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Alois Schöpf
Jammern ist kein Argument.
Apropos

Das Pfingstwochenende hat es wieder einmal gezeigt: Die Mobilität, nicht nur mit dem LKW unter der Woche, sondern auch mit dem privaten PKW, ist eines unserer höchsten Güter. Nicht einmal fünfstündige Wartezeiten waren ein ernst zu nehmendes Hindernis, millionenfach die vier Wände zu verlassen und in den Süden einzufallen.

Das ist das Eine! Das Andere ist die Tatsache, dass die EU und der Europäische Gerichtshof Einrichtungen sind, bei denen sich nicht der durchsetzt, der besser jammert oder wütend auf den Tisch haut, sondern derjenige, der die überzeugenderen Argumente liefert.

Vor diesem Hintergrund stellen sich für Tirol, das sich in der Rolle des unhinterfragten Transitopfers einzementiert hat und von Italien wegen Verstoßes gegen die Grundregeln des europäischen Binnenverkehrs geklagt wird, zwei Fragen, deren Beantwortung entscheidend ist: 

Sind die Opfer, welche die Bevölkerung für die Mobilität erbringen muss, im Verhältnis zu anderen Gebieten etwa auf der Tangente in Wien oder zwischen Köln und Düsseldorf so groß, dass sich daraus berechtigter Weise verkehrsbeschränkende Maßnahmen ableiten lassen? 

Und liegen, zweitens, valide wissenschaftliche Studien vor, welche diese Opfer in Form von statistisch erwiesenen gesteigerten Erkrankungsraten etwa bei COPD oder Lungenkrebs durch Feinstaub und Luftverschmutzung oder vermehrt psychische Schäden durch Lärm nachweisen?

Nur wenn dieser Nachweis gelingt, besteht die Chance, die Klage Italiens abzuwehren. Und nur dann besteht die Möglichkeit, die in Sachen Transit hochkochenden Emotionen, die außenpolitisch kontraproduktiv sind, rational zu bändigen. 

Denn auch Verbündete, die sich abseits einer fragwürdigen Tiroler Insellösung für eine zeitgemäße europäische Verkehrspolitik und für die Forcierung des Schienenverkehrs einsetzen, findet man nicht mit “Mia san mia”, sondern nur mit “Wir sind wie ihr!”

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 25.05.2024

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Siegfried Dillersberger

    Lieber Herr Schöpf!
    Danke für Ihren heutigen Kommentar. Wie bereits seit rund 40 Jahren so wird auch heuer wieder den Menschen im Lande Sand in die Augen gestreut. Immer vor Wahlen machten sich die Herren in Wien und Innsbruck gegen den Transit stark, nach den Wahlen nahm er stets in größerem Ausmaß zu. Tatsache ist, dass vor dem EUGH nichts zu gewinnen ist, weil entgegen meinem Rat im Bereich des Transits das Einstimmigkeitsprinzip aufgegeben wurde und der EU-Beitrittsvertrag mit seinem Protokoll Nr. 9 eine eindeutige Sprache spricht.
    Mit Einzelheiten aus meinen Dokumenten will ich Sie nicht belasten, sehen Sie nur, was der damalige Minister Streicher versprochen hat. Es wurde immer wieder gelogen, als Placebo für die Bevölkerung wird auch heute noch ein Loch in den Berg gebohrt, dessen Zulauf – und Ablaufstrecken in den Sternen liegen.
    Wenn Sie sich die Zeit nehmen würden, mein Rot-Schwarz-Buch zum Transit zu lesen, so wäre ich Ihnen dankbar. Es liegt im Übrigen den maßgeblichen Journalisten von TT und KRONE vor. Ich selbst habe – altersbedingt – resigniert, leider kann ich nichts mehr bewegen, Menschen wie Sie sollten allerdings wissen, wie es wirklich war und ist.

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