Andreas Braun
Don't look up!
Notizen
Im aktuellen, so betitelten Film von Adam McKay weigert sich die US-Präsidentin den Blick zu einem die Erde bedrohenden „Killerkometen“ zu erheben. Dessen desaströser Aufprall auf unseren Planeten wurde von einem Wissenschafter-Pärchen mit einer Frist von sechs Monaten vorausberechnet. Die Botschaft des aufwändigen Hollywoodstreifens lässt sich unschwer entschlüsseln: Dass nämlich der homo sapiens sapiens angemessen rasch auf unmittelbare Gefahren wie das Corona-Virus, unangemessen langsam jedoch auf wesentlich bedrohlichere Situationen wie den Raubbau an Luft, Wasser, Erde sowie menschlicher Solidarität reagieren würde.
Die Metapher vom faulen Frosch im sich langsam erwärmenden Badewasser lässt grüßen!
Mich begleitet dieser Filmtitel seit vielen Jahren auch in einem anderen Kontext: wenn ich auf Berg und Flur spazieren gehe und dabei anderen streunenden menschlichen Wesen über den Weg laufe, registriere ich erstaunt, dass dem kategorischen Imperativ des “ don’t look up“, des nicht Auf-, Her-, Hin- oder Anschauens, selbst im analog-ländlichen Tirol bereits in einem sehr erheblichen Ausmaße Folge geleistet wird. Anders formuliert: mit dem Gruß, dem Lächeln oder gar dem Gespräch wird immer mehr gegeizt…persönlich kann ich nur Hundebesitzerinnen von dieser Regel explizit ausnehmen.
Wie erkläre ich mir diese Verhaltensänderung bei den ambulant-zwischenmenschlichen Konfrontationen im freien Gelände? Eher pragmatisch denn kulturpessimistisch!
Da Gesellschaften selbst in ländlichen Räumen immer mehr aus fremden Individuen bestehen und daher die Vermutung, dass der Fremde eine gefährliche und unfreundliche Gesinnung hegen könnte ( homo homini lupus est), sehr nahe liegt, würden ein Gruß oder ein Lächeln taugliche Instrumente der Entwarnung darstellen, so wie das Händeschütteln zeigt, dass man dem Gegenüber ohne Waffe in der Hand begegnet.
Wenn nun aber das Lächeln versiegt und der Gruß abstirbt, könnte man logisch folgern, dass wir zweifelsfrei in einer paradiesisch sicheren Gemeinschaft leben und solchermaßen angstbefreit unsere Mitmenschen nicht mehr anlächeln oder grüßen und auch im dunklen Wald unser Unbehagen nicht mehr wegpfeifen oder -singen müssen.
Meine auf langjähriger Beobachtung basierende These einer sich verändernden Tiroler Grußkultur widerlegt wiederum diametral die hysterische Allianz aus Politik und Medien, die eine vermeintlich grenzenlose Vollkaskosehnsucht der Bevölkerung durch immer teurere Gesetze, Polizeiarmeen und digitale Wachposten zu stillen sucht.
Dass Sebastian Kurz, der mit dem geschickten Schüren von Ängsten rund um den vagen Begriff Sicherheit einen großen politischen Erfolg verbuchte und jetzt bei der prominent/berüchtigten Firma Palantir, die Überwachungssoftware an Regierungen verkauft, anheuert, passt sowohl zu ihm als auch in dieses Bild.
Auch die Invasion des Wolfs und des Bären in unser Territorium hat keine erkennbare Änderung des furchtfreien und daher grußlosen Verhaltens meiner MitbürgerInnen beim Durchstreifen der Natur zur Folge gehabt. Ein Beweis für die resiliente Gemütsverfassung unserer Bevölkerung! Diese konzentriert sich ganz im Geiste eines bodenständigen “ Don’t look up“ auf das “ Hier und heute “ der täglichen Corona News und begrüßt bald sicherheitskonform bis 22.00 Uhr das Neue Jahr!
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