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Elias Schneitter
Ein Staat der Sozialhilfe
Eine Erinnerung

Zehn Jahre lang war es beruflich meine Aufgabe, Beschwerden von Versicherten in der Krankenkasse zu bearbeiten. In dieser Zeit sind mir hin und wieder auch kuriose Anfragen untergekommen.

Einmal kam ein älterer Herr zu mir ins Büro und legte mir Unterlagen bezüglich seiner Pension vor, wobei er mich bat, ob ich ihm nicht behilflich sein könne, die Pension gekürzt zu bekommen.

Im ersten Moment stutzte ich, aber dann klärte sich die Situation sehr rasch auf und sein Wunsch erwies sich als durchaus schlüssig.

Seine Pension lag nämlich knapp um einen zweistelligen Betrag über dem Richtsatz für die Mindestsicherung. Würde er den Überhang nicht bekommen, dann stünden ihm automatisch zahlreiche Sozialleistungen zu: Befreiung von der Rezeptgebühr, der ORF- und der Telefongebühr, Zuschüsse zu den Heizkosten, zur Miete etc etc…

Mit seiner Pension, knapp über der Mindestpension, fiel er ganz oder teilweise um all diese Förderungen um.

Leider konnte ich dem Pensionisten  nicht behilflich sein. Seine Pension konnte nicht gekürzt werden.

Im Volksmund gibt es ja den Spruch: Wer arbeitet, hat keine Zeit Geld zu verdienen. Dieser Gedanke kommt mir stets in den Kopf, wenn ich höre, dass sich immer mehr Menschen für Teilzeitarbeit entscheiden. In gewissen Jobs ist das Lohnniveau so niedrig, dass man auch mit Vollzeit kaum über die Runden kommt, geschweige dass man sich was schaffen kann.

Da taucht bei mir wieder der Pensionist auf. Lieber geringeres Einkommen und da und dort von Papa Staat eine Vergünstigung. Das betrachten immer mehr Menschen offenbar als die vernünftigere Lösung.


Note:

Wenn man sich die Kasperliade um den Parteivorsitz in der SPÖ ansieht, kann man als jemand, der sich dieser Bewegung verbunden fühlt, nur noch den Kopf schütteln.

Viele „Klugscheißer“ scheinen eine Freude daran zu haben, alles lächerlich zu machen, wie zum Beispiel die Giraffe, die sich für die Obmannschaft beworben hat. Was soll das? Sind wir wirklich nur noch eine Bananenrepublik, wo mittelmäßige Kabarettisten das Ruder übernommen haben?

In diesem Zusammenhang finde ich es aber erstaunlich, dass sich auch der Schriftsteller Menasse als Parteimitglied eintragen ließ. Nun kenne ich nicht die wirklichen Beweggründe, die zu diesem Entschluss geführt haben. Will er sich nur wichtig machen? Oder Aufmerksamkeit erregen? Oder verfolgt er ein ernstes Anliegen?

Intellektuelle – und in diesem Fall zähle ich mich auch zu diesen – richten sich ja gern in der Komfortzone ein und ballern von dieser als große Kritiker auf die Politik los, ohne selbst etwas zu riskieren.

So betrachtet – finde ich den Schritt von Menasse recht interessant, einmal selbst den Kopf hinzuhalten und nicht nur die „große Lippe“ zu führen und sich selbstgefällig in seinem Polstersessel zurückzulehnen.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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