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Elias Schneitter
Kunst und Aktien
Notizen

Kürzlich habe ich in einer renommierten Tageszeitung ein langes Interview mit einer jüngeren, erfolgreichen Kunsthändlerin gelesen. Die Galeristin hat sich in der Szene besonders damit einen Namen gemacht, dass sie junge Künstlerinnen und Künstler entdeckt und gepusht hat. 

In dem ausführlichen Gespräch ging es dann darum, wie sie zu diesen Künstlern kommt und wie der Kunstmarkt generell funktioniert.

Das Wichtigste, meinte sie zusammengefasst, sei heutzutage das networking (früher Freunderlwirtschaft). Sie habe ihre Kontakte in New York, London und Paris. Ihre Künstler kontaktiere sie über die Akademien und Kunstmessen und über ihr Netz. 

Hat sie sich einmal für einen Künstler entschieden, dann geht es darum, diesen bei Messen, in Kunstzeitschriften und bei ihren Freunden zu positionieren und zu pushen. Und zwar mit Hartnäckigkeit.

Interessant bei diesem Interview war, dass nie das Wort Qualität verwendet wurde, als ob dieses Kriterium überhaupt keine Rolle mehr spielen würde. Das fand ich sehr ehrlich und bezeichnend für den Kunstmarkt überhaupt.

Als regelmäßiger Besucher von Kunstausstellungen, muss ich sagen, entdecke ich wenig Neues oder Spannendes. Irgendwie kommt mir das meiste ziemlich abgelutscht und langweilig vor. 

Zum Beispiel die große Ausstellung in der Albertina modern von Ai Weiwei. Ein monumentaler Abklatsch der 1920er-Jahre. Aber damit wurde er in China verfolgt, und wahrscheinlich hat er deshalb seinen Bonus im Westen.

Ähnlich erging es mir bei der hochgelobten Ausstellung von Basquiat, ebenfalls in der Albertina. Nicht gerade umwerfend! Dieser Künstler war wahrscheinlich deshalb interessant, weil er ein Freund von Warhol war, jung ein tragisches Ende fand und sich so gut zu einer Marke mit astronomischen Summen aufbauen ließ.

In den Medien wird gerne berichtet, welche Preise Kunstwerke erzielen. Zwei- und dreistellige Millionenbeträge werden da in Umlauf gebracht. Damit wird gleichzeitig Werbung für den Kunsthandel gemacht.

Wie die junge Galeristin ehrlich gemeint hat: Es gehe darum, gute Geschäfte mit den Arbeiten von Künstlern zu machen. Die Kunst als Aktienhandel schmackhaft zu machen. Die Bilder als Aktien zu handeln.

Wirklich ehrlich!

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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