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Literarische Korrespondenz:
Bürgermeister Ernst Schöpf
an den ÖVP Landtagsabgeordneten und Bürgermeister
Dominik Mainusch
Betrifft:
Zur GemNova!
Ein weiterer unbeantworteter Brief!

Sehr geehrter Herr Kollege, lieber Dominik!

Ich bin zufällig auf Deinen Facebook-Eintrag (siehe unten!) in Reaktion auf das Interview mit Dr. Hye im schoepfblog gestoßen und bin über Deine einfache Erklärung sehr erstaunt. Und dies aus mehreren Gründen:

– Die Grundidee war von Beginn an, Service- und Dienstleistungen für Gemeinden zu bieten. Du weißt genauso gut wie ich und die meisten unserer Kollegen und Kolleginnen, dass die kleinen und vielfach auch schon die mittleren Gemeinden selbst nicht mehr in der Lage sind, alle Leistungen der Gemeinde zeitlich und fachlich (gesetzeskonform) abzuwickeln. Genau zu diesem Zweck der Erbringung von Service- und Dienstleistungen für Gemeinden wurde die GemNova 2010 mit einem einstimmigen Vorstandsbeschluss gegründet. Dies ist auch im Gesellschaftsvertrag zu lesen und ich gehe davon aus, dass dieser bekannt ist.

– Wer hatte nun den Größenwahn und wie argumentierst Du den? 80 % des Umsatzes und 85 % des Personals waren in der Bildungspool beschäftigt. Ein Projekt im Auftrag des Landes Tirol und des TGV (Tiroler Gemeindeverband). Die Gründung wurde im Landtag diskutiert und beschlossen. Wer ist also größenwahnsinnig?

– Die Personalmanagement GmbH wurde im Auftrag des Landes und des TGV gegründet, um die Aktion 20.000 abzuwickeln (wobei die Gesellschaft schlussendlich auf mehreren 100-TS Euro sitzengeblieben ist, weil weder das Land noch die Gemeinden das Projekt ausfinanzieren wollten).

– In Eurem Regierungsprogramm auf Seite 40 findet man den Satz: Die Tiroler Gemeinden in der Einrichtung und Umsetzung von digitalen Informations- und Kommunikationseinrichtungen unterstützen (Gemeindeserviceplattform, Förderung von Datenbereinigungs- und Datenmanagementsystemen, digitale Amtstafel, Gemeinde TV)

Ich gehe davon aus, dass Du diesem Regierungsprogramm zugestimmt hast. Diese Aufgaben hätte die GemNova übernehmen sollen und dazu wurde z.B. die Filmfirma gegründet und auch viele Vorbereitungsmaßnahmen in anderen Bereichen getroffen, da das Unternehmen der hohen Politik ja vertraut hat (ein gewaltiger Irrtum, wie wir erkennen mussten). Das vorbereitete Papier von der GemNova wurde übrigens auch im TGV für gut befunden und gemeinsam mit den Forderungen des TGV an die neue Regierung geschickt, also kann man nicht sagen, das war Größenwahn der GemNova, sondern das war abgestimmt.

– Deine Sätze Aber das, wie es letztlich geendet hat, war nicht mehr zu verantworten! Man hat es, einfach gesagt, heillos übertrieben. Und das Ergebnis nach 13 Jahren war nicht mehr zu retten sind für mich überhaupt äußerst sonderbar. 

Das letztliche Ende wurde nicht von der GemNova herbeigeführt, sondern von den Gemeinden gemeinsam mit dem Land Tirol. Das ist die wahre Verantwortungslosigkeit, eigentlich ein Skandal. Die wirklichen Fachleute haben immer gesagt, dass das Unternehmen mit absolut überschaubaren Mitteln weiter funktionieren kann, das beweist auch die Tatsache, dass nach erfolgter Umstrukturierung seit 2021 im Jahr 2023 in allen Gesellschaften bis Mitte des Jahres deutlich positiv gewirtschaftet wurde und die mehrfach geprüften Prognosen haben gezeigt, dass die Verbindlichkeiten sogar aus eigener Kraft bedienbar gewesen sind.

– Und abschließend noch etwas: Fast alle Geschäftsbereiche werden mittlerweile von privaten Unternehmen weitergeführt. Die tun das sicherlich nicht aus Jux und Tollerei, haben sie doch allesamt auch einiges dafür bezahlt. Die machen es, weil sie damit Erträge erwirtschaften können. 

Die Bildungspool hat sich das Land geschnappt (übrigens schuldenfrei und die Verbindlichkeiten werden die Gemeinden bezahlen. Das ist gelebte Solidarität zwischen Land und Gemeinden!) und macht es 1:1 gleich weiter wie bisher. Um es salopp zu sagen: so schlecht kann es nicht gelaufen sein, wenn sich für alle Geschäftsfelder jemand findet, der sie weiter betreibt.

Zu den Sitzungsabläufen (und es waren seit Jahresbeginn verdammt viele Sitzungen) und manchen Wortmeldungen der teilnehmenden Akteure habe ich mir Aktenvermerke gemacht. Es ist die Chronologie einer Sauerei. 

Hier ging es um Karrieremathematik (Härting lässt grüßen) und darum, mich (einen Unbequemen) loszuwerden. Dass ich beim mächtigsten Bund in der VP durch meine Bemühungen in der Gemeindegutsfrage eine persona non grata bin, setze ich als bekannt voraus. Über die GemNova-Diskussion hat die Truppe aus der Brixnerstraße Morgenluft gewittert. 

Dass einer der Ihren an den Schalthebeln im Landeshauptmannbüro sitzt, war für die Erreichung des angestrebten Zieles zweifellos günstig. Zu diesen genannten Zwecken die eigene Firma an die Wand zu fahren, ist jedoch die Ungeheuerlichkeit der Extraklasse.

Wenn ich auf meine Präsidentenzeit zurückblicke, muss ich abschließend feststellen, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf den Abgeordnetenbänken des Landtages für die Tiroler Kommunen überschaubar hilfreich waren. Zumal dann, wenn sich Dinge zugespitzt haben. Das war in der Gemeindegutsfrage so und so war es auch in der Causa GemNova. 

Es geht um das eigene politische Leiberl und dafür unterwirft man sich dem Clubkadavergehorsam.

Ich grüße aus dem Ötztal,
Mag. Ernst Schöpf

 

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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Andreas Braun

    Lieber Ernst Schöpf!

    Ich freue mich, von Dir im schoepfblog Informationen und Argumente in Sachen GemNova zu erfahren, welche in der allgemeinen medialen Berichterstattung nicht aufschienen. Dieselbe fokussierte sich nämlich maßgeblich auf eine multiple Misswirtschaft und auf hohe Entschädigungen für Funktionäre und Manager. Nunmehr herrscht in Politik und Medien nach einer Phase voyeuristischer Erregung wiederum Friedhofsruhe. Wie so oft in unserem schönen Land fehlen redliche Analysen und eine transparente Aufarbeitung! Die Geschichte der GemNova würde es nämlich – so stellt es sich zumindest für mich als nicht informierten Außenseiter dar – verdienen, nicht in schwarzweißen Holzschnitten, sondern in seinen sachlich adäquaten Grautönen beleuchtet zu werden.

    Dass dieser miese politische Stil unweigerlich Parallelen zur Causa Gemeindegut evoziert, liegt auf der Hand: in welchem Lande fern jeglicher rechtsstaatlichen Moral leben wir eigentlich, dass ein verfassungsrechtliches Gebot, das Gemeindegut mittels einfachen Gesetzes in das Eigentum der Gemeinden rückzuübertragen, von der herrschenden Politik einfach flagrant missachtet wird? Entgegen der rechtlich eindeutigen Begutachtung durch meinen verehrten, ehemaligen Chef in der Verfassungsabteilung des Landes, Dr. Heinz Kienberger!

    Dass Du, lieber Ernst, als damaliger Präsident des Tiroler Gemeindebundes wie viele andere mutige Tiroler dieses Unrecht aufgezeigt hast, mag Dir, wie Du zu Recht vermutest, politisch nicht gerade vorteilhaft bekommen sein, wie ich auch generell den Eindruck hatte, dass Deine eigenständigen Artikulationen politischer Inhalte im Landhaus nicht immer Zustimmung und Freude ausgelöst hatten.

    Insofern gäbe es, was den von Dir in den Raum gestellten Konnex zwischen individueller Unbotmäßigkeit und der Causa GemNova anlangt, noch erhebliches „upside potential“ im Hinblick auf eine korrekte Aufarbeitung!
    Liebe Grüße aus Lans!

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