Alois Schöpf
Die Amtsstube als gute Schule
Apropos

Sosehr ideologische Gräben die drei Herren auch trennen mögen: eines haben Anton Mattle, Georg Dornauer und Andreas Babler gemeinsam: Sie waren vor ihrem Aufstieg in die hohe Politik alle drei erfolgreiche Bürgermeister in ihren Gemeinden.

Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang einmal würdigend in Erinnerung rufen, dass Bürgermeister zu sein das härteste Amt ist, das die Politik bereithält.

Hier geht es nicht darum, die inquisitorischen Fragen eines Armin Wolf zu überstehen oder bei Zeltfesten den Alleinunterhalter zu spielen. Hier geht es um das konkrete Schicksal von Leuten, die man sehr oft persönlich kennt und zu denen man dennoch oft Nein sagen muss.

Es geht um Grundstückswidmungen, Baugenehmigungen, ärztliche Versorgung, Schule, Supermarkt, Wasser und Wohnungen.

Babler kann ein noch so postmarxistischer Träumer sein: In den Interviews, die ich bisher von ihm gehört habe, dominierten, wie auch bei unseren Tiroler Koalitionären, der nüchterne Pragmatismus und die immer wieder uneitle Frage: Wie gehen andere mit einem Problem um? In Dänemark, in Norwegen, in Island?

Man sollte vielleicht Bürgermeister, die es in die hohe Politik verschlägt, nicht voreilig unterschätzen.

Zumindest im Kontakt mit den Bürgern sind sie durch die härteste Schule gegangen, die es überhaupt gibt. Und ganz anders als eine Gemeinde funktioniert der große Staat wahrscheinlich auch nicht.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 17.06.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor, Journalist, Veranstalter, geb. 1950, lebt bei Innsbruck, schreibt seit 41 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 34 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Nach seiner Tätigkeit als ORF-Fernsehredakteur für Fernsehspiel und Unterhaltung verfasste Schöpf Romane, Erzählungen, Märchenbücher und in den letzten Jahren vor allem Essays zu relevanten gesellschaftlichen Themen. Daneben schrieb er Theaterstücke und vier Opernlibretti. Schöpf war auch als Blasmusikdirigent tätig und ist Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte, die er 25 Jahre lang bis 2019 leitete. Zuletzt gründete er 2020 das Online-Magazin schoepfblog, an dem 40 renommierte Autorinnen und Autoren mitarbeiten.

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