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Alois Schöpf
Wo bleibt die Legitimation?
Apropos

Das Gendern wird von 65% der Deutschen abgelehnt. In Österreich wird es nicht anders sein. Das kümmert den von Zwangsgebühren ernährten ORF und seine Mitarbeiter wenig. Die haben, um ihre hohen Einkünfte durch hohe Moral zu rechtfertigen, inzwischen etwas erfunden, das es bisher im Deutschen noch nicht gab: eine Art feministischer Kunstpause, die hörbar machen soll, was wir bisher offenbar noch nicht gewusst haben, dass die Menschheit aus Männern und Frauen besteht.

Also: Mitarbeiter – Kunstpause – Innen!

Als aufrechter Demokrat akzeptiere ich alles, was der Verfassung entspricht und im Parlament beschlossen wurde.

Was ich unerträglich finde, ist die durch nichts legitimierte Selbstermächtigung, mit der ein staatliches Medium die Sprache aus ideologischen Zwecken verhunzt. Und damit gegen die eigenen Programmrichtlinien verstößt, welche „grammatische und phonetische Richtigkeit und die allgemein anerkannten österreichischen Sprachgewohnheiten“ einfordern.

Derzeit spaltet eine selbsternannte Elite die Gesellschaft in moralistische Besserwisser und unfreiwillig Belehrte.

Ganz ähnlich sieht dies übrigens der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, wenn er meint, Sprache dürfe nicht verordnet werden. Daraus ergibt sich jedoch die Frage: Ist die „konservative“ Regierungspartei ÖVP endgültig ins Koma gefallen, wenn sie bei solchen Blähungen des Zeitgeists einfach zuschaut?

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 26.11.2022

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 14 Kommentare

  1. Elmar Mungenast

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    seit vielen Jahren freue ich mich auf Ihre samstägige Kolumne in der TT. Besonders gefallen hat mir vor kurzem Ihr Kommentar zum Gendern im ORF. Ich fühle mich als Mann nicht angesprochen, wenn es z.B. um Coronapatientinnen geht. Es scheint mir, dies ist eine Frauenkrankheit geworden. Eigentlich schön für die Männer.
    Aber warum schreibe ich Ihnen? Weil genau dieser Tschendersender ORF nun von Rasern berichtet, denen bei extremen Überschreitungen der Geschwindigkeit das Auto abgenommen wird. Finde ich gut. Aber was ist mit den Raserinnen? Die hat auch die grüne Frau Gewessler in der Schlagzeile vergessen. Gedanklich sind dies eben immer Männer (was ja auch überwiegend stimmt). Trotzdem sollte man nicht vorverurteilen und im Sinne der Gleichberechtigung die Damen nicht vergessen.
    Nochmals vielen Dank für Ihre Kommentare. Freue mich schon auf den nächsten.

  2. Gert Chesi

    Das mag wohl der Grund dafür sein, dass ich mich ungern in solche Debatten einbringe. Ich möchte mit Söder nichts zu tun haben, genau so wenig wie mit irgendeiner Rednerin der FDP. Was soll ich aber machen, wenn diese plötzlich Meinungen vertreten, die mit meinen übereinstimmen? Ich war Jahrzehnte lang ein Sympathisant der Grünen, aber auch der linken Szene. Diese standen damals für Avantgarde und Freiheit. Inzwischen sind die Grünen zu einer Verbotspartei mutiert und an den Universitäten maßt sich eine linke Minderheit an, die Rolle einer moralischen Instanz zu übernehmen. Dabei sind ihre Forderungen nicht im Kontext mit österreichischen Befindlichkeiten entstanden, nein, sie sind von amerikanischen Bewegungen übernommen worden. Ganz gleich, ob wir über Gender-Probleme, Black lives matter, Me too oder kulturelle Aneignung reden, nichts ist den militanten europäischen Verfechtern selber eingefallen. Verständlich, denn unsere Probleme, auch wenn es Parallelen gibt, sind andere.
    Ich habe als Chefredakteur des Kunstmagazins A4 in meinem Vorwort klargestellt, dass ich mich nicht an der Zerstörung der deutschen Sprache beteiligen werde. Den Denkmalstürmern und den Aktivisten gegen das Moorenbräu begegne ich mit Skepsis. Wir können die Geschichte nicht umschreiben, wir dürfen sie auch nicht ignorieren. Wenn aus Denkmälern Mahnmäler werden, dann ist das einem anderen Zeitgeist geschuldet, einem, der wachen Auges die Entwicklungen verfolgt ohne sie ideologisch anpassen zu wollen.
    Ich finde mich nun in einer Position wieder, in der ich als das, was ich nicht sein möchte, verdächtigt werde. Stehe ich nun den Rechten nahe, weil mich die Linken verraten haben? Ich lebe in Afrika, ich liebe das Land und die Menschen. Bei meiner letzten Fotoausstellung zeigte ich Aktbilder afrikanischer Frauen. Auf Geheiß der Kulturreferentin wurden die Plakate von den Wänden genommen und die Stadtbibliothek, in der ich mein begleitendes Buch präsentierte, angewiesen, dieses aus dem Schaufenster zu nehmen. Wären es weisse Frauen, hätte sie kein Problem damit. Schwarze aber wüßten nicht, worauf sie sich einlassen. Ich war plötzlich in die Ecke der Rassisten geraten. Ja, so funktioniert der strukturelle Rassismus der Ahnungslosen. Sie trauen einer Schwarzen nicht zu, was sie einer Weißen zutrauen würden. Da kommt dann der Beschützerinstinkt, der Missionarsgeist und erschwerend der Umstand dazu, dass ich ein alter weißer Mann bin. Schlussendlich bleibt die Frage, wie man sich in einer solchen Konstellation fühlen soll. Ich bin unabhängig genug, um den Gegenwind auszuhalten. Ich bin zu alt, um mich neuen Moden zu verschreiben, und schließlich glaube ich an die Richtigkeit dessen, was ich postuliere. Die moralischen Eiferer und die militanten Besserwisser werden ins Leere laufen. Sie haben weder die Menschen, noch die Moral auf ihrer Seite.

  3. Günther Hye

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    Sie sprechen mir aus der Seele. Danke für Ihr heutiges Apropos.
    Mit freundlichen Grüßen!

  4. Gerhart Wendlandt

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    Ihr heutiger „Apropos“ Beitrag in der TT spricht mir aus der Seele.
    Der Genderwahn hat schon krankhafte Ausmaße angenommen, speziell wie das Beispiel der ZIB Journalistin Simone Stribl zeigt, die schon ernsthaft vor einigen Jahren von „Kinder und KInderinnen“ in einer ZIB Sendung sprach.
    Wenn das so weitergeht, werden wir wohl nicht an einem Männerminister vorbeikommen, zum Wohle aller Menschen und Menschinnen!

  5. Wilfried Schennach

    Sehr geehrte Damen und Herren !
    Ich möchte Sie informieren, dass mich der ORF zunehmend nervt. Ich war bisher immer ein eifriger Hörer des Radiosenders Ö1. Es ist aber langsam nicht mehr auszuhalten, wie unsere schöne deutsche Sprache malträtiert wird und was man sich alles anhören muss. „Femicide“, „Home Invasion“, ganz zu schweigen der unsägliche *innen Klicks, über den man bei jedem zweiten Satz stolpert, besonders auch bei den Nachrichtensprechern im TV. In Ö1 höre ich mir nur noch die Musikprogramme an, die übrigen Sendungen, in denen nur gesprochen wird, muss ich leider abschalten, auch wenn sie häufig sehr interessant wären. Ich wundere mich, dass der ORF, der eine der bedeutendsten Kulturinstitutionen des Landes ist, unser wichtigstes Kulturgut, die deutsche Sprache, derartig missachtet.
    Es ist mir klar, dass Sie dieses e-mail niemanden beeindrucken wird, und dass sich nichts ändern wird. Aber ich muss einmal meinem Ärger freien Lauf lassen.

  6. Martin Müller

    S.g.Herr Schöpf,
    vielen Dank für den Artikel von heute.
    Ich selbst nenne es „Gender-Stottern“, was aus meiner Sicht dem Empfinden beim Zuhören am nächsten kommt.
    Mit freundlichen Grüßen

  7. Siegfried Dillersberger

    Lieber Herr Schöpf!
    Herzlichen Dank für Ihren Einsatz für die unverfälschte Sprache und gegen die Unsinnigkeiten im Staatsfunk! Ich ärgere mich jedes Mal, wenn die überheblichen Leute die Sprache verbiegen. In dieser Woche hat sich ein Moderator einen besonderen Ausrutscher geleistet, als er von zahlreichen Asylwerberinnen gesprochen hat, und das Bild ausnahmslos junge kräftige Männer zeigte. Ich hoffe, dass viele Menschen Ihre Ausführungen lesen und sich auch dazu äußern. Übrigens: Art. 8 (1) B-VG bestimmt die deutsche Sprache unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, als Staatssprache. Dieser ist das unsägliche Gendern fremd.

  8. Werner Beck

    Lieber Herr Schöpf,
    Sie übersehen in Ihrem Kommentar die Ausgangsüberlegungen der „Elite“, der 4. (nun inzwischen 1.Macht) im Staate, die Rechte der jahrelang diskriminierten Frauen wieder herzustellen!!
    Den Frauen müsse endlich vor allem im Fernsehen gezeigt werden, dass sie nun ihre gebührende Anerkennung zurückbekommen!!
    Mit diesem Argument „lächeln“die „moralisierten Besserwisser“ alle vor allem von der liberal konservativen, aber auch linken Seite (DI Woltron, Werner Schneyder, Dieter Hallervorden uva) immer wieder eingebrachten Einwendungen weg.
    Die von Ihnen zitierten Programmrichtlinien werden übertreten mit dem Hinweis auf das Redaktionsstatut, das den Redakteuren ideelle „Narrenfreiheit“ einräumt, dies im Sinne ihrer „objektiven“ Gesinnungen und das wird weidlich ausgenützt!
    Das geht dann soweit, dass sogar jemand aus ihren Reihen, siehe Schrom, wenn er die Wahrheit – doch das höchste Gedankengut – sagt – ORF1 links, ORF2 will SPÖ retten -seinen Chefposten zu räumen hat!
    Zweifellos ist es das große Problem, dass hier in einem „rechtsfreien Raum“ agiert wird, es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen, die konkrete Vorschriften enthalten!!
    Mein Vorschlag wäre, in einer Volksabstimmung zu fragen, ob in den Fernsehprogrammen zur Bevölkerung so gesprochen werden soll, wie wir uns untereinander im täglichen geschäftlichen Verkehr, in der Familie, unter Freunden,im Kaffeehaus ua. unterhalten??
    So einfach könnte das erledigt werden!!
    Ihr Artikel ist – wie immer – ein inhaltlich treffender „Genuss!“

  9. Richard Lipp

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Ihr Beitrag in der TT vom 26. November 2022 trifft den buchstäblichen Nagel auf den Kopf. Ich frage mich, betreibt der ORF hier Sprachterror oder Sprachvertrottelung? Oder beides? Wie kann man sich gegen diese Auswüchse wehren? Ministerpräsident Markus Söder liegt richtig, wenn er sagt, dass Sprache nicht verordnet werden dürfe. Er greift hier wohl auf Kaiser Sigismund zurück, der angeblich beim Konzil von Konstanz belehrt wurde „Caesar non supra grammaticos“. Warum nicht mal ein Volksbegehren in dieser Sache?
    Mit Dank und freundlichen Grüßen!

  10. Harald Medenus

    Guten Morgen lieber Alois!
    Und danke für “Apropos”. ….. Im Koma? Wär ja nicht unbedingt das Schlechteste! Doch dass Teile dieser Partei für mich schizophrenes Verhalten zeigen und es dafür keine Medikamente zu geben scheint, das ist tragisch.
    Ich mein ja bloß …und schicke die besten Grüße aus dem Hochtal Harald

  11. Walter Watzdorf

    Sehr geehrter Herr Schöpf.
    Ich möchte Ihnen zu diesem Artikel gratulieren.
    Viele unserer Freunde und Bekannten denken ebenso.
    Leider berieselt uns dieses staatliche Medium nicht nur beim Gendern, sondern auch im Hinblick auf viele andere Dinge. Und das nur aus der Sicht Ihrer selbsternannten Position als Sittenwächter der Nation.
    Eine neutrale journalistische Berichterstattung kann man kaum mehr erkennen.
    Selbst Sportsendungen wie die Fussball-WM wollen sie einem madig machen.
    Da hilft nur mehr „Nachrichten abschalten“, da es in deutschen Sendern genauso ist.
    Ich muss daher mit meiner werten Gattin mehr Rosamunde Pilcher schauen!
    Bleiben Sie bitte weiterhin kritisch.

  12. Susanne Preglau

    Wenn man die zitierten Programmrichtlinien des ORF, die „grammatische und phonetische Richtigkeit und die allgemein anerkannten österreichischen Sprachgewohnheiten“ einfordern, zur Richtschnur nimmt, ist es schon bemerkenswert, wie in Ihrem kurzen Text, lieber Herr Florian, „die stärkere B e t r o n u n g von „Innen“ und die Tatsache, dass mit z u n e h m e n e n Alter man nicht mehr so a u f g e s c h o s s e n für Veränderungen ist“, zur Weiterentwicklung der Sprache zum Besseren beitragen.

  13. Wolfgang Kerber

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    gut, dann ist also das Gendern gerade offenbar ein Problem. Ist es im Alltag eigentlich nicht, oder?
    Es irritiert jedenfalls, wenn ein Schriftsteller und angesehener Kolumnist für die ORF-Rundfunkgebühr den Ausdruck Zwangsgebühren (Warum eigentlich Plural?) verwendet. Zum einen: Viele Gebühren und Steuern muss man zahlen und nicht immer gibt es eine direkte Gegenleistung dafür. Aber bezeichnet jemand etwa die MWSt z.B. für Grundnahrungsmittel als Zwangssteuer? Nur ein Beispiel. Sie scheinen den ORF jedenfalls zu konsumieren, bekommen also etwas für Ihr Geld. Zum anderen: Von Zwangsgebühr für den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk schreien populistische Politiker und deren Anhänger, und mit denen möchten Sie vermutlich nicht in einem Atemzug genannt werden.
    Dann argumentieren Sie mit dem wendigen bayerischen Ministerpräsidenten, der zwar zu vielem eine lautstarke Meinung hat, aber sicher kein Experte für verbindende Sprache ist (Man denke nur an den Scherbenhaufen, den er in der eigenen Parteifamilie angerichtet hat). Niemand anderen gefunden für Ihre Argumentation?
    Es ist auch ein netter Hinweis, dass Sie einen wissen lassen, dass Sie als Demokrat Verfassung und parlamentarische Beschlüsse akzeptieren, aber ich hoffe mal sehr, dass Sie als Bürger und Mitmensch auch mehr akzeptieren.
    Und ja, es ist nicht alles „Gegenderte“ gerade im Mündlichen schön, aber auch ein bisschen ironisch, dass Sie dieser Anglizismus nicht zu stören scheint.

  14. Florian

    Ich persönlich nehme da keine künstliche Pause wahr, sondern lediglich eine stärkere Betronung von „Innen“. Stört mich nicht wirklich.

    Sprache hat sich immer verändert und weiterentwickelt, und das wird auch vermutlich so bleiben. Das ist eine Tatsache. Eine andere Tatsache ist, dass mit zunehmenen Alter man nicht mehr so aufgeschossen für Veränderungen ist. Vielleicht haben beide Dinge etwas miteinander zu tun. Vielleicht aber auch nicht.

    Nicht jede „Weiterentwicklung“ muss natürlich automatisch eine Verbesserung sein. In den meisten Fällen wird es aber dann nicht zurück zum Alten gehen, sondern nach vorne zu etwas noch Besserem.

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