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Elias Schneitter
Jack Kerouac
und die Rucksack-Revolution
Notizen


Am 12. März 2022 wäre Jack Kerouac hundert Jahre alt geworden. Geboren und aufgewachsen in Lowell Massachussetts in einem frankokanadischen Umfeld. Lowell war in diesen Zeiten ein Zentrum der amerikanischen Textilindustrie, die Mutter arbeitete als Fabriksarbeiterin, während der Vater eine kleine Druckerei betrieb.

In jungen Jahren besuchte Jack Kerouac die Highschool, später am College avancierte er zum Footballstar, was ihm ein Studium an der Columbia Universität in NYC ermöglichte. Aber er brach es bald ab und ging während der Kriegszeiten als Matrose zur Handelsmarine, von der er aber schon nach wenigen Monaten wegen „mental instability“ entlassen wurde.

Im Umfeld der Columbia Universität traf er auf Allen Ginsberg, William S. Burroughs, Lucien Carr und Neal Cassady, eine wilde aber ebenso kreative Bande, die zum künstlerischen Kraftfeld avancierte und die „Heroen“ für die kommende Rucksack-Generation stellen sollte.

Die gewaltige Aufbruchstimmung nach WWII, die in den USA herrschte, brachte Jack Kerouac und seinen Freund Neal Cassady auf die Idee, mehrmals kreuz und quer durch ihr geliebtes Amerika und nach Mexiko zu reisen, stets auf der Suche nach „Verrückten“ und „Außenseitern“, Menschen, die für ihre Ideen brannten und ein neues Amerika verkörperten.

Es ging um Tempo, Lebensfreude, Love, Peace, Freundschaft, Drogen und um Musik, besonders um den Jazz eines Charly Parker, den Bebop. In einem zwanzigtägigen Arbeitsmarathon schrieb Kerouac im April 1951 dann die legendäre Fassung von On The Road.

The scroll: der Text auf einer vierzig Meter langen teletyping Rolle, der Autor aufgeputscht von Benzedrin und Kaffee. Dabei entwickelte Kerouac den Schreibstil der spontaneos prose, den Stil des Drauflosschreibens nach dem Motto first thought, best thought.

Von der akademischen literarischen Elite wurde er dafür natürlich nicht ernst genommen. Auch der renommierte Autor Truman Capote meinte nur: thats not writing, thats typing.

Inzwischen hat sich diese Einschätzung fundamental gewandelt. Kein Geringerer als Thomas Pynchon bezeichnet Kerouac in einem ausführlichen Essay als einen der bedeutendsten Autoren Amerikas. „Er hat frischen Wind in die verstaubten Stuben gebracht.“

Über Vermittlung von Joyce Johnson, einer Freundin von Kerouac, hatte ich das Glück, in der Public Library in der Brand Foundation, in der viele Manuskripte Kerouacs aufbewahrt liegen, ein Notizbuch von Jack in die Hand zu nehmen. Natürlich nur kurz und nur mit weißen Handschuhen. Foto durfte ich keines machen. So ändern sich die Zeiten.

Jack Kerouacs Biographie entspricht in besonderem Maße dem romantischen Bild eines genialen, tragischen Künstlers. Vom Footballstar zum Romancier und zum King of the Beat und zuletzt zerstört von seiner schweren Alkoholsucht, die ihn relativ jung mit 47 Jahren, im Oktober 1969, das Leben kostete.

Er starb vereinsamt und verarmt in Jacksonville in Florida und wurde in Lowell begraben. Auf seinem Grabstein steht: He honored life.

Sein Barvermögen beim Ableben betrug gerade einmal 70 $. Die Familie seiner dritten Frau, welche die kranke Mutter gepflegt hatte, erhielt nach jahrelangen Erbschaftsstreitigkeiten den Nachlass, der den Erben viele Millionen einbringen sollte.

Allein die scroll erzielte bei einer Versteigerung bei Sothebys 2,3 Mill. $, ein Betrag, der bis dahin noch nie für ein Manuskript bezahlt worden war.

Selbst mit den Kleidungsstücken und den Koffern von Jack machten die Erben noch Geld. So erwarb der Schauspieler Johnny Depp einen Staubmantel von Jack um 15.000 $. Fast ist man versucht, das als Leichenfledderei zu bezeichnen.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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