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Alois Schöpf
Kulturell inexistent
Apropos

Letztes Wochenende übertrug der ORF stundenlang vom oberösterreichischen Woodstock der Blasmusik. Geht in Ordnung! Wem das gefällt, der soll es genießen.

Dieses Wochende werden mit der Royal Netherlands Army Band, einem der besten Blasorchester der Welt, die Innsbrucker Promenadenkonzerte eröffnet. Und natürlich überträgt der ORF trotz vieler Weltklasseorchester, die schon in Innsbruck auftraten, wieder nichts. Bestenfalls setzt es ein Berichtlein in Tirol heute und eine Ankündigung in einer Dudelsendung für die Landbevölkerung.

Stolz berichtete unser Staatsfunk dieser Tage von 500 Stunden, die aus dem österreichischen Festspielsommer übertragen werden. Aus Tirol sind es die Garanča in Kitzbühel, ein reines Agenturkonzert. Und aus dem Erl des Hans Peter Haselsteiner ein Wagner-Digest. Der große Rest kommt aus den anderen Bundesländern.

Für jeden Kulturfreund sind diese paar Stunden übertragener Kultur aus Tirol geradezu eine Demütigung. Wie lange sollen wir im übrigen Österreich noch als Land der jodelnden, geldgierigen und sportelnden Alm-Öhis firmieren? Wir waren das nie und sind es nicht. 

Wir sind lediglich mit einer Kulturpolitik geschlagen, für die die jämmerliche und ungerechte kulturelle Außenwirkung Tirols kein Thema ist. Und wir sind mit einem regionalen ORF geschlagen, der die Provinzialität zum Geschäftsmodell erhoben hat.

Wann wird mit beidem endlich Schluss sein?

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 08.07.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Peter Schöber, Geschäftsführer ORF III

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    In Ihrem Kommentar vom 8. Juli 2023 haben Sie Kritik am ORF-Kultursommer geäußert und zwar dahingehend, dass zu wenig Kultur aus Tirol dabei ihren Niederschlag findet.
    Ich finde Ihre Kritik gleich in mehrerlei Hinsicht unangebracht.
    Zum einen bietet der ORF mit der von Ihnen polemisch erwähnten Übertragung des „Woodstock der Blasmusik“ der österreichischen Blas-, Brass- und Volksmusik eine nationale Bühne. Vor Ort waren in vier Tagen knapp 100.000 begeisterte Zuseherinnen und Zuseher dabei, vor den ORF-III-Bildschirmen ein Vielfaches davon.
    Auch die von Ihnen kritisierten Beiträge zum ORF-/ORF-III-Kultursommer aus Tirol, unter anderem das Konzert „Klassik in den Alpen“ mit Elīna Garanča, sowie unsere regelmäßigen Übertragungen aus Erl, verdienen es nicht, von Ihnen als „reine Agenturkonzerte“ beziehungsweise als „Wagner-Digest“ bezeichnet zu werden. Egal, wer der Veranstalter ist, „Klassik in den Alpen“ ist ein hochwertiges Konzert mit einem Klassik-Superstar aus einem einzigartigen und tollen Setting in Tirol.
    Auch die Festspiele Erl haben diese Verunglimpfung ebenfalls in keinster Weise verdient. Ich darf Ihnen darüber hinaus berichten, dass wir auch ein ausführliches Programm über das 30-Jahres-Jubiläum der Gruppe „Franui“ aus Tirol planen. Warum aber die von Ihnen indirekt angeregte Übertragung eines Konzerts der „Royal Netherlands Army Band“ besser sein soll als die genannten Kultur-Highlights, entzieht sich meiner Kenntnis.
    Wenngleich es Ihrer Polemik dienlich ist, darf ich Sie doch darauf hinweisen, dass der ORF kein „Staatsfunk“ ist, bei dem die Finanzierung, und teilweise auch Programmentscheidungen, durch die Regierenden gefällt wird, sondern ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der jedem und jeder Österreicherin gehört, und nur diesen als obersten Souverän verpflichtet ist.
    Wir sind ein ORF für alle Menschen in diesem Land und bieten mit mehr als 500 Programmstunden einen öffentlich-rechtlichen Auftrag für ALLE Zuseherinnen und Zuseher.
    Mit freundlichen Grüßen

  2. Webhofer Reinhold

    Lieber Alois Schöpf, mit Ihrer Kritik auch am ORF mögen Sie recht haben. Wir Tiroler werden aber als jodelnde Dodel auf urigen Almhütten und kitzlochbesoffene Gastgeber wahrgenommen.
    Damit macht der Tourismus immerhin gute Geschäfte und dies wollen viele Touristen auch weiterhin haben.
    Das hat Corona eher noch befördert…. und natürlich gibt es auch die andere Kultur. Gott sei Dank!

  3. Helmut Leisz

    Sehr geehrter Herr Schöpf –
    DANKE für ihren Beitrag in der heutigen TT!
    Ihre Erfahrungen mit dem ORF habe ich als langjähriger Musiker im TSOI jahrzehntelang erfahren dürfen!
    Unser Orchester war für den ORF kaum existent – ich glaube mich zu erinnern, dass das einzige – komplett übertragene Konzert – das Festkonzert zur Eröffnung des Kongresshauses war!
    An was das wohl gelegen war … der Wiener ORF-Wasserkopf war immer schon so dominant!
    Aber ist es nicht so – wo Menschen werkeln – menschelt es halt sehr …!?
    In den vergangenen 7 Jahren habe ich mich andauernd bemüht eine Werbeeinschaltung für den
    MUSIKSOMMER GÖTZENS zu erhalten.
    2022 war dann erstmals – kurz vor 19 Uhr eine circa 20 Sekunden Einschaltung gelungen!
    Da klopfte ich der Dame im ORF und mir auf die Schultern!
    Es ist so – ein paar Sekunden Werbung im Fernsehen – aber auch in wichtigen Printmedien – bringen meiner Erfahrung nach mindestens 30% mehr Besucher zum Konzert!
    Übrigens … zur „Woodstock Orgie“ in OÖ … unglaublich – was da – neben guter Blasmusik –
    an Geschmacklosigkeiten zu sehen und zu hören war!
    Mit sommerlichen Grüßen!

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