Helmuth Schönauer
Elektrische Munition am Hahntennjoch
Verbesserung Tirols 2

In loser Folge stellt schoepfblog Projekte, Träume und Treatments vor, in denen es um eine Verbesserung von Tirol geht. Kluge Parteien werden diese Serie abonnieren und überlegen, ob sie nicht die eine oder andere Idee in ihr Portfolio aufnehmen, haben sie doch meist außer Bauplänen für Chalets nichts im Zauberkasten der Phantasie.

Politischen Entscheidungsträgern ist die Zukunft längst entglitten. Seit die Bevölkerung merkt, dass es egal ist, was man öffentlich sagt, Hauptsache es ist gegendert und nicht rassistisch, tauchen immer noch schönere Formulierungen auf.

Wer glaubt, der österreichische Kanzler mit den schönen Sätzen habe die semantische Wellness in den Polit-Sprech eingeführt, kann sich in Ermangelung desselbigen inzwischen vom aktuellen deutschen verwöhnen lassen. In einem juristisch einwandfreien Deutsch voller Leerstellen bleibt einem vor allem darüber der Mund offen, dass selbst die Sinnleere verzückt, wenn sie nur ohne Stottern rübergebracht wird.

Unabhängig von der rhetorischen Wirkmächtigkeit hat sich die Formel durchgesetzt, wonach sich etwas auf den St. Nimmerleinstag verschieben lässt, wenn man ihm eine Jahreszahl gibt. Also Quotenregelung bis 2070, Atomausstieg bis 2060, Ende der Diesellok mit 2050.

Sollte jemand wirklich auf die verrückte Idee kommen, ein Zukunftsprojekt ernst zu meinen, darf er keinesfalls einen Termin nennen, sondern muss die Gegenwart mit Datum festlegen und fünf Jahre Projektarbeit ins Auge fassen.

Das Projekt „Hahntennjoch“ zielt darauf ab, auf überschaubarem Raum auszuprobieren, ob sich die Worthülsen der Alpen-Bio-Bewohner auch mit Realität unterfüttern lassen.

Zur Zeit wird das „HT“ in der Hauptsache von Motorradfahrern genutzt, die im Ruhegebiet unter Geräusch-neutralen Bedingungen die Motoren hochdrehen.

Da diese Nutzung außer Schadstoffen und Lärm nichts für die anliegenden Bewohner bringt, könnte man an dieser Strecke binnen fünf Jahren auf Elektromotoren umstellen. Die Strecke darf dann nur mehr elektrisch befahren werden.

Zur Finanzierung eine einfache Rechnung: Wenn man die Ruhezone bei einem Gericht einklagt, wird einem eine beträchtliche Summe zugesprochen, die man für den Umstieg auf E-Mobilität verwenden kann. Oder: Wenn das Gericht die Ruhezone ernst nimmt, wird es vielleicht den Bau einer durchgehenden Lärmschutzmauer einfordern, den man nur abwehren kann, wenn man den Lärm beseitigt.

Die Anwohner erhalten gratis eine Grundausstattung mit Elektromobilen und Ladesäulen. Die Zweithausbesitzer und Jäger müssen ihre Geländewagen hingegen auf eigene Kosten innerhalb von fünf Jahren umrüsten so wie alle, die das HT in Zukunft nützen wollen.

Das Projekt wird von den Unis München und Innsbruck wissenschaftlich begleitet.
Da es sich um eine Musterzone handelt, werden entsprechende Kampagnen europaweit geschaltet. Ziel ist es, die Machbarkeit der Worthülsen in Frage zu stellen und bei Gelingen die Gegend von Lärm zu befreien.

Quasi als Nebennutzen könnte die Jägerschaft auf lautlosen Jagdbetrieb umgestellt werden. Während die einen auf gasbetriebene Munition setzen, schwärmen andere von elektrischer, die den bewährten Tasern nachempfunden ist.

Das wichtigste: Der Phrasen-lose Zukunftsbetrieb dauert von 2023 bis 2028. Wie immer er ausgeht, er dient zur Verbesserung Tirols.

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Helmuth Schönauer

Helmuth Schönauer (* 23. September 1953 in Innsbruck) ist Schriftsteller und Bibliothekar an der Universität Innsbruck. In seinen Romanen beschreibt er das Alltagsgeschehen skurriler Randfiguren auf dem Weg nach oben. Als beinahe lückenloser Rezensent der Tiroler Gegenwartsliteratur ist er Vertreter der "low lectured edition". Im sechsbändigen Tagebuch eines Bibliothekars sind knapp 5000 Rezensionen aus den Jahren 1982–2018 zu einem durchgehenden Fließtext zusammengefasst, der chronologisch nach Erscheinungsweise der rezensierten Bücher geordnet ist. Dadurch ergibt sich eine zeitgenössische Geschichtsschreibung anhand von Lektüre. Schönauer ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Otto Riedling

    „Der phrasenlose Zukunftsbetrieb dauert von 2023 bis 2028“. Meinen Sie damit die politische Ära
    nach Ingrid Felipe???

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