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Literarische Korrespondenz:
H. Hofinger an A. Schöpf
Betrifft:
Rechtes Denken!
A. Schöpf an H. Hofinger
Schimpfen ist nicht argumentieren!

Lieber Alois!

Dies sind die letzten Zeilen, welche ich für einen Kommentar zu einem deiner Artikel verschwende. Es hat keinen Sinn mehr. Und es tut mir leid. Aber es ist wirklich schade um jede Minute.

Zu deinem Artikel am Samstag in der TT noch letztmalig ein paar Zeilen:
Lieber Freund, entweder hat man es in der Volksschule verabsäumt, dir die Grundrechnungsarten beizubringen und dies konntest du auch im Gymnasium nicht mehr aufholen oder du besitzt eine Millionenvilla und leidest nun unter panischer Verlustangst.

Nein, ich bin dir nicht neidig! Ich mache mir aber ernsthafte Sorgen um deine immer mehr und immer geistloseren Attacken auf alles, was nicht streng rechts ist. Das alles kannst du doch nicht ernst meinen! Oder doch?

Deine Rechenkünste bezüglich der armen, schwer schuftenden Arbeiterschaft, welche nun endlich im Alter eine Millionenvilla in schweißtreibender Handarbeit zusammengeschustert hat…

Eine Mille??? Oder rechnest du in Schilling? Das ist einfach nur noch peinlich.

Hannes


Hallo Hannes!

Nach 20 Jahren Blasmusik-Kapellmeisterei bin ich es inzwischen gewohnt, mit jedem Krakeeler im Gespräch zu bleiben, damit er mir nicht die Klarinette hinschmeißt. Wobei ich mich korrigieren muss: Dein Mail, das du da ausdrücklich zum Zweck der Veröffentlichung auf mich losgelassen hast, lässt von seinem Charakter her eher auf einen Trompeter, Posaunisten oder gleich auf einen Tschinellisten schließen. Klarinettisten, die immerhin 83 verschiedene Griffe beherrschen müssen, sind meist feiner strukturierte Menschen.

Als einen solchen kenn ich ja auch dich, was mich hoffen lässt, dass du dich für deine spätabendliche Bluthochdruckattacke irgendwann ein wenig schämst. Zum Beispiel dafür, dass du als bekannter Intellektueller, Autor, Fotograf und Buchverleger im Hinblick auf meinen Artikel in der Tiroler Tageszeitung kein einziges Argument verwendest, sondern nur schimpfst.

Ich beginne beim einfacheren Teil deiner Invektiven: dass nämlich meine Artikel geistlos alles attackieren, was nicht streng rechts zu verorten sei.

Dazu möchte ich lediglich festhalten, dass ein Argument niemals dadurch richtig oder falsch, begründet oder nicht begründet ist, weil es rechts, links, liberal, neoliberal oder konservativ ist. Solche Zuschreibungen sind nicht Argumente, sondern, getreu nach Herbert Kickl, lediglich Punzierungen. Mit voranschreitender Logik, mit jenem Pfad also, dem Argumente nachzugehen haben, hat dies alles nichts zu tun.

Zumal die Punzierung als rechts, wenn man sie schon durchgehen ließe, auch historisch nicht haltbar ist. Ein Benito Mussolini, der Erfinder des Faschismus – und in diese Richtung willst du mich ja mit deiner Unterstellung, ich würde rechte Positionen vertreten, drängen – war am Beginn seiner Karriere ein leidenschaftlicher Sozialist. Der Österreicher Adolf Hitler wiederum war Chef einer Partei, die sich präzise als national und sozialistisch bezeichnete. Wie ja auch unsere derzeitigen österreichischen Rechten sich als Soziale Heimatpartei um den kleinen Mann und die kleine Frau zu kümmern vorgeben.

Wenn du mir also vorwirfst, dass ich in meinem Artikel die angeblich Reichen verteidige, wenn ich nicht überhaupt, Asche auf mein Haupt, als Eigentümer einer Millionenvilla selbst zu diesem verworfenen Teil der Menschheit gehöre, dann trifft wohl der Ratschlag Bruno Kreiskys auf dich zu: Lernen Sie Geschichte Herr Redakteur! Wenn nämlich stimmen würde, was du da behauptest, wäre meine angebliche Verteidigung konservativ, bürgerlich, liberal oder neoliberal, aber ganz bestimmt nicht streng rechts!

Womit ich beim aufwändigeren Teil als Antwort auf deine Tirade angelangt bin, deinem Vorwurf nämlich, ich würde die Grundrechnungsarten nicht beherrschen, eine Unterstellung, die wohl daraus resultiert, dass du dir in deinem heiligen Zorn die Mühe erspart hast, bei Dr. Google die Grundstückspreise in den verschiedenen Regionen Tirols abzufragen.

Meine Artikel sollte man schon genau lesen. So schreibe ich bewusst vom Speckgürtel Innsbrucks, von einer Gegend also, die, zum Beispiel für das eingemeindete Hötting einen Quadratmeterpreis von 2500 € ausweist, für den Innsbrucker Stadtteil Saggen, der zur Stadt selbst gehört, 2100 €, für Innsbruck gesamt 1690 €, für Lans, wo ich wohne, 1400 € oder, um mich in die Nähe deines Wohnortes zu begeben, für Aurach bei Kitzbühel 4000 €.

Sollte also ein Sohn oder eine Tochter eines Auracher Bauern 2000 m² Grund geerbt haben, was vor wenigen Jahrzehnten auch im Umland von Innsbruck durchaus nicht außergewöhnlich war und viele betrifft, die ich persönlich kenne, würde der Schätzwert (2000 x 4000 plus 500.000 für das Haus) dieser Liegenschaft inklusive Haus etwa 8,5 Millionen € betragen, 1,5 Millionen davon wären frei, sodass für die geplante Vermögenssteuer 7 Millionen € als Berechnungsgrundlage übrig blieben und bei einer 0,5 prozentigen Vermögenssteuer pro Jahr (!) 35.000 € an den Staat abzuführen wären, was präzise auf die von mir prognostizierte Vermögensvernichtung des Mittelstands hinausliefe.

Bemühen wir weiter die Grundrechnungsarten und berechnen die Vermögensverminderung eines Familienvermögens über die Zeitspanne einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 80 Jahren. Bei einer 0,5 prozentigen Vermögenssteuer würden im Laufe dieser Zeitspanne 40 % des Vermögens vom Staat einkassiert werden, wobei nach einer Erbschaft weitere 20 % einmal oder mehrfach, also insgesamt eine Enteignungsrate von 60 % bis 80% zustande käme.

Was den konkreten Betrag der Vermögenssteuer in Aurach betrifft, kannst du ihn gerne halbieren und somit auf die Verhältnisse rund um Innsbruck anpassen: in jedem Fall würden sich daraus Steuervorschreibungen ergeben, die eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen oder gar, wobei ich aus meiner Heimatgemeinde Lans mehrere konkrete Namen nennen könnte, Pensionistenehepaare an den Rand des Ruins treiben würden, nur weil sie einen etwas größeren Garten in ihrem Besitz haben, den sie mit Leidenschaft hegen und pflegen. 

Als alten Linken wird dich das aber nicht weiter kümmern, da ja auf die großartige kommunistische Idee, wie der Kaffeehausphilosoph Jean-Paul Sartre einmal gemeint hat, die Erkenntnis zutrifft, dass dort, wo gehobelt wird, auch Späne fallen.

Und noch ein Aspekt eignet sich gut für die Grundrechnungsarten, die zu beherrschen ich hoffentlich nunmehr nachgewiesen habe: der Eigenheimanteil der Bevölkerung beträgt in Tirol 57 %, in Vorarlberg gar 62 %, in Wien hingegen nur 19 %. Wieder einmal würden also die westlichen Bundesländer über die Vermögenssteuer unsere so geliebte Bundeshauptstadt Wien, auch Wasserkopf genannt, finanzieren, auf dass dort mit dem Geld der Tiroler und Vorarlberger weitere billige Gemeindewohnungen errichtet werden könnten, die dann auch zum Zwecke der guten sozialen Durchmischung von vermögenden Bürgerinnen und Bürgern, auch Peter-Pilz-Syndrom genannt, bewohnt werden dürfen.

Bleibt zuletzt die Frage, wie es ethisch zu rechtfertigen ist, dass welche Regierung auch immer willkürlich einen Betrag festsetzt, über den hinaus Eigentum bestraft wird. Und es bleibt die sichere Befürchtung, dass ein Freibetrag von 1,5 Millionen, der schon binnen eines Jahres bei einer derzeitigen Inflationsrate von fast 10 % ebenfalls 10 % Wertminderung erfährt, bewusst längere Zeit nicht angehoben würde, um auf diese Art eine Steuer, die ursprünglich als angeblich berechtigter Beitrag der Reichen zum Wohlstand der Ärmeren verkauft wurde, zur endgültig ertragreichen staatlichen Massenpiraterie an der eigenen Bevölkerung umzufunktionieren.

Diese Antwort auf deinen beleidigenden Brief ist zwar wieder einmal, wie du richtig festgestellt hast, geistlos, weil trocken, aber dennoch absolut notwendig.

Mit besten Grüßen ins Unterland
Alois

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Ronald Weinberger

    Hach, euch beiden Disputanten zuzulesen („zuzuhören“ wäre wohl noch viel ergreifender) generiert bei mir eine Palette von Grinsern, die zugegebenermaßen teils etwas schief ausfallen.
    Ihr solltet ein gemeinsames Werk schaffen und herausgeben, in dem dann hoffentlich eure ideologischen Positionierungen in „rinke“ und „lechte“ Schlussfolgerungen münden!
    Ein gemeinsames, wahrlich verbindendes Autoren-Pseudonym hätte ich für euch beide auch sofort parat: Wie wär’s mit „Schöfinger“? „Halois Schöfinger“?
    Zumindest EINEN zukünftigen Leser hättet ihr gewissermaßen schon sicher …

  2. Hannes Hofinger

    Lieber Alois!
    Vorerst entschuldige ich mich für den rauhen – du findest ihn beleidigend – Ton. Da ist die Wut in mir durchgegangen.
    Ganz kurz eine Replik: Ich habe nie die hohen Preise für Grund und Boden und Wohnraum in Frage gestellt und darum ging es auch nicht in deinem Artikel. Du hast dich aufgeregt und – erwartungsgemäß – deine Abneigung gegen alles Linke bedient. Du hast dich als Schutzpatron aller armen Leute ausgegeben, als Schutzherr vor den bösen Linken, welche armen Häuslbauern, welche eine kleine Villa im Wert von über eine Million Euro zusammengeziegelt und betoniert haben, das hart verdiente Geld wegnehmen wollen.
    Mein Wutausbruch kam daher, dass ich das ganz einfach nicht verstehe. Kein Arbeiter oder Angestellter kann in seinem Erwerbsleben so viel Kohle auf die Seite legen, dass er über tausend Quadratmeter Baugrund kaufen und darauf eine Millionenvilla bauen kann, das geht sich auch trotz längerer Lebenserwartung nicht aus.
    Einzig durch Erbschaft ist dies möglich.
    Und, wenn jemand OHNE EIGENE LEISTUNG mehr als eine Mille geerbt hat, dann kann man in einem Sozialwesen doch verlangen, dass derjenige einen winzigen Anteil der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, damit jene, die sich nicht das billigste Häuschen oder, und auch das ist leider keine Seltenheit in unserem reichen Staat, ohne akzeptable Wohnung dastehen (trotz Arbeit!) unterstützt werden können. Und nur dies will der von dir so verachtete Babler und seine Partei anregen.
    Damit beende ich meine Debatte, ersuche meine Überreaktion zu verzeihen und im Wissen, dass wir beide da – und in vielen anderen Dingen – verschiedener Meinung sind hat eine weitere Diskussion wohl keinen Sinn.

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