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Elias Schneitter
Wissenschaft: Österreich ist noch nicht im Westen angekommen. Notizen

Kürzlich stieß ich beim Zappen durch die Fernsehprogramme auf einen Gesundheitsethiker, der meinte, dass die österreichische Gesellschaft eher dem rückständigen Osten zuzurechnen und noch nicht im Westen angekommen sei. Ausgangspunkt der Überlegungen war natürlich das Dauerthema „Verhalten in Zeiten der Pandemie“. Hervorgehoben wurden dabei die nordischen Staaten, die, so scheint es, bei Vorsichtsmaßnahmen im Verhältnis zur Aufrechterhaltung der bürgerlichen Freiheiten als Vorbilder gelten können.

Nun kann ich die Stichhaltigkeit solcher Argumente nicht weiter beurteilen, sehr wohl muss ich aber zustimmen, wenn ich bedenke, dass unsere lieben Mitbürger bis zu einem Drittel der Gesamtbevölkerung große Einwände gegen wissenschaftliche Erkenntnisse haben. Das reicht von Skeptikern bis hin zu Verschwörungstheoretikern.

Ich selbst habe dies in meiner beruflichen Laufbahn zuweilen in heftigster und emotionalster Form erfahren dürfen. Konkret ging es dabei um Homöopathie, Globuli und alternative Behandlungsmethoden.

In meiner Tätigkeit bei der Krankenkasse war ich zuständig für die Bearbeitung von Beschwerden, was dazu führte, dass ich laufend mit heftigen und hartnäckigen Klagen von Patienten konfrontiert war, die für die Therapien von Alternativmedizinern einen Kostenersatz einforderten.

Mit meinem Hinweis, dass es für die homöopathische Behandlungsmethode keinen naturwissenschaftlichen Nachweis gebe, weshalb dafür auch nichts bezahlt werde, war ich natürlich auf verlorenem Posten. Mit den Impfgegnern ist es derzeit nicht anders. Für die zählt kein vernünftiges Argument.


Note 1: Was die Verschwörungstheoretiker bezüglich ihrer Impfverweigerung betrifft, mag man ihnen Verbohrtheit, Dummheit, Blödheit und alles Mögliche vorwerfen, aber ein hohes Maß an kreativem Denken und eine ausufernde Phantasie kann man ihnen wirklich nicht absprechen. Wie zum Beispiel bei der letzten großen Demo in Wien, wo sie vor den Polizei-Hubschraubern gewarnt haben, diese würden sie mit Impfstoff besprühen, ebenso wurde kolportiert, dass unter den Kanaldeckeln städtische Beamte mit Spritzen lauern, um sie den Demonstranten in die Füße zu jagen. Daher wurde Schuhwerk mit Plateau-Sohlen empfohlen. Derlei kommt sonst nur in Comics vor. Und nicht einmal dort sehr oft. Auf solche Ideen muss man erst  kommen. Chapeau!

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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