Alois Schöpf
Unschuldig ruiniert!
Apropos

Wenn es nach dem Gesetz ginge, müsste jemand solange als unschuldig gelten, solange er nicht von einem ordentlichen Gericht für schuldig befunden wurde. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus.

Derzeit genügt es, vor allem bei Politikern der falschen Partei, dass die Staatsanwaltschaft Voruntersuchungen einleitet, und schon ist man erledigt. Die Öffentlichkeit spricht schuldig, bevor der Akt überhaupt einem Richter vorgelegt wurde.

So geschehen mit Heinz-Christian Strache, dem in seiner Not sogar die Stelle eines Dachdeckerlehrlings angeboten wurde, worüber sich die Anständigsten der Republik fast totgelacht hätten. Jetzt, nach drei Jahren wurde er freigesprochen, was diejenigen, die vorher gelacht hatten, zur Kritik an der WKStA veranlasste, die wiederum schnurstracks und risikolos Berufung einlegte. Strache bleibt also weiterhin ruiniert.

Nicht viel anders ist es auch dem Tierschützer Martin Baluch ergangen, der einer terroristischen Vereinigung zugeschlagen wurde, monatelang inhaftiert war und zuletzt von der Republik nach seinem Freispruch heiße 2,5 Prozent der Kosten ersetzt bekam, die ihm an Schaden entstanden sind.

Längst sind auch Richter der Ansicht, dass der Staat nicht risikolos unschuldige Bürger ruinieren darf. Zumal dieses Vorgehen immer öfter dazu missbraucht wird, politisch unliebsame und oft unschuldige Zeitgenossen auf Jahre hinaus aus dem Verkehr zu ziehen.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 21.01.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Gebhard Zangerl

    Sg. Hr. Schöpf,
    Vielen Dank für ihren Artikel in der heutigen TT.
    Der seit Jahren grassierende Anpatz- und Schuldvermutungsjournalismus trägt auch wesentlich dazu bei, dass viele Politiker zu Unrecht niedergemacht werden und ruiniert bleiben.
    Bei einer Anzeige oder einem Ermittlungsverfahren wird 3 Abende ausgiebig in den Zib’s berichtet – bei Einstellung derselben sind es dann einmalig ca. 20 Sekunden.
    Mit freundlichen Grüßen

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