Ronald Weinberger
Her mit den alten Adelsnamen!
Nachtrag

Wäre ich ein abergläubischer Esoteriker (man beachte die tautologische Anmutung) mit größenwahnsinniger Schlagseite, müsste ich meinen, mein Blogbeitrag Her mit den alten Adelsnamen! vom 11.10.2022 hätte die Gehirne der Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte infiltriert und ihre Rechtsprechung beeinflusst.

Die dürften nämlich meinem Ansinnen stattgegeben haben … Jetzt aber Schluss mit solchen Spaßetteln!

In mehreren Medien (zumindest Kurier, Kronenzeitung, Die Presse) erschienen am 17.01. Artikel mit folgendem Titel: Urteil gegen Republik: Das adelige „von“ im Namen gehört zur Identität (Kurier), Kein Adel? Österreicher dürfen wieder „von“ heißen (Kronenzeitung); Österreich darf „von“ nicht aus Namen streichen (DiePresse). Ich zitiere dazu wortwörtlich den 1. Absatz aus dem Artikel aus DiePresse:

Der Adel ist in Österreich seit Ende der Monarchie abgeschafft. Das steht seit 1919 gleichsam als genetischer Code der Republik in der Verfassung. Mehr als hundert Jahre später kommt Österreich mit der Streichung des „von“ aus Namen jedoch in Konflikt mit den Menschenrechten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil entschieden, dass die Entfernung des lang gebrauchten Adelsprädikats durch die Behörden das Recht auf Privat- und Familienleben verletzt.

Ich hoffe, dass mit dem Erlauben des von auch das Führen von Graf, Freifrau & Co. zumindest nicht mehr gerichtlich geahndet wird. Wen würde es ernsthaft stören, falls (so er dies überhaupt möchte) unser Außenminister im sagen wir Herbst 2023 den vermutlich kommenden deutschen Botschafter in Moskau treffen würde und es hieße dann Der österreichische Außenminister Alexander Graf Schallenberg traf den deutschen Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff?

Betrachten wir doch unsere k.u.k. Geschichte, dessen z. B. architektonisches Erbe viele von uns (und erst recht die Touristen) so wertschätzen, auch in Bezug auf die damaligen Eliten nicht allzu kritisch! Etwas Nostalgie darf m. E. durchaus sein!

Natürlich wird es da Widerstände geben, aber die werden hoffentlich nicht derart ausgeprägt sein, wie in einem Kurierkommentar eine Person mit dem Pseudonym joseffa meint: Dieses Gesocks hat bis 1918 genug Schaden angerichtet.

Zu diesem angeblichen Gesocks muss dann ja wohl auch die Friedensnobelpreisträgerin Bertha Sophia Felicita Freifrau von Suttner, geborene Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau, sowie zahlreiche andere verdienstvolle, aber halt adelige, Persönlichkeiten zählen. Ich will das besser nicht weiter vertiefen.

Fazit: Sollten Sie zukünftig das eine oder andere von lesen oder solche Personen gar treffen, so seien Sie bitte nicht voreingenommen. Nicht selten hört oder liest man dann von solchen Leuten interessante Familiengeschichten.

So, das wär’s!

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Ronald Weinberger

Ronald Weinberger, Astronom und Schriftsteller, 1948 im oberösterreichischen Bad Schallerbach geboren, war von 1973 bis 1976 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Von 1977 bis zum Pensionsantritt im Dezember 2011 war Weinberger an der Universität Innsbruck am Institut für Astronomie (heute Institut für Astro- und Teilchenphysik) als Fachastronom tätig. Als Schriftsteller verfasst Weinberger humorvolle Kurzgedichte und Aphorismen, aber auch mehrere Sachbücher hat er in seinem literarischen Gepäck: Seine beiden letzten Bücher erschienen 2022 im Verlag Hannes Hofinger, im Februar das mit schrägem Humor punktende Werk "Irrlichternde Gedichte" und im September das Sachbuch „Die Astronomie und der liebe Gott“ mit dem ironischen, aber womöglich zutreffenden, Untertitel „Sündige Gedanken eines vormaligen Naturwissenschaftlers“.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Robert Muskat

    Ich darf , abgesehen von den aktuellen Ausrutschern, darauf hinweisen, dass Adelige und besonders „Königshäuser“ sich durch Jahrhunderte dadurch ausgezeichnet haben, Reichtümer auf Kosten der Bevölkerung und der Kolonien anzusammeln, Länder zu „erobern“, Kolonien auszubeuten, ihre Macht, koste es, was es wolle, zu vergrößern. Sie zeichnen sich bis heute dadurch aus, dass sie in aller Präpotenz ihren Weg bahnen, ohne nachzudenken die Umwelt schädigen und die jeweiligen Steuerzahler eine Menge Geld kosten. Was also soll dazu verleiten, denen wieder den alten Stand zu erlauben und ihnen womöglich Ehrungen und Respekt zukommen zu lassen?
    Ich ersuche auch diese Faktoren in der Diskussion zu berücksichtigen. Danke.

    1. Ronald Weinberger

      Aber aber, Herr Muskat, Sie urteilen viel zu unbarmherzig. Mächtige, egal wo und wann, haben schon immer „das Volk“ ausgenutzt. Da nahmen „unsere“ ehemaligen Adeligen keinerlei Sonderstellung ein.

      Immerhin verdanken wir diesen Ständen (ob Kirche, Adelige, Pharaonen & Co) – und damit dem dafür „eingesetzten“ Volk – wundervolle Bauwerke und eine Fülle an sonstiger Kunst.

      Sie scheinen übrigens einen üblichen Fehler zu begehen, den die Leute, die auf die Adeligen hierzulande losgehen, machen. Mein Vorschlag zielt EINZIG darauf ab, den ehemaligen österr. Adeligen (so sie dies wünschen) die Verwendung v. a. ihrer Adelsprädikate/Adelsbezeichnungen zu erlauben. In Deutschland, Italien (z. B. Südtirol!) usw usw. funktioniert das doch auch! Würde es denn IHNEN ( und anderen) irgendwie „weh“ tun, falls etwa unser Außenminister sich „Alexander Graf Schallenberg“ schreiben würde? Würde sich dann das Volk zu einem Kniefall vor ihm und Seinesgleichen bemüßigt fühlen? Quatsch zum Quadrat.

      Es lohnt sich, denke ich, meinen seinerzeitigen Blog-Beitrag einigermaßen sorgfältig durchzulesen. Dann wird das, was ich oben schrieb, fassbarer, hoffe ich.

      Und ich betone hier (wie ich es in meinem Artikel bereits tat): Ich und die Meinen sind/waren von Adeligkeit extrem weit entfernt. Eigentlich bin ich von meiner (oberösterreichischen) Herkunft, väterlicherseits her, einer von „odeliger“ Abstammung. Was „Odel“ in vielen Teilen unserer Alpenrepublik bedeutet, werden Sie vermutlich wissen.

      PS: „Robert von Muskat“ (Ihr Familiennnamen vertrüge ein „von“ m. E. auffallend gut!) klänge doch nicht übel, oder? Und man würde weniger an eine, immerhin partiell giftige, Muskatnuss denken …

  2. Rainer Haselberger

    Da seine apostolische Majestät, der Kaiser selig, keine Adelstitel mehr verleihen kann, schlage ich vor, dass sich jeder Österreicher selbst adeln darf!
    Für mich wähle ich den Titel Rainer von Haselberger, gefürsteter Prinz von Unterheiligenstadt.

    1. Ronald Weinberger

      Aber aber, Eure potenzielle Durchlaucht! Weshalb sollte man sich derart erniedrigen und eine Eigen-Nobilitierung vornehmen wollen! Das ist pöbelhaft.
      Da gäbe es doch Alternativen: Weil es an einer apostolischen Majestät in Gestalt des Kaisers himself derzeit mangelt, so wenden Sie sich doch bitte an den Kärtner Landeshauptmann. Dieser wahrhaft kaiserliche Herr möge Sie – sind denn Vokale nicht gleichrangig? – zumindest odeln. Und man wird Sie dann statt „Eure Durchlaucht“ eventuell mit „Eure Schnittlaucht“ oder so ähnlich, stets aber in untertänigstem Tonfalle, ansprechen.
      Mit Kratzfuß und tiefem Bückling, sich diskret entfernend,
      meine Nichtswürdigkeit RW

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