Friedrich Hahn
Je weniger das Leben mit den Jahren von einem will,
desto mühsamer wird es.
Notizen

Nichts von dem, was uns unter die Augen kommt, hat es verdient, als etwas rein Abstraktes gesehen zu werden – wenn alles möglich ist, ist auch alles real.

Ich stottere Begriffe vor mich hin. Ich sage Begehren, benenne eine Stimmung als Irrung. Ein Bau besteht auf Schriftsprache. Vögel kratzen am Beton. Ich komme gerade zurecht, um zu sehen, dass ich als mein eigener Gast zu spät bin. Ich sage nichts, mache mir keine Vorwürfe. Namen gehen auf Abstand. Die meisten von ihnen lassen sich nicht mehr aufeinander ein, was aber die wenigsten bemerken.

Etwas mit Händen gibt vor, mich für eine Prothese zu halten. Hast du noch nie etwas falsch gemacht, fragt der Schmerz. Ich fühle mich nicht angesprochen, widme mich wieder meiner Vorstellung von einer Vorstellung, strapaziere den Konjunktiv und formuliere kiloweise eine Philosophie aller verfügbaren Bestandteile.

Ich will mehr ins Detail gehen. Aber dann wird es mir schnell zu viel. Jetzt brauch ich nur noch einen Anlass. Vielleicht noch ein Wort zum/… nein. Ich lass es besser.

Dann bis morgen.

Langsam wird es fad. Ada sagt es so, als sei dem nichts mehr hinzuzufügen. Sie ist selten bei mir zu Besuch.

Wir stolpern in eine Seinfeld-Folge. Seinfeld will einem Produzenten eine Show verkaufen, eine Show, in der nichts passiert. Außer das, was an einem normalen Tag geschieht. Also essen, duschen, verdauen, Besorgungen erledigen, telefonieren, wasauchimmer.

Mir fällt Flaubert ein. Der wollte immer einen Roman über nichts schreiben, ein Werk ohne Sujet. Ada versteht Bahnhof.

Ich leg noch einen Gedanken nach. Eine Schweizer Autorin wollte sogar Hauptfiguren weglassen. Und in Folge sogar die Nebenfiguren.

Du spinnst ja. Ada glaubt mich in Verlegenheit, aber ich lege noch nach: Du wirst es nicht glauben, aber manchmal kommen auch Schiffe vorbei, wenn du auf einen Zug wartest.

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Hahn Friedrich

Geboren 1952 im Waldviertel / NÖ, schreibt und veröffentlicht seit 1969. 54 Bücher mit Lyrik, Prosa sowie 20 Arbeiten für den Rundfunk und für die Bühne (zuletzt „im rücken des schattens“, die rampe, Stuttgart 2004). Performances (u. a. im Centre George Pompidou/Paris im Rahmen der Polyphonix), Ausstellungen und Kataloge (u. a. „remakes“: Museum Moderner Kunst/Wien, „unterm strich“: Galerie Eichgraben, „allerhand hahn“: CA-Galerie im TZ). Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung und des Literaturkreises "Podium". Lebt in Wien/Alsergrund. www.literaturhahn.at

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