Alois Schöpf
Städter sind intoleranter.
Apropos

Zuweilen muss man bei der Lektüre einer Zeitungsmeldung laut lachen. Vor allem, wenn sich ein Verdacht erhärtet, der diametral dem Zeitgeist widerspricht. 

So hat eine Studie der Technischen Universität Dresden zur “Polarisierung in Deutschland und Europa“, bei der 20.000 Personen befragt wurden, ergeben, dass eher wohlhabende und gebildete Städter die Meinung Andersdenkender weniger akzeptieren als konservative Landbewohner mit geringerem Einkommen und geringerer Bildung.

Der Umstand, dass diese Studie ein Schlag in die Magengrube all jener urbanen Eliten ist, die uns täglich belehren, wie wir zu leben und zu denken haben, dürfte auch Grund dafür sein, dass eine Diskussion aus Gründen der Peinlichkeit bisher unterblieb. Schade! 

Denn zeitgleich ist die Entwicklung zu beobachten, dass sich Stadtzentren entvölkern und jene, die es sich leisten können, mit einem Haus im Grünen zur Natur zurückzukehren versuchen.

Wenn es früher geheißen hat „Stadtluft macht frei!“, so müsste es heute eher heißen „Stadtluft macht intolerant!“. Und zwar verständlicherweise. Das Stadtleben ist mit seinem Lärm, seinen Beton- und Asphaltwüsten und seinen viel zu vielen Menschen mit Stress verbunden. 

Wohingegen das Land eher mit Stille, guter Luft und einem überschaubaren sozialen Umfeld die Nerven beruhigt. Und in einem solchen Zustand der Gelassenheit ärgert man sich weniger, wenn andere anders denken.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 12.08.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Rainer Haselberger

    Ich frage mich, wie man einen so unbestimmten Begriff wie Intoleranz solcherart messbar machen kann, daß daraus allgemeine Aussagen wie die oben getätigten abgeleitet werden können.

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