Alois Schöpf
Kollektiver Reichtum
Apropos

Durch die Turbulenzen unseres Parademilliardärs Benko steht der Reichtum von Einzelpersonen in der Kritik. Dabei wäre die Tatsache, dass die Österreichische Ärztekammer von Signa soeben ein Haus am Wiener Graben um 80 Millionen Euro erworben hat, Anlass genug, über eine Form des kollektiven Reichtums ebenfalls nachzudenken: über jenen der Kammern zum Beispiel, von denen es in Österreich gleich 13 gibt. Oder über jenen von staatsnahen Betrieben und Institutionen.

Es ist doch wohl kein unbilliges Begehren, wenn wir als Bürger mit dem gebührenden Respekt vor der Obrigkeit die untertänigste Frage stellen, welche und wie viele Häuserzeilen, auch in Innsbruck, Tennisplätze, Wohnanlagen, Almhütten, Ferienanlagen, auch im Ausland, die Kammern, die Post, die ÖBB, das Militär, die Klöster, in denen bald der letzte Pater das Licht ausmacht, in ihrem Besitz haben und wie sehr sie diese Immobilien wie brave Kapitalisten verwalten, woraus sich naturgemäß hohe Gehälter, oftmals mit Zusatzpensionen, ergeben.

Reiche, die ihren Reichtum durch eine gute Idee erworben haben, sind der Allgemeinheit gegenüber nur beschränkt rechenschaftspflichtig. 

Vermögenswerte hingegen, die sich direkt oder indirekt durch unser Geld über Steuern, Beiträge, Honorare bis hin zu Briefmarken oder Bahnkarten angehäuft haben, müssen gerechtfertigt werden können. 

Das hat mit Neid nichts, mit Privilegien jedoch viel zu tun.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 23.12.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Gottfried Jaud

    Sehr geehrter Herr Alois Schöpf!
    Wie wahr, dein Versuch die Allmacht dieser Institutionen ins Licht zu rücken.
    Aber allein das Zurechtrücken dieser diktatorischen Institutionen auf ihre wahren Aufgaben, Sozialpartnerschaft u.a., hat Kurz den Wahlerfolg gebracht und das Amt gekostet.
    Leichter geht es mit bücken.
    Liebe Grüße und alles Gute für die Zukunft.

  2. Axel Mitterer

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Ich bin fast immer Ihrer Meinung.
    Aber dieser Artikel übertrifft (fast) alles bisher Geschriebene.
    Und es wird wieder keinerlei Reaktion eines Politikers oder Kammerfunktionärs geben.
    Und statt einem Didi Mateschitz ein Denkmal zu setzen – immer Steuern in Österreich gezahlt, unzählige tolle Dinge in die Region investiert und vieles mehr – wird sein Sohn wegen einer Urlaubsreise von den Roten angegriffen… einfach unfassbar.
    Bitte dranbleiben.
    Ganz liebe Grüße!

  3. Stefan Kastner, Präsident der Tiroler Ärztekammer

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    beim Lesen Ihrer Kolumne in der heutigen TT bin ich über einen Fehler gestolpert. Die Österreichische Ärztekammer hat kein Haus am Graben in Wien gekauft. Es war der Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Wien. Das hat folgenden Hintergrund: Die Ärztekammern sind in allen Bundesländern aufgrund des Ärztegesetzes seit Jahrzehnten verpflichtet, Wohlfahrtsfonds als Pensionsversicherung für Ihre Mitglieder einzurichten. So wie alle Pensionsversicherungswerke sind diese verpflichtet, entsprechende sichere Anlagen zu finden und werden regelmäßig versicherungsmathematisch überprüft.
    Das Vermögen der Wohlfahrtsfonds stellt deshalb ein Sondervermögen der Ärztekammern dar, das nicht für die standespolitischen Aufgaben der Ärztekammern zur Verfügung steht. Diese Wohlfahrtsfonds in Frage zu stellen, würde auch jede andere Betriebspension, die Abfertigung neu oder andere Pensionsversicherungen und deren Anlegerformen ebenso in Frage stellen.
    Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in ein gesundes und erfolgreiches, neues Jahr.
    Mit freundlichen Grüßen.

  4. Robert Muskat

    Österreichs Kammerunwesen! Es scheint des Öfteren, dass unsere Kammern nur eine Zusammenkunft selbstherrlicher und selbstbereichernder Parteihöriger sind, aber sicher nicht eine jeweilige Interessensvertretung! Selbstständig werden darf nur, wer der Kammer gefällt; die Selbständigkeit wird durch alle möglichen Behinderungen erschwert, die Ärztekammer gestattet anscheinend den Ärzten nur die Verschreibung von Medikamenten, deren Erzeuger sich zuvor bei der Kammer erkenntlich gezeigt haben, die Wirtschaftskammer sieht zu wie so mancher sein(e) Unternehmen völlig undurchsichtig und steuerschonend verschachtelt, die Bauernkammer lässt hochgiftige Mittel weiter zu und so fort. Sehen wir einmal davon ab, dass die Kammern anscheinend enorme Vermögen ansammeln und von der Zwangs-Mitgliedschaft profitieren. Man darf auch die politischen Einflüsse nicht vergessen. Dabei soll eine Regierung ja den Wählerwillen in die Tat umsetzen und nicht Kammern, Interessensvertretungen und Religionen dienlich sein.
    Der Weisheit letzter Schluss: weg mit all diesen Vereinen, weg mit Postensammlern (Wie kann eine Person gleichzeitig oder nacheinander 10 und mehr Posten bekleiden?) und zurück zu freier Wirtschaft und Kleinstruktur!

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