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Elias Schneitter
Djokovic, Schranz, Polizei, Inserate
Notizen

Seit beinahe zwei Wochen habe ich jetzt den „Fall“ Djokovic, seines Zeichens der beste Tennisball-Drescher der Welt, verfolgt. Eine Posse, die in seinem Heimatland laut Medien den Nationalstolz der Serben verletzt und einige zu kruden Aussagen verleitet hat. (Gehen tut´s eigentlich nur darum, dass Ungeimpfte nicht in Australien einreisen dürfen und Djokovic Impfverweigerer ist. Eigentlich eine klare Angelegenheit, denkt man.)

Der Vater von Djokovic verglich die Vorgänge rund um seinen Sohn mit der Kreuzigung Jesu, die Mutter meinte, ihr Sohn sei kein Mörder oder Vergewaltiger, und serbische Medien berichteten von Lynchjustiz.

Diese nationale serbische Erregung erinnert mich an den Fall Schranz, der von den olympischen Spielen 1972 (lange her!) ausgeschlossen wurde. Ich war damals noch im Gymnasium und ich erinnere mich gut, wie wir uns über dieses „Unrecht“ ereiferten, an den Volksauflauf und Volkszorn vor dem Bundeskanzleramt und dem Heldenplatz. Bei einem Faschingsumzug in unserem Dorf hing auf einem Wagen sogar der für den Ausschluss verantwortliche OK-Präsident Avery Brundage an einem Galgen.

Gott sei Dank gab es damals aber auch vernünftige Geister. In diesem Fall war es unser Deutschprofessor Karl Mussack. Zufällig stammte er auch aus St. Anton, war der gleiche Jahrgang wie Schranz und ging mit ihm gemeinsam in die Volksschule.

Unser Karl nutzte jedenfalls eine Deutschstunde, um uns den Kopf zu waschen und den „Volksaufstand“ mit demjenigen in den Dreißigerjahren am Heldenplatz zu vergleichen.

Natürlich stieß unser Professor bei uns auf Unverständnis. „Der Karl scheint heute keinen guten Tag zu haben“, waren wir überzeugt. Das alles ist sehr lange her, aber trotzdem noch heute ein dickes Dankeschön für diese „Kopfwäsche“.

Polizeikontrolle: Ein Freund von mir fährt mit seinem Mountainbike einkaufen. Samstagvormittag. Kurz vor dem Supermarkt fühlt er sich von einem Auto, das zu nahe an ihm vorbeifährt, bedrängt und reflexartig reißt er den Arm in die Höhe (ohne Stinkefinger). Das Auto überholt ihn, es ist ein Gefährt der Polizei, die ihn daraufhin die rote Kelle zeigt. Kontrolle am Parkplatz. Es ist halb elf. Alkoholtest. 0,0 Promille. Fahrradkontrolle. Bei diesem fehlen vorn und hinten die Reflektoren. „Jeweils zehn Euro“, sagt die junge Polizistin, „wenn sie sofort bezahlen.“ Zufällig kommt ein Fahrer mit Rennrad auf den Parkplatz. Auch ohne Reflektoren. Mein Freund weist darauf hin und erhält eine Unterweisung, dass Rennräder keine Reflektoren benötigen, Mountainbikes jedoch schon. Österreichische Gesetzeslage. „Schönen Tag“, meint die grinsende Polizistin. „Danke“, sagt mein Freund, „den haben sie mir schon vermiest.“


Inserate: Bei der letzten Runde der Chefredakteure im ORF, ging es unter anderem auch um den „Inseratenskandal“. Medien seien von Faymann, Kurz und der Stadt Wien massiv angefüttert worden. Kritisiert wurde, dass völlig sinnlose Inserate mit null Information geschaltet wurden, in der Art „Frohe Weihnachten – Deine Regierung“.
Bei dieser Diskussion drängte sich mir unweigerlich der Gedanke auf, dass sich da Personen aufregen, die selbst bei diesem Spiel dabei waren. Also kassieren und kritisieren und die Schuld der Politik in die Schuhe schieben.
Mir ist jedenfalls kein Fall bekannt, dass ein Medium eine sinnlose Werbeseite abgelehnt hätte. Gehört habe ich immer nur, dass bestimmte Medienhäuser bevorzugt worden wären.
Aber natürlich sind meine Gedanken sehr naiv!

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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