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Manfred A. Schmid
Unsere Welt - ein Museum
Notizen

Der Salzburger Dom wird zum Museum und dessen Besuch kostenpflichtig. Das ist nur konsequent. Wenn die Kirchenaustritte so weitergehen, werden Pfarrer eines Tages nur noch als Museumswärter ihr Geld verdienen.

Das Parlamentsgebäude am Ring in Wien ist wegen Renovierungsarbeiten derzeit öffentlich nicht zugänglich. Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die nach der Wiedereröffnung sehen wollen, wo in ihrem Namen Politik gemacht wird, werden dann weiterhin zur Kasse gebeten werden. Ich halte das für eine bodenlose Unverschämtheit.

Sollte aber in Österreich – erste Anzeichen gibt es – die Demokratie tatsächlich weiter unterhöhlt, ihre Stützpfeiler Legislative, Justiz und Exekutive gegeneinander ausgespielt und Korruption und Freunderlwirtschaft zur hohen Staatskunst werden, könnte man das Gebäude in nicht zu ferner Zukunft als Museum der Demokratie weiterführen und von den ewig-gestrigen Nostalgikern, die es besuchen wollen, geschmalzene Eintrittsgelder verlangen.

Die Wiener Staatsoper wurde in der ersten Spielzeit von Direktor Bogdan Roscic in ein Museum für ausrangierte Regietheaterexperimente aus dem europäischen Raum der letzten 25 Jahre umfunktioniert. Wenn das so bleibt, ist gewiss mit Delegationen von einschlägig Interessierten Studenten und Fachleuten aus aller Welt zu rechnen. Ob aber das Wiener Publikum die aus- und nachgestellten Aufführungen weiterhin getreu in Augen- und Ohrenschein nehmen wird, ist angesichts der hohen Eintrittsgebühren überaus fraglich.

Umweltverschmutzung und Klimawandel gehen rasant weiter. Artensterben, Pandemien, Kriege, Hungerkatastrophen und schreiende Ungerechtigkeiten sind die Folge. Sollte es zur Vernichtung unserer Welt kommen, wird die Frage nach einem möglichen Weltmuseum allerdings kompliziert.

Es wird – außer den Zeugnissen aus unverwüstlichem Plastik – kaum herzeigbare Exponate aus der Welt von Gestern geben, vor allem aber keine potenziellen Besucher, denen man sie vorführen könnte. Den Ameisen, die uns überleben werden, wird das ziemlich egal sein.

Manfred A. Schmid

Manfred Schmid hat am Konservatorium in Klagenfurt Violine und Tonsatz und an der Universität Wien Philosophie und Psychologie studiert. An der University of Strathclyde in Glasgow, wo er als Lektor tätig war, hat er ein Postgraduate-Studium der Literaturwissenschaft absolviert. Nach einigen Jahren als Universitätsdozent an der Universidad Nacional dé Mexico kehrte er nach Österreich zurück, wo er zunächst als Cheflektor und Verlagsleiter die Edition S, den Belletristik-Zweig des Verlags der Österreichischen Staatsdruckerei, leitete. Es folgten rund zehn Jahre als Redakteur bei der Wiener Zeitung (Medienressort-Leitung, Theater- und Musikkritik, Kolumnist der „Extra“-Beilage) und eine mehrjährige Tätigkeit als Trainer und Coach (Kommunikation, Berufsorientierung). In der Pension schreibt Schmid regelmäßig Opernkritiken auf www.onlinemerker.com und widmet sich intensiv dem Komponieren – eine Leidenschaft, die ihn seit der Kindheit bis heute begleitet.

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