Elias Schneitter
Der würdige Pensionist
Poem

Seit ich das irdische Paradies erreicht habe,
meide ich beim Einkauf im Supermarkt
die Stoßzeiten, damit ich niemand im Weg stehe.
Darauf achte ich auch in der U-Bahn
und im Bus.

Auch ernähre ich mich
weiterhin so ungesund wie früher,
um das Pensionssystem nicht im Übermaß
durch ein langes Leben
zu belasten.

Auch habe ich dreißig Jahre brav beim
Wiener Verein eingezahlt,
sodass keine Kosten für andere
durch meinen Abgang
entstehen werden:
für die Überführung,
für das Begräbnis,
für die Verbrennung
für den Leichenschmaus.
Alles ist durch die Versicherung abgedeckt.

Des Weiteren verspreche ich, dass ich mich
zukünftig in der
Öffentlichkeit so verhalten werde, dass es durch
mich keine Probleme geben wird.

Ich verspreche, ganz unauffällig zu bleiben.
Zudem liegt eine Patientenverfügung vor,
sodass das Gesundheitssystem im Fall der Fälle
nicht über Gebühr in Anspruch genommen wird.

Ich hoffe damit im Sinne der neuen Regierung
bei der Senkung der Kosten
für Menschen, die nichts mehr bringen,
entsprechend gehandelt zu haben.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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