beikirchers Interpretation setzte einen besonderen Akzent auf die Ausformung des Klanges. Im ersten Satz, der mit Allegro moderato überschrieben ist, lag hier die Betonung auf moderato. Der Verfasser vorliegender Zeilen hätte den ersten Satz gerne etwas schneller gehört und die eleganten Melodielinien und nahezu tänzerischen Weisen mit etwas mehr Drive. Andererseits bietet eine Gestaltung, die auf die majestätische Wirkung des Klanges und das Verweilen in den zahllosen wunderschönen Dialogen abzielt, sehr viele andere Qualitäten.

Grundsätzlich kann man der vom Orchester mit Engagement und Dynamik bewältigten Aufführung bescheinigen, dass sie dazu anhielt, in diesem berühmten, immer wieder aufgeführten Werk, von dem man jeden Ton zu kennen glaubt, neue Facetten, noch-nie-so-gehörte Klangfarbenmischungen und unvermutet schöne Momente musikalischer Dramaturgie zu entdecken.

Lukas Beikircher am Pult. © Chó/wefeel.art Lukas Beikircher am Pult. © Chó/wefeel.art

Und nicht zuletzt verneigt man sich vor den musikalischen Fähigkeiten dieses Orchesters, vor den herausragenden Solistinnen und Solisten in den Registern der Holzbläser, vor der massiven Blechbläsergruppe mit ihren Wagnertuben, den effektvollen Schlagwerkern und ihren Kolleginnen und Kollegen an den Streichinstrumenten.

Fotos: © Chó/wefeel.art

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Thomas Nußbaumer

Thomas Nußbaumer ( geb.1966 in Hall in Tirol) ist ein österreichischer Musikwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Volksmusikforschung / Ethnomusikologie. Nußbaumer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Innsbrucker Sitz der Universität Mozarteum Salzburg, Abteilung für Musikwissenschaft, Abteilungsbereich Musikalische Volkskunde, seit 2010 als Universitätsdozent für Volksmusikforschung. Daneben arbeitet er als freier Kulturjournalist.

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