Alois Schöpf
Wo bleibt da der Respekt?
Apropos

Eine alte Unsitte macht sich wieder breit. Es ist die Kultur des Wegdrückens! Des Nicht-Antwortens! Des Nicht-einmal-Ignorierens! Vorschläge oder Ansuchen an Politiker oder ihre Beamtenschaft bleiben oft ohne Reaktion. 

Angebote von Ideen oder Projekten an Funktionäre großer öffentlicher Verbände oder an Kulturverantwortliche, die sich als moralische Instanzen ausgeben, ebenso.

Bekanntlich wurde die Kommunikation durch die Digitalisierung erheblich erleichtert. Kein Briefschreiben mehr, keine Markenschleckerei mehr, kein Gang zur Post. Natürlich wird dadurch auch mehr geschrieben. 

Dennoch ist eine Antwort, oft mit maschineller Diktierhilfe, heutzutage so rasch erteilt, dass die Ausrede, überfordert zu sein, nicht ausreicht, um den respektvollen Umgang mit seinen Zeitgenossen aufzukündigen.

Respekt hat nichts damit zu tun, dass man zu allem Ja und Amen sagt. Respekt ist schlicht und einfach die Anerkennung, auf Augenhöhe miteinander zu verkehren. Vor diesem Hintergrund ist die Verweigerung einer Antwort nicht nur eine Respektlosigkeit, sondern ein sehr oft bewusst gesetzter, diskreter und daher feiger Erniedrigungsversuch.

Dass viele Mächtige in der Politik, aber auch in den Medien und im Haifischbecken der Kultur, von wo aus penetrant gepredigt wird, was wir zu denken und wie wir uns korrekt zu verhalten haben, von dieser Unsitte infiziert sind, ist besonders kritikwürdig.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 28.10.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Johanna Rotter

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Praktisch jeden Samstag möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Ansichten in Ihrer Kolumne „Apropos“ in der Tiroler Tageszeitung bedanken, bin aber dann meistens zu müde (faul?!) dazu.
    Mit Ihren heutigen Zeilen „Wo bleibt da der Respekt?“ haben Sie aber derart treffend meine Meinung wiedergegeben, dass ich Ihnen danken muss!
    Auch ich empfinde es als eine extreme Unhöflichkeit und Respektlosigkeit, auf E-Mails ganz einfach nicht zu antworten! Für mich ist es wie eine Nichtbeachtung von mir als Person, so als ob ich nicht existierte!
    Löst bei mir regelmäßig einiges an Frust aus!
    Freundliche Grüße und vielen Dank!

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