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Alois Schöpf
Was gibt es neues Schreckliches?!
Apropos

Wahrscheinlich können sich nicht mehr viele Zeitgenossen daran erinnern, dass es vor der Revolution durch die elektronischen Medien noch üblich war, den Stammtisch zu besuchen oder nach der Abendmesse am Kirchplatz zusammenzustehen, um die Neuigkeiten zu besprechen. Oder in den warmen Jahreszeiten vor dem Haus auf einer Bank zu sitzen und zum Himmel hinaufzuschauen, um zu überprüfen, wie das Wetter am nächsten Tag werden würde.

Längst sind wir in das Innere der Häuser übersiedelt und sitzen heute vor dem Fernseher mit den Abendnachrichten. Die Stammtische sind entvölkert und in die Kirche gehen immer weniger Leute. Die regionale Idylle von Gestern, die wahrscheinlich gar keine solche war, gehört auch durch das Handy, in das selbst die Bewohner der ärmsten Länder starren, der Vergangenheit an.

Denn so groß der Fortschritt und der Wohlstand auch sind, der rituelle Abschluss des Tages durch einen Blick auf die Geschehnisse weltweit hat einen oft überhöhten Preis. Dann zum Beispiel, wenn die ukrainische Regierung um Munition bettelt, Iran den Untergang Israels beschwört, Israel einen Gegenschlag ankündigt, in Gaza die Leute verhungern, das Schicksal der Geiseln, welche die Hamas festhält, ungewiss ist, Österreich von einem Spionageskandal gebeutelt wird, der Investmentstar Benko eine Anklage nach der anderen kassiert und dann auch noch über das Schicksal jenes Buben berichtet wird, der in einer Hundekiste gehalten wurde, und der Dichter Salman Rushdie über das Messerattentat redet, das auf ihn gemacht wurde.

Gibt es eigentlich gar nichts mehr Erfreuliches in dieser Welt? Zum Glück lese ich von einer wissenschaftlichen Arbeit der Universitätsklinik Innsbruck unter der Leitung Prof. Herbert Tilg, wonach Long Covid nach einer gewissen Zeit doch von selbst auszuheilen scheint.

Ich bin überzeugt, dass es täglich viel mehr solcher Neuigkeiten gäbe.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 20.04.2024

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Peter Quehenberger

    Lieber Alois!
    Es ist mir ein Bedürfnis, Dir für Dein Apropos vom Samstag herzlich zu danken und vollinhaltlich zuzustimmen!
    Du sprichst mir aus dem Herzen!
    In den Medien wird nichts Anderes getan als, mit fast ausschießlich negativen Meldungen, die verzweifelte Traurigkeit über den Zustand der Welt und die hilflose Wut auf dessen Verursacher zu schüren.
    Man ist gezwungen sich zu schämen der Spezies „Mensch“ anzugehören und das Einzige, was uns trösten – ja manchmal sogar stolz darüber machen könnte -nämlich die Kunst in all ihren Ausdrucksformen (für mich auch die „reine“ Wissenschaft!,) kann nicht mehr so gefördert werden, weil man das Geld ja etwa dafür braucht, korrupte „Beraterhonorare“ zu bezahlen oder unser Bundesheer „kriegsfähig“ (Orginalton!) zu machen!
    Vielleicht sollte man alle öffentlichen Medien gesetzlich dazu verpflichten, eine negative Meldung, sofern möglich, durch eine positive zu kontern, um eine ganze Bevölkerung vor schweren Depressionen und (als einzigem politisch akzeptierten Argument) den daraus resultierenden Folgen für die „Wirtschaft“, deren Hauptaufgabe es ja ist zu wachsen, zu bewahren!
    Was können wir sonst machen?
    Jedenfalls hast Du mit Deinem Beitrag, lieber Alois, meine Laune durchaus ein wenig gebessert! Danke noch einmal!
    Liebe Grüsse!

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