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Alois Schöpf
Professorale Unverfrorenheit
Apropos

Darüber, was Unverfrorenheit ist, gibt es viele nicht ganz lupenreine Witze. Weniger einen Witz, als den ernst gemeinten Vorschlag präsentierte dieser Tage der Verband der österreichischen Universitätsprofessoren und -professorinnen (OPV), indem er forderte, Plagiatsvergehen nach zehn Jahren verjähren zu lassen.

Ein solcher, die wissenschaftlichen Schlamperer, Lügner und Faulenzer so milde behandelnder Vorschlag hat seinen Ursprung natürlich nicht in der Liebe zu den ehemals Studierenden, sondern resultiert aus blankem Eigennutz.

Wenn nämlich die Missachtung der wissenschaftlichen Methodik und ein ergaunerter akademischer Grad so rasch in den Status der Rechtschaffenheit übergehen können, darf man sich die seit Jahren ausständige massenuniversitäre Vergangenheitsbewältigung und die Frage ersparen, was die verantwortlichen Professoren und Dozenten getan haben, als sie die Arbeiten ihrer zukünftigen Doktores und Magister zu deren Schaden offenbar nicht einmal gelesen, geschweige denn korrigiert haben?

Von dieser auch dienstrechtlich relevanten Untersuchung will man so rasch wie möglich erlöst werden! Nach dem Motto: Schwamm drüber, Professorengehalt weiter!

Es kann schon sein, wie Karlheinz Töchterle, Rektor und Wissenschaftsminister, zu diesem Thema meinte, dass die Massenuniversität sowohl was die Themen der akademischen Arbeiten als auch die Betreuung derer betrifft, die sie zu schreiben haben, an Kapazitätsgrenzen stößt.

Das rechtfertigt aber nicht die Pflichtvergessenheit jener, die es sich leicht gemacht haben im Verhältnis zu denen, die auch unter schwierigen Bedingungen eine korrekte Lösung fanden. Und das war sicherlich die Mehrheit.

Weshalb soll die sich durch eine kurze Verjährungsfrist den Generalverdacht von Unseriosität einhandeln? Nur damit die Minderheit der Unseriösen, ob Lehrende oder Lernende, nach zehn Jahren fein dasteht.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 02.03.2024

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Rainer Haselberger

    Sind nicht schon alle Universitäten seit mehr als 10 Jahren mit Plagiatserkennungssoftware ausgestattet und die Betreuer angehalten, diese zu verwenden (ich habe bis 2014 gelehrt und damals schon eine solche verwenden müssen)? Damit sollte eine Verjährungsfrist von 10 Jahren keine Auswirkung haben.

  2. Reinhard Kocznar

    Eben lese ich, dass das sogenannte ‚Luzerner Modell‘ der Hochschule Luzern zu 71% zusammenkopiert ist, oder anders gesagt: 30.000 Franken Studiengebühr für Vorgekautes.

    Der Wunsch nach früher Verjährung ist nachvollziehbar, aber überflüssig, solange man beanstandete Arbeiten selbst überprüfen kann. Akademische Sanierung in Eigenverwaltung.

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