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Helmuth Schönauer
Spenden für Domsanierung?
Stichpunkt

Die beste Ausrede beim Verpulvern von Geld ist immer das Geschwafel vom antizyklischen Investieren. Also plötzlich entscheidet nicht der Markt, was produziert werden soll, sondern das Nachfrage-Loch. Von diesem weiß aber niemand, ob es je wieder zugeht.

So in etwa muss man die sagenhaft antizyklische Ankündigung aus Gottesanbetenden Kreisen lesen, wonach der Innsbrucker Dom um 5,5 Millionen saniert werden soll. Einziger Wermutstropfen bei dieser Aktion zur Verpulverung allgemein gebrauchter Ressourcen: Zwischen Anfang Mai und Ende November bleibt der Dom geschlossen!

Wie also jetzt?

Die Lieferketten für Baumaterial sind unterbrochen, die Baupreise knallen stündlich in die Höhe. Gleichzeitig herrscht Facharbeitermangel, dass man in manchen Bereichen mit Notmaßnahmen hantieren muss. Die Energiequellen müssen boykottiert und umgestellt werden, aber es gibt kaum Firmen, die rasch ein Sonnenpaneel installieren können.

Und in dieser Situation kommt der Dom daher und will sich restaurieren und reinigen lassen, immerhin möchte er ja 2024 sein dreihundertjähriges Jubiläum abfeiern.

Vermutlich wird niemand mehr zum Feiern da sein, wenn die Kirchenaustritte weiter so zulegen.

Die Kirche hat tausendfache Baustellen, da kommt es auf eine mehr oder weniger nicht an, denken sich manche, und stürzen sich auf die Domsanierung, weil man da unter sich seine Geschäfte machen kann, ohne mit Menschen zu tun zu haben, denen es dreckig geht.

Im Eingangsbereich wird man ein paar Gräber ausnehmen und sanieren, es soll auch geforscht werden. Als ob wir anlässlich von Massakern im Osten Europas jetzt den Schwerpunkt auf alte Grabsanierungen legen müssten.

So ein Projekt kann man nicht von heute auf morgen planen und durchführen. Dafür braucht es viel Vorlaufzeit. Außerdem gibt es nur wenige Experten, die für die Durchführung der Arbeiten in Frage kommen. Wir versuchen, die alte Bausubstanz zu erhalten. Deshalb wird dreimal überlegt, wie man etwas angeht und ob man etwas herausnimmt oder nicht, sagt der Bauleiter Franz Kronberger.

Also denkt noch einmal nach und verschiebt die Sache, die vielleicht im Angesicht des Klimawandels gar nicht mehr notwendig sein wird!

Auch wenn es um Spendengelder geht, so ist doch der Großteil der Maßnahmen für den Prunkbau aus öffentlichen Geldern gespeist. Und in der Dringlichkeit der Zeit sollte eine millionenschwere Domsanierung hinten angestellt werden.

Huch, und noch während der ersten „dominanten“ Presseaussendung kommt schon die erste Nachjustierung, wie das so schön heißt.

Baukosten haben sich erhöht! Zu Beginn wurde die gesamte Restaurierung mit 3,6 Millionen Euro anberaumt. Diese Summe hat sich im Laufe der Arbeiten jedoch erhöht, sagt Propst Florian Huber.

Für das Projekt gibt es Subventionen der Diözese Innsbruck, der Stadt Innsbruck, des Landes Tirol, der Landesgedächtnisstiftung und des Bundesdenkmalamts. Die Subventionen und Eigenmittel alleine würden die Summe aber nicht abdecken, deshalb wird um Spenden gebeten.

Vom Ranking her gesehen dürfte es so ziemlich das Sinnloseste sein, wofür in diesen Zeiten gespendet werden kann. Höchstens für die Politur der eigenen Grabplatte könnte man noch sinnloser Geld ausgeben.

(Quelle: tirol.ORF.at/Religion)

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Helmuth Schönauer

Helmuth Schönauer (* 23. September 1953 in Innsbruck) ist Schriftsteller und Bibliothekar an der Universität Innsbruck. In seinen Romanen beschreibt er das Alltagsgeschehen skurriler Randfiguren auf dem Weg nach oben. Als beinahe lückenloser Rezensent der Tiroler Gegenwartsliteratur ist er Vertreter der "low lectured edition". Im sechsbändigen Tagebuch eines Bibliothekars sind knapp 5000 Rezensionen aus den Jahren 1982–2018 zu einem durchgehenden Fließtext zusammengefasst, der chronologisch nach Erscheinungsweise der rezensierten Bücher geordnet ist. Dadurch ergibt sich eine zeitgenössische Geschichtsschreibung anhand von Lektüre. Schönauer ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Helmut Schiestl

    Als ich das heute in der TT gelesen habe, war ich auch erst mal irritiert und hatte gedacht, das ist wohl ein verspäteter Aprilscherz. Kann ich mich doch noch gut an die letzte Domrenovierung in den frühen neunziger Jahren erinnern, die damals mit viel Aufwand betrieben wurde. Also vor ungefähr dreißig Jahren. Ich gehe ja auch immer wieder in den Dom zu Konzerten oder um etwas darin zu besichtigen, und auf mich wirkt der Dom in seinem Zustand überhaupt nicht renovierungsbedürftig. Dass die Kirche gerade in diesen Zeiten der überall aufkeimenden Not 5,5 Millionen € für eine erneute Renovierung locker machen und für dieses für mich fragwürdige Vorhaben noch Spenden sammeln will, finde ich geradezu zynisch und hätte ich eigentlich dem sich sonst so progressiv und sozial gebenden Bischof – der immer wieder für eine sozial engagierte Kirche das Wort erhebt – nicht zugetraut.

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