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Elias Schneitter
Die Patientenmilliarde als Marketing-Gag
Notizen

Was den schoepfblog betrifft, habe ich mir eigentlich vorgenommen, mich beim Thema Sozialversicherung und speziell bei Krankenkasse zurückzuhalten, weil ich als ehemaliger Mitarbeiter sicher mit Scheuklappen unterwegs bin.

Die Meldung von Frau Ex-Gesundheitsministerin Hartinger-Klein aber, dass ihr von der damaligen Regierungsspitze auf Nachfrage mitgeteilt wurde, dass es sich bei der Patientenmilliarde nur um einen Marketing-Gag handle, lässt mich meinen Vorsatz vergessen.

Inzwischen wissen wir vom Rechnungshof, dass diese Patientenmilliarde die Steuerzahler 220 Millionen € gekostet hat.

Als damals Kanzler Kurz und sein Vize die große Kassenzusammenlegung vollmundig angekündigt und durchgezogen haben, haben alle ernstzunehmenden Experten vor dieser Reform gewarnt.

Aber sie wurde auf Teufel komm raus realisiert, obwohl weder Kurz noch Strache grundsätzlich vom System der Sozialversicherung eine Ahnung hatten. Aber sie wollten der Bevölkerung zeigen, wie sie ihre Muskeln spielen lassen können. Bei dieser Aktion ging es ausschließlich um die Umfärbung der Verwaltungskörper von rot auf türkis/blau und um eine totale Zentralisierung der Organisationsformen.

Für Tirol hieß das, dass sämtliche Agenden von den Finanzen bis zur Personal- und Vertragshoheit nach Wien wanderten. Jedenfalls hat seitdem Tirol nichts mehr zu plauschen. Wird z.B. im hiesigen Zahnambulatorium eine Zahnarztassistentin benötigt oder auch nur ein Behandlungstisch gebraucht, dann wird das in Wien entschieden.

Inzwischen laufen alle Fäden bei einem hochdotierten, zweiundreißigköpfigen Managerteam in Wien zusammen, deren Mitglieder zum großen Teil nicht aus der Sozialversicherung kommen und ohne fachliches Wissen, rein aus theoretischem Wissen heraus, agieren, was für den sensiblen Gesundheitsbereich tödlich ist.

Auch die gesamte Organisationsform, die Bürokratie, ist inzwischen ein einziges Chaos. In den Länderkassen wurden die Abteilungen aufgelöst und durch österreichweite Organisationseinheiten ersetzt. So sitzt z.B. der Chef einer solchen in Graz, sein Stellvertreter in Salzburg, der Gruppenleiter in Dornbirn und die restlichen Mitarbeiter in anderen Bundesländern.

Ein System, das nicht funktioniert und nicht funktionieren kann. Da hilft auch die Digitalisierung nicht. Die Reform hat das System nachhaltig beschädigt und die Auswirkungen haben die Versicherten zu tragen.

Eigentlich müsste man die Initiatoren zur Verantwortung ziehen, denn diese Reform wurde vorsätzlich wider besseres Wissen durchgeführt. 

Als Milliarden-Gag.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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