Franz Mathis
Spat, aber doch!
Der Tennisprofi Jannik Sinner und Tirol
Notizen

Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig ein gesamttirolisches Denken in den Köpfen mancher Zeitgenossen verankert ist. Ein jüngstes Beispiel bietet der Südtiroler Tennisprofi Jannik Sinner und die Berichterstattung in der Tiroler Tageszeitung.

Seit Wochen und Monaten wird im Sportteil der Zeitung regelmäßig über den Gesundheitszustand des österreichischen Tennisspielers und Aushängeschildes Dominic Thiem sowie sein leider noch immer nicht geglücktes Comeback in die Spitze der Weltrangliste berichtet. 

Den gleichzeitig stattgefundenen Aufstieg des Südtirolers auf Platz 4 dieser Liste suchte man jedoch lange Zeit vergeblich, und auch seine heurigen Turniersiege in Montpellier, Toronto und Peking fanden kaum eine besondere Erwähnung. 

Noch vor gut zwei Wochen, als die TT in ihrer Ausgabe vom 29.10. über das Finale beim Erste Bank Turnier in der Wiener Stadthalle berichtete, stand sein Gegner Daniil Medwedew im Vordergrund des Artikels, wogegen von Jannik Sinner nur beiläufig als Italiener die Rede war, der Andrej Rublew aus dem Turnier warf.

Offenbar bedurfte es seines Turniersieges am selben Tag und der wiederholten Nennung Sinners als Südtiroler im Kommentar auf Servus TV, dass sich nun auch die TT am Montag zur Überschrift Südtiroler Triumph in der Stadthalle durchrang und seine heurigen Erfolge erwähnte. 

Für eine mehr als verdiente Aufnahme in die Spalte Kopf des Tages reichte es allerdings noch immer nicht. In wohltuendem und fast beschämendem Gegensatz standen dagegen Sinners eigene Worte bei der Siegerehrung in Wien, als er sich außer bei den Südtirolern auch bei den Tirolern und Österreichern im Publikum für ihre Unterstützung bedankte.

Inzwischen hat sich mit dem Erfolg in Wien die Wahrnehmung insofern geändert, als diesen Montag (13.11.) Sinners Auftaktsieg gegen Stefanos Tsitsipas beim Turnier der besten acht Tennisspieler des Jahres mit Südtiroler Sinner startet mit Erfolg in die ATP Finals überschrieben wurde. 

Wäre schön, wenn sich damit das Interesse an Südtirol nicht mehr – wie bei unseren Gästen aus Deutschland – auf den guten Wein, die köstlichen Äpfel und die schöne Landschaft beschränken würde und das gesamttirolische Bewusstsein auch in einer adäquateren Berichterstattung über die Karriere eines so erfolgreichen Tirolers – wenn auch südlich des Brenners in Innichen geboren – zum Ausdruck kommen würde.

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Franz Mathis

Geboren in Hohenems (Vorarlberg) 1946, Studium der Geschichte und Anglistik an der Universität Innsbruck, Mag. phil. 1971, Dr. phil. 1973, Habilitation aus Wirtschafts- und Sozialgeschichte 1979, ordentlicher Universitätsprofessor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte seit 1993. Forschungsaufenthalte in England und den USA, Gastprofessor an den Universitäten Salzburg, New Orleans (USA), Trient und Bozen. Studiendekan der Geisteswissenschaftlichen Fakultät, Rektorsbeauftragter der Universität Innsbruck für die Partnerschaft mit der University of New Orleans, Vorstandsmitglied der Internationalen Gesellschaft für historische Alpenforschung, Schriftleiter der Tiroler Wirtschaftsstudien. Schwerpunkte in Forschung und Lehre: vergleichende Stadtgeschichte, vergleichende Unternehmensgeschichte, Dritte Welt, allgemeine Wirtschaftsgeschichte Zusammenhänge und Grundlagen sozio-ökonomischer Entwicklung.

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