Helmuth Schönauer
Kika-Kaka
Stichpunkt
Wenn du von einem Ding einen plastischen Eindruck haben willst, brauchst du nur zwei Einzelbilder übereinanderzulegen, und schon steigt daraus Plastizität auf wie aus einem Fabrikschlot. Dieser Trick aus der Optik sollte immer wieder bei der Beurteilung politischer Zeitgeschehnisse angewendet werden, vor allem bei österreichischen Sachlagen, die als besonders flach gelten.
Die zwei Bilder der letzten Woche, die übereinandergelegt das aktuelle Österreich zeigen, sind:
a) die Posen des neuen Datei-Vorsitzenden der SPÖ-Excel-Datei, der zu seinen Sätzen phantastisch gut die Faust ballen kann, und
b) die Warteschlangen von Schnäppchenjägern vor den Kika-Möbelhäusern.
Der Datei-Vorsitzende mit dem volkstümlichen Namen Blabla bzw. Baba hat schon bei der Antrittsrede mit der Faust auf die Möbelkette gezeigt, die vom vormals kanzlernden Wunderkind an einen Tiroler Immobilienmogul vermittelt worden ist.
– Ha und seht, was daraus geworden ist! Die Filetstücke Immobilien sind weg und die Arbeitsplätze futsch!
Um diese wird sich der neue Vorsitzende jetzt wieder kümmern. Außerdem wird er gegen die Millionäre vorgehen, aber keine Angst, die Häuslbauer werden nicht drankommen.
Die Überlagerung der beiden Bilder (Faust und Schnäppchenjagd) lässt drei Fragen aufkommen:
1. Wie soll mit diesem Volk je eine sozialistische Revolution gelingen?
Was den Österreicher wirklich interessiert, ist ein günstiger Einkauf am Samstag bei günstigen Spritpreisen mit einem günstigen Verbrenner. Wenn es irgendwo einen Konkurs gibt, dann nimmt er auch weite Strecken in Kauf, denn die Ware schmeckt besonders gut, wenn sie das letzte Mal unter einem melancholischen Label angeboten wird.
2. Wie soll man ohne Kika in die Zukunft?
Kika ist weit mehr als ein Möbelladen, es ist Österreich! Vom infantilen Namen angefangen, der bei der Morgentoilette oben leicht ins Ohr geht, während unten die Kacke herausfließt, von aggressiver Möbelwerbung aufgestachelt, von Mitarbeitern ohne Betriebsrat lustlos beraten, fühlt sich das ganze Land mittlerweile an wie die Konkursmasse.
3. Wie kann man etwas verändern, wenn Mittelmaß die oberste Tugend ist?
Der legendäre Politologe Anton Pelinka predigt der SPÖ schon seit Jahrzehnten ins Gewissen, dass in Österreich links von der Mitte (Miete?) kein Leiberl zu reißen ist. Rein rhetorisch fragt gegen diese Behauptung die Journalistin Corinna Milborn an: Wenn das Radikale bei Kickl rechts funktioniert, warum sollte es dann nicht auch bei einem Teilzeit-Marxisten links funktionieren?
Hinter diesen Bildern und Beschreibungen steckt freilich eine recht witzige Wählerstromprophezeiung:
Wenn Themen zur Debatte stehen, die nur durch Wahlverweigerung abgearbeitet werden können, dann wird am Schluss das Ablesen von Excel-Dateien den Ausschlag darüber geben, wer am Vormittag und wer am Nachmittag in der Regierung sitzt.
Heruntergebrochen auf die Bundesländer zeigt sich allmählich, dass nur mehr jene zur Wahl gehen, die eine Art von Besitz haben. Man wählt also, um etwas, was man schon hat, zu retten, und nicht, um etwas, was es nicht gibt, zu erreichen.
Dem neuen Dateivorsitzenden wünscht man mittlerweile allerhand Glück für alles, was immer er vorhat. Mit einem Volk von Schnäppchenjägern wird er keinen Betriebsrat, keinen Antrag fürs Parlament und schon gar keinen Regierungsbeschluss zusammenbringen.
Österreich nämlich ist kika, wie man so schön sagt, während beim Hineinbeißen das Semmerl wie ein Kaiser kracht.
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