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Alois Schöpf
Nix g´sagt isch g´nuag g´lobt.
Tirol/Innsbruck ist musikalisch top!
Bitte weitersagen.
Notizen

In einem Land, in dem bei vielen Konzertveranstaltungen die hohe Geistlichkeit vor allen anderen Gästen, insbesondere vor den vom Volk gewählten Mandataren begrüßt wird, dominiert nach einem halben Jahrhundert der sogenannten 68er-Revolution noch immer die schwarze Pädagogik, die bekanntlich auf einen einzigen Satz reduziert werden kann: Nix g´sagt isch g´nuag g´lobt!

Die erfreuliche Nebenwirkung dieser rabenschwarzen Sicht auf den stets still seine Pflichten erfüllenden Zeitgenossen ist der Umstand, dass er eine Abweichung von der Regel, also jegliches Lob, wie ein Verdurstender mit strahlendem Lächeln entgegennimmt.

Grund genug also, gerade jetzt am Ende der Konzertsaison und am Beginn der Sommerfestivals, die Gelegenheit zu ergreifen, Anerkennung auszusprechen, vor allem wenn, wie auch an der heutigen Besprechung des letzten Symphoniekonzerts des TSOI abzulesen, auf viele großartige musikalische Leistungen verwiesen werden kann.

Das Gesundheitszentrum Park Igls ist eine jener touristischen Einrichtungen, die von einer internationalen, gut betuchten und meist auch sehr gebildeten Gästeschar frequentiert wird. Sie kommt nur zu einem geringen Teil aus Österreich, zum überwiegenden Teil aus England, dem Nahen Osten, den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland.

Um während des oft wochenlangen Kuraufenthalts nicht allzu große Langeweile aufkommen zu lassen, vermittelt das Hotel seinen Gästen mit einem eigenen Kartenkontingent das vor allem – da von der Sprache unabhängige – musikalische Angebot der Landeshauptstadt.

Der ärztliche Leiter des Gesundheitszentrums, Dr. Peter Gartner, selbst ein exzellenter Musiker und Saxophonist, berichtete mir in diesem Zusammenhang schon oft und gerade unlängst wieder, dass seine Gäste vom hohen Niveau des kulturellen Angebots in Innsbruck begeistert seien und ihm ungefragt davon erzählten. Dies betreffe nicht nur die Konzertveranstaltungen im Congress Innsbruck und die Opernaufführungen im Tiroler Landestheater, sondern auch das Angebot im Haus der Musik, aber auch die Auftritte der heimischen Jazz- und Alternativszene etwa im Treibhaus.

Auf meine Frage, ob ich dieses Kompliment weitergeben dürfe, stimmte er erfreut zu. Ich tue es hiermit.

Ich tue es nicht nur in der Hoffnung, damit den heimischen Akteuren, die insgesamt doch zu oft kritisiert und zu wenig gelobt werden, eine Freude zu bereiten, ich tue es vor allem in der Hoffnung, dass eine das Image des Landes prägende Einrichtung wie der ORF Tirol, aber auch die großen Tageszeitungen sich endlich vom mit der Realität schon längst nicht mehr übereinstimmenden Klischee vom Sportland Tirol verabschieden.

Ja, die Tiroler treiben gern Sport, gehen gerne in die Berge, verfügen derzeit jedoch über keine herzeigbare Fußballmannschaft und auch im Winter über fast keine Spitzensportler mehr, was dieser Tage unter anderem dazu geführt hat, dass in der Tirol Heute-Sendung ein Bericht über einen Radfahrer gebracht wurde, der doch sage und schreibe bei einem schweizerischen Radrennen den 8. Platz errungen hat. Um einen Modeausdruck zu verwenden: Geht‘s noch?

Auf das Jahr verteilt verzeichnen Theater und Konzerthäuser wesentlich mehr Besucher als professionelle Sportveranstaltungen. Allein das Tiroler Landestheater besuchen pro Jahr 185.000 Personen, die Innsbrucker Promenadenkonzerte etwa werden im Juli von ca. 25.000 Personen frequentiert.

Trotzdem wird die Kultur hierzulande als eine Art Orchideenfach betrachtet, das man so nebenbei irgendwelchen Redakteurinnen und Redakteuren überlässt, die dann unter Ableistung ihres Bildungsauftrags nicht selten ihre skurrilen bis grenzkorrupten eigenen Süppchen kochen. Kein Vergleich jedenfalls im Verhältnis zur überschwänglichen Zuwendung anlässlich fast täglich kolportierter sportlicher Nichtereignisse!

Ein Zyniker könnte daraufhin antworten: Genau das ist ja der Grund, warum das musikalische Angebot Tirols so hochkarätig ist. Die fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, die Wände der sportverblendeten Ignoranz zu durchbrechen, zwingen eben zu Höchstleistungen!

er

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Helmut Schiestl

    Dem kann ich mich nur voll anschließen. Die unsägliche Sportberichterstattung über oft zweit- und drittklassige regionale Sportereignisse im TIROL HEUTE finde ich schon oft unerträglich und steht wohl in keinem Verhältnis zu all den übrigen Themen und Ereignissen, die in Tirol passieren und über die in dieser Nachrichtensendung berichtet werden könnte und sollte. Eine Mail an die Redaktion hatte nur eine flapsige Antwort der Moderatorin des Inhaltes zur Folge: dass die Mehrheit der Leute das halt sehen will. So als würde Tirols Bevölkerung nur aus Sportlerinnen und Sportlern und deren Angehörigen bestehen.

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