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Alois Schöpf
Worte, nichts als Worte!
Wie Frau Palfrader die Künstler verhöhnt.

Tirols Kulturlandesrätin Beate Palfrader ist, wohl um bescheiden über ihre großartigen Leistungen in Sachen Kulturpolitik hinweg zu täuschen, eine Meisterin in der Zeitgeist-Anbiederung.

So ließ sie Gustav Kuhn, der sie noch vor kurzem abbusseln durfte, als katholische Agrarfeministin abseits jeder Rechtsstaatlichkeit über die Klinge springen, indem sie ihn aus seinem Lebenswerk, den Tiroler Festspielen Erl, hinausekelte und zur Rückgabe eines hohen Ordens nötigte. Nicht minder begeistert war ihre Anbiederung an einen gewissen Erwin Zangerl, dessen schreiende Mittelmäßigkeit als Politiker nur noch von einem Personenkult übertroffen wird, den er sich aus den Zwangsbeiträgen seiner AK-Mitglieder finanzieren lässt. In diesem Fall ging es um die schleichende Enteignung von Grundeigentümern, die für die Unfähigkeit der Regierung, vorausschauend kommunale Wohnungen zu bauen, herhalten sollten. Und es ging um die Feststellung, man sei in Tirol nicht türkis, sondern immer noch schwarz, was nicht verwundert, verdankt die Dame nicht nur den Posten als Schuldirektorin den Schwarzen im Lande, sondern auch das Privileg, über Jahre hinweg ihre hoch dotierte Position für den Fall einer Rückkehr freigehalten zu bekommen.

Was ihre eigenen Einkünfte betrifft, scheint Frau Plafrader also genauestens Sorge dafür zu tragen, dass ihr inklusive des zukünftigen Ruhegenusses nichts abgeht.

Umso grotesker ist ihr jüngster Versuch, sich bei den Künstlern einzuschleimen, indem sie nach Jahrzehnten des genauen Wissens darüber, wie es in der Kultur in Wirklichkeit zugeht, aufgrund eines Protestes aus dem fernen Burgenland plötzlich auch hierzulande die Notwendigkeit entdeckt, für faire Honorare zu sorgen.

Wie sehr diese ihre Stellungnahme, die Kollege Schramek am 20. August in der Tiroler Tageszeitung wiedergab, reines Geschwätz ist, ergibt sich aus dem unten stehenden Brief, den ich an Palfrader persönlich richtete, um, wenn schon nicht für mich selbst, so doch für meine meist erfahrenen, renommierten und auf Honorare teilweise angewiesenen Autoren einen ausschließlich für sie bestimmten Zuschuss des Landes zu erhalten.


Sehr geehrte Frau Landesrat!
Liebe Beate!

Wie du vielleicht schon mitbekommen hast, baue ich seit Juni des letzten Jahres unter der Internetadresse www.schoepfblog.at ein neues, bürgerlich-liberales Online-Magazin auf, dessen Aufgabe es im Idealfall wäre, die gescheiten Leute des Landes und die wichtigsten Themen unserer gesellschaftlichen Entwicklung zusammenzubringen und durch offene und schonungslose Debatten insgesamt lösungskompetenter zu werden. Unsere Gesellschaft driftet zunehmend in abgedichteten Echokammern auseinander. Eine Demokratie lebt jedoch von der Fähigkeit des allseitigen Diskurses. Ein solcher Diskurs soll auf hohem Niveau im schoepfblog stattfinden.

Ich glaube, ich bin auf diesem Weg schon einigermaßen vorangekommen und kann bereits auf 17.000 Nutzer verweisen.

 Die Autoren, die für mich schreiben, reichen von einem Generaldirektor der UBS über ehemalige Minister bis hin zu langjährigen Autoren-Kollegen und Kolleginnen, wobei es unter anderem auch Ziel der Plattform wäre, regionale mit internationaler Intellektualität zu verbinden. Um es auch ganz einfach zu formulieren: schoepfblog möchte ein regional verortetes „lettre international“ sein.

 Andreas Braun, der dir sicherlich wohl bekannt ist, berät mich regelmäßig und unterstützt dieses Projekt mit voller Überzeugung. Ich trage die Kosten des Onlinemagazins im Ausmaß von ca. 6000 bis 7000 € pro Jahr selbst aus privater Tasche und möchte dies auch in Zukunft so halten.

 Leider kann ich jedoch nicht den Autoren ein faires Honorar bezahlen, dies würde meine Kapazitäten doch überschreiten. Dadurch bin ich stark eingeengt in der Auswahl von Persönlichkeiten, die für einen Diskurs unabdingbar wären, zugleich jedoch berechtigterweise zumindest eine kleine Gage als Anerkennung verlangen müssen. Firmenwerbungen wiederum würden bei den Lesern die Freiheit des von mir angestrebten Diskurses vehement infrage stellen.

 Ich bitte dich daher sehr herzlich, www.schoepfblog.at persönlich, aber auch durch deine Fachleute einer Begutachtung zu unterziehen und mir in Begleitung von Andreas Braun einen Termin einzuräumen.

 Hinzu kommt noch folgendes Argument: Wenn im Zeitalter des Buches, das langsam dem Ende zugeht, Verleger und Drucker unter dem in diesem Fall doch fragwürdigen Titel der Literaturförderung gefördert wurden, so besteht nunmehr durch das Internet die großartige Chance, die Kreativen selbst endlich aus einer demütigenden Funktion zu entlassen, durch ihre Arbeit in erster Linie anderen das Geldverdienen zu ermöglichen.

Sie sollten und können nun, da die Infrastruktur der Publikation wesentlich günstiger geworden ist, selbst für ihre Arbeit honoriert werden. Und ausschließlich dafür möchte ich beim Land Tirol um eine Unterstützung ansuchen, die bezogen auf die täglich neu erscheinenden Artikel abzüglich meiner eigenen, die nicht honoriert werden und 2 Tage in der Woche belegen, pro Jahr mit 52 × 5 × 100 Euro pro Artikel ca. 26.000 € ausmachen würde.

 In Erwartung einer Antwort deinerseits verbleibe ich mit herzlichen Grüßen
Alois Schöpf

 


Eine Antwort auf dieses mein Schreiben erhielt ich am 19. Mai von einer gewissen Frau Mangele, wobei hinzugefügt werden muss, dass die Anzahl der Nutzer des schoepfblog inzwischen auf 30.000 angestiegen ist.

 

Das hier einkopierte Ablehnungsschreiben, beweist vor dem Hintergrund der oben angeführten Statements Palfraders zum Zeitgeist sehr schön, dass sie sich für Kultur nur insoweit interessiert, als es ihrer provinziellen Karriere nützt. Sehr wohl ist sie jedoch über die kleinen Demütigungsinstrumente der Schulmeisterei informiert und setzt sie auch mit Freude ein, indem sie ein Schreiben, das an Sie persönlich gerichtet ist, von einer untergeordneten Beamtin beantworten lässt.

Dies empfinde ich nicht nur als eine Beleidigung aller Autoren, die für schoepfblog schreiben, sondern auch als einen persönlichen Affront: Denn ich muss mich schon fragen, weshalb mir das Land Tirol für meine kulturellen Tätigkeiten das Verdienstkreuz umgehängt hat, wenn ich es mir dann gefallen lassen muss, von der für die Kultur Verantwortlichen wie der letzte Niemand behandelt zu werden.

Soweit zur rituellen Seite der ganzen Angelegenheit.

Inhaltlich ist es schlicht und einfach nur noch manifeste Dummheit und Inkompetenz, im Zeitalter des allgegenwärtigen Internet einen Blog von so hoher intellektueller und literarischer Qualität und von solch prominenten und gebildeten Autorinnen und Autoren als für die Literaturförderung nicht in Betracht kommend abzuqualifizieren und zugleich eine abseits jeder Öffentlichkeit erscheinende, an Irrelevanz nicht mehr zu überbietende angebliche Kulturzeitschrift wie „Quart“ mit 150.000 Euro pro Jahr zu fördern.

Zumal auf mein Argument nicht eingegangen wurde, dass im Rahmen der Literaturförderung, wie sie derzeit geübt wird, die meisten Geldbeträge an jene fließen, die mit dem eigentlichen Erdenken und Verfassen von Werken nur am Rande zu tun haben, da im veralteten Medium Buch vor allem die Drucker, Lektoren, Redakteure, Layouter und Verleger gefördert werden, nicht jedoch die Schreiber, Dichter, Essayisten, Wissenschaftler – nicht also die Kreativen selbst, sondern vor allem jene, die parasitär von ihnen leben.

Bleibt nur noch die Moral von der Geschichte, wie sie im Titel bereits formuliert wurde:

Worte, nichts als Worte! Deutlicher formuliert: Zynisches, dummes Geschwätz!

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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