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Literarische Korrespondenz:
A. Schöpf / E. Schneitter
an H. Schönauer
Betrifft: 70. Geburtstag

Lieber Helmuth!

Zu deinem morgigen 70. Geburtstag wünsch ich dir alles Gute. Und ich wünsche mir, dass du noch lange für schoepfblog schreibst, die Neuerscheinungen der österreichischen Dichter abseits des Mainstreams weiterhin besprichst, dich als ein mit allen Wassern der Erwachsenenbildung gewaschener Profi als Berater zur Verfügung stellst und mit mir noch oft zu Elias Schneitter zur Redaktionssitzung in seinen Weinberg pilgerst oder zum Italiener am Zirler Bahnhof, um gemeinsam eine Pizza zu essen und gescheiter zu werden.

Du bist nicht nur ein äußerst liebenswürdiger Zeitgenosse, dem man seine literarischen und die damit verbundenen privaten Leiden klagen kann, ohne belächelt zu werden, du bist auch einer der größten österreichischen Satiriker und Humoristen, dessen schräge Witze oft so dicht aufeinander folgen, dass man sie fast nur begreift, wenn man deine Texte Satz für Satz ins Layout einarbeiten muss und dabei aus dem Lachen und dem ungläubigen Staunen über dein schräges Denken nicht herauskommt.

Weil viele gerade derer, die sich als fachkundig ausgeben, nur noch querlesen, und in Wahrheit die Literatur, die sie sich in der Jugend unglücklicher Weise zum Beruf erwählt haben, nur noch hassen, verstehen sie dich nicht und unterschätzen dich. 

Oder sie mögen dich nicht, weil du hinter all deiner Skurrilität das Leben als ein trauriges Schauspiel verrücktspielender Säfte begreifst, weshalb du auch der unangefochtene Proktologe, Urologe, Flatologe, Sekretologe und Spermatologe unserer Gegenwartsliteratur bist.

Und du machst es dem literaturinteressierten Bürger nicht leicht, dich als großen Dichter, der du bist, zu verehren, weil du dich konsequent jeder Vermarktung verweigerst und dich ausschließlich dem verlegerischen Underground verschrieben hast. Dazu gehört auch, dass du, offenbar um deine Kreativität und die Spontaneität deines Witzes zu schützen, deine Texte nicht korrigierst und daher bedenkenlos neben Genialem auch weniger Geniales veröffentlichst, was deiner Heiligsprechung als schreibende Ikone im Wege steht.

Dafür bist du noch heute lebendig und nicht das eitle Abziehbildchen deiner selbst als Dichter.

Der Preis für diese Unschuld ist Preislosigkeit und die Weigerung unserer braven, katholischen Kulturpolitik dir auch nur einen kleinen Teil jener Förderungen zukommen zu lassen, die manch schonungslosem Opportunisten, der die Distinktion edler Hochkultur verspricht, geradezu nachgeschmissen wird. Das ist bitter! Mach dir nichts draus und ertrage es als ein österreichisches Schicksal, das für deine unverwechselbare Qualität spricht.

Deine Aufmunterung, mit der du dich deinen Kolleginnen und Kollegen von der schreibenden Zunft gegenüber in deinen Mails zu verabschieden pflegst, gilt somit auch für dich: Halte durch! Du bist einer der ganz wenigen, die ihren Weg konsequent nie verlassen haben!

Alois Schöpf

Lieber Heli!

Unsere Geburtstage liegen ja eng beisammen und auch sonst hat es auf unserem bisherigen Lebensweg häufige Aufeinandertreffen gegeben.

Das waren für mich meistens intensive und lehrreiche Stunden. Du bist ja das lebende Literaturlexikon Österreichs. Keiner weiß mehr und kennt sich in diesen Gefilden besser aus als du.

Als Schriftsteller hast du bisher schon ein Mammutwerk geschaffen. Dabei war dein Credo stets: Literatur schreiben und nicht Förderanträge. Preis- und stipendienfrei bleiben! Das war stets deine Maxime.

Unbeirrbar bist du diesen Weg gegangen und dadurch zum genialen Outsider der Literaturszene geworden, dem ich meinen hohen Respekt zollen möchte.

Mit deinen zahlreichen Publikationen, die in ihrer Fülle an Balzac denken lassen, hast du dir eine kleine, aber feine Fangemeinde geschaffen, die sich auf jede deiner Zeilen freut, auch wenn man manchmal bei der Lektüre auf der Seife steht.

Dein Standardsatz war immer: Halte durch!
Also: durchhalten!

Alles, alles Gute zum Runden,
wünscht dir 

Elias Schneitter

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Andreas Braun

    Lieber Helmuth Schönauer!
    Ich wanderte mit Alois Schöpf diese Woche wieder einmal quatschend bergauf. Bei diesem wie auch anderen oft durchaus kontroversiellen – siehe etwa Causa Kurz – Diskursen eint uns ein absoluter Konsens: Schönauer is the best…..simply better as the rest….kurzum eine phänomenale, nie versiegende Quelle ewig junger und origineller Betrachtungen unseres verrückten So- und Andersseins!

    Seit den Zeiten des „Luftballon“ über „Pontlatz“, das „Kamasutra“, den Schoepfblog etc. etc. darf ich Dich, lieber Helmuth, als stiller Zeuge und Leser Deiner gescheiten Apercus über die so weite und so enge Welt begleiten. Für diese erfrischenden Stärkungen meines insbesondere durch unsere „Tirolität“ vielfach traumatisierten seelischen Rückgrates bedanke ich mich anlässlich Deines heutigen Geburtstages recht herzlich.

    Behalte Dir Deine unbeschreibliche intellektuelle Kondition, Deine Phantasie und vor allem – wie es der Franzobel einmal treffend formulierte – Deinen einmaligen Schalk!!……von allen Geistern, die verneinen, ist mir der Schalk am wenigsten zur Last…..meinte ja schon der Altmeister!

    Ad multos annos!👍☘️👍🍀😊

    Andreas Braun

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