Alois Schöpf
Wo bleibt da der Respekt?
Apropos

Eine alte Unsitte macht sich wieder breit. Es ist die Kultur des Wegdrückens! Des Nicht-Antwortens! Des Nicht-einmal-Ignorierens! Vorschläge oder Ansuchen an Politiker oder ihre Beamtenschaft bleiben oft ohne Reaktion. 

Angebote von Ideen oder Projekten an Funktionäre großer öffentlicher Verbände oder an Kulturverantwortliche, die sich als moralische Instanzen ausgeben, ebenso.

Bekanntlich wurde die Kommunikation durch die Digitalisierung erheblich erleichtert. Kein Briefschreiben mehr, keine Markenschleckerei mehr, kein Gang zur Post. Natürlich wird dadurch auch mehr geschrieben. 

Dennoch ist eine Antwort, oft mit maschineller Diktierhilfe, heutzutage so rasch erteilt, dass die Ausrede, überfordert zu sein, nicht ausreicht, um den respektvollen Umgang mit seinen Zeitgenossen aufzukündigen.

Respekt hat nichts damit zu tun, dass man zu allem Ja und Amen sagt. Respekt ist schlicht und einfach die Anerkennung, auf Augenhöhe miteinander zu verkehren. Vor diesem Hintergrund ist die Verweigerung einer Antwort nicht nur eine Respektlosigkeit, sondern ein sehr oft bewusst gesetzter, diskreter und daher feiger Erniedrigungsversuch.

Dass viele Mächtige in der Politik, aber auch in den Medien und im Haifischbecken der Kultur, von wo aus penetrant gepredigt wird, was wir zu denken und wie wir uns korrekt zu verhalten haben, von dieser Unsitte infiziert sind, ist besonders kritikwürdig.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 28.10.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor, Journalist, Veranstalter, geb. 1950, lebt bei Innsbruck, schreibt seit 41 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 34 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Nach seiner Tätigkeit als ORF-Fernsehredakteur für Fernsehspiel und Unterhaltung verfasste Schöpf Romane, Erzählungen, Märchenbücher und in den letzten Jahren vor allem Essays zu relevanten gesellschaftlichen Themen. Daneben schrieb er Theaterstücke und vier Opernlibretti. Schöpf war auch als Blasmusikdirigent tätig und ist Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte, die er 25 Jahre lang bis 2019 leitete. Zuletzt gründete er 2020 das Online-Magazin schoepfblog, an dem 40 renommierte Autorinnen und Autoren mitarbeiten.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Johanna Rotter

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Praktisch jeden Samstag möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Ansichten in Ihrer Kolumne „Apropos“ in der Tiroler Tageszeitung bedanken, bin aber dann meistens zu müde (faul?!) dazu.
    Mit Ihren heutigen Zeilen „Wo bleibt da der Respekt?“ haben Sie aber derart treffend meine Meinung wiedergegeben, dass ich Ihnen danken muss!
    Auch ich empfinde es als eine extreme Unhöflichkeit und Respektlosigkeit, auf E-Mails ganz einfach nicht zu antworten! Für mich ist es wie eine Nichtbeachtung von mir als Person, so als ob ich nicht existierte!
    Löst bei mir regelmäßig einiges an Frust aus!
    Freundliche Grüße und vielen Dank!

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