Elias Schneitter
Vor allem geht es um mehr Geld.
Zur Gesundheitsreform

Während meines langen Berufslebens in der Sozialversicherung habe ich mehrere Gesundheitsreformen miterlebt. Wenn ich daran denke, dann habe ich stets die Ärztekammer als Blockierer und Bremser in Erinnerung. Bei der Einführung der E-card oder beim Start der Primärversorgungszentren. Oder jetzt bei der aktuellen Gesundheitsreform von Minister Rauch. 

Die Vertreter der Ärzteschaft fuhren stets mit großen Geschützen auf, diesmal gleich mit der Kündigung des Gesamtvertrages. Es wurde meist mit Angst und Untergangsszenarien gearbeitet, wobei angeblich das Patientenwohl stets im Vordergrund stand. Gegangen und gehen tut es aber immer nur um mehr Geld und um sonst gar nichts.

Die Reform, die gerade zur Beschlussfassung im Nationalrat liegt, ist für meine Begriffe sicher nicht der große Wurf, aber gewiss ein Schritt in die richtige Richtung.

Eine große Baustelle ist die fortschreitende Privatisierung des Gesundheitssystems. Immer mehr Wahlärzte, private Ambulanzen und Krankenanstalten.

Nun hängt das auch mit dem in den letzten Jahrzehnten steigenden Wohlstand in unserem Land zusammen. Bis herauf in die Siebzigerjahre war es für einen Arzt fast nicht möglich, eine Ordination ohne Vertragsverhältnis zu den Kassen zu führen. Auch Patienten konnten sich das kaum leisten. Das hat sich inzwischen geändert.

Immer mehr Menschen verfügen über eine Zusatzversicherung und damit ist auch der Gang zu den Wahleinrichtungen möglich.

Wahleinrichtungen funktionieren nach den Regeln der freien Marktwirtschaft, d.h. die Honorierung kann frei gestaltet werden. Das ist bei den Vertragseinrichtungen völlig anders. Hier treten die Kassen als Vertreter der Versicherten auf und verhandeln den Honorierungskatalog.

Dass immer mehr Ärzte keinen Vertrag mehr haben wollen, hängt damit zusammen, dass für die Vertragsärzte eine Massenabfertigung notwendig ist, weil die Honorierung für die medizinischen Leistungen angeblich zu schlecht ist.

Nun hat diese Kritik sicher ihre Berechtigung, besonders, wenn man die Refundierung der Kassen für die Wahlärzte betrachtet. Im Gesetz heißt es zwar, achtzig Prozent des Tarifes werden vergütet, aber in der Realität sind es dann meist zwanzig Prozent der Honorarnote. Freie Marktwirtschaft – freie Preisgestaltung.

Natürlich ist diese Situation nicht zufriedenstellend. Mit den hundert zusätzlichen Kassenstellen und einer einmaligen 100.000-Euro-Prämie wird es aber kaum eine Verbesserung geben.

Die wahre Forderung für eine Verbesserung der Situation lautet nämlich: die Vertragsverhältnisse müssen attraktiver gestaltet werden! Dies bedeutet mehr Geld, viel mehr Geld. Denn wenn man sich vorstellt, die Vertragsärzte sollen mit der Hälfte der Patienten ihr Auskommen finden, dann heißt dies im Umkehrschluss, dass es doppelt so viele Ärzte braucht und doppelt so viel Geld notwendig sein wird. Und dies hätte wiederum eine massive Anhebung der Beiträge für die Versicherten und ihre Dienstgeber zur Folge. Das wird sich politisch nicht spielen.

Jedenfalls sollten wir uns als Patienten darauf einstellen, dass wir immer häufiger und öfter in die eigene Tasche greifen müssen, wenn wir in Zukunft medizinische Leistungen in Anspruch nehmen wollen.


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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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