Elias Schneitter
Tourismusabgabe
Notizen
Es gibt immer wieder bestimmte Kleinigkeiten, die einen über die Maßen ärgern. So eine Sache ist die jährlich eintrudelnde Tourismusabgabe. Die erhalte ich als Kleinverleger und jedes Mal frage ich mich etwas angesäuert, was soll das? Anscheinend fragen sich das auch einige andere Mitbürger, denn wie ich höre liegen nicht weniger als ca. zweitausend Exekutionstitel zur Einhebung dieser Abgabe vor.
Gerne würde ich einmal wissen, wieviel Geld da eingehoben wird und was mit dem Geld passiert. Um mich aber näher darum zu kümmern, ist mir die Zeit dann doch wieder zu schade.
Der Tourismus in unserem Land hat sich ja im Laufe der letzten Jahrzehnte sehr verändert. Zumindest was das Image betrifft. Als ich ein Kind war, wurden wir noch von den Erwachsenen angehalten, jeden „Fremden“ brav zu grüßen, weil der Tourismus Wohlstand in unser Land bringe. Auch für unsere berufliche Zukunft barg dieser Geschäftszweig seine Möglichkeiten. So wollte ich eine Zeitlang eine Kochlehre in Angriff nehmen, dann auf ein Kreuzfahrtschiff wechseln, um dann anschließend in der Heimat als Chefkoch groß Kohle zu machen.
Inzwischen hat sich das Bild des Tourismus in unserem Land deutlich gewandelt. Die negative Sichtweise hat die Oberhand gewonnen. Für die Einheimischen ist es nicht mehr sehr lukrativ im Tourismus zu arbeiten, der Tourismus gilt als Zerstörer der Umwelt und der Tourismus bringt zwar einigen Geldsäcken große Gewinne, aber nichts mehr für die breite Masse.
Kurz nach Sylvester fuhr ich mit dem Zug von Wien nach Innsbruck. Auf der Fahrt suchte ich mir einen Platz im Bistro, um der lästigen Maskenpflicht zumindest eine Zeitlang zu entgehen. Dort saß mir ein freundlicher Mann gegenüber, der sofort das Gespräch mit mir suchte.
Er stammte aus Rumänien, seine Familie lebt nahe Bukarest. Er sprach gebrochen Deutsch. Wie sich herausstellte, war er jahrelang auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs mit Firmensitz in der Schweiz. Jetzt, wegen Corona gab es dort keine Arbeit mehr für ihn.
Er fragte mich, ob ich Obergurgl kenne und ob es dort Schnee gäbe. „Genug Schnee“, sagte ich. Er zeigte mir seine Arbeitspapiere, die er von einem Hotel im hinteren Ötztal bekommen hatte. „Ob es in Rumänien keine Arbeit für ihn gäbe“, fragte ich. „Arbeit schon, aber die Bezahlung stagniert seit Jahren, nur die Preise haben das EU-Niveau. Das geht sich nicht mehr aus“, meinte er.
Du armes Schwein, war mein erster Gedanke, du musst als Mittfünfziger ins Ausland arbeiten gehen! Ich lud ihn sofort auf ein Getränk ein, dabei kam mir wieder die Tourismusabgabe in den Sinn, über die ich mich geärgert hatte. Ein ziemlich luxuriöser Ärger, wie ich mir in dem Moment eingestehen musste.
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