Alois Schöpf
Erst denken, dann bauen.
Apropos
Man könnte meinen, in unserem Landl, das so in sein Gestern verliebt ist, versteht man etwas von Museen. Tut man aber nicht.
Das fängt schon mit dem Umbau des Landesmuseums 1998 zur 175-Jahr-Feier an, der nicht nur aufgrund untauglicher Tiefspeicher ein Skandal war, der leider nie aufgeflogen ist.
Jetzt will man wieder bauen statt nachzudenken. Darüber etwa, ob das Hauptgebäude in der Museumstraße nicht nur eine unrettbare klassizistische Trivialität ist?
Oder darüber, ob das Volkskunstmuseum neben der Hofkirche, einem der wichtigsten Renaissancebauwerke nördlich der Alpen, nicht vollkommen deplatziert ist und hier statt Bauernstuben doch besser die Gotik- und Renaissance-Sammlungen ausgestellt würden, um dann nahtlos ins Barock der Hofburg überzugehen?
Warum rafft man sich, statt sinnlos an die 50 Millionen zu verbraten, nicht endlich zu einer umfassenden Museums-Lösung auf, baut etwa im Umfeld des Tirol-Panoramas am Bergisel ein neues Nationalmuseum, verbannt das unwichtige Kaiserjägermuseum ins öde Zeughaus und überlässt das Hauptgebäude im Zentrum Innsbrucks inklusive Musiksammlungen dem platzmäßig beengten Konservatorium?
Die Antwort fällt einfach aus: Weil Herr Mattle in traditioneller Selbstüberschätzung meint, neben dem Job als Landeshauptmann und zuständig für Finanzen, Gemeinden, Personal, Ehrenamt, Europa- und Außenbeziehungen auch noch Kulturpolitik machen zu können!
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 19.11.2022
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Lieber Alois,
ich bewundere Dein Engagement bei der Beleuchtung von Gegenwartsproblemen ebenso wie den weiten Horizont. Ich lese die Vorschau jede Woche, dann aber erlahme ich. Außer wenn du als Museumsferner zu Museumsangelegenheiten sprichst. Das ist ein sehr vielschichtiges, ja kompliziertes Thema, das sich beim mittel-intensiven Hinschauen nicht erschließt. Die Kombination von Theorie und Praxis des Museumswesens war zugegebenermaßen ein starkes Plus bei Assmann. Diesen Eindruck erhielt ich bei seinen Vorträgen, u. a. auf der Uni.
Bei meinem ersten Studium der Kunstgeschichte hab ich zumindest a bisserl unter die Decke schauen können. Respekt habe ich jedenfalls getankt. Später erfuhr ich einiges über die Geisteshaltung um ca.1830 und zu jener der Gründer des Tiroler Nationalmuseums. Ich ärgere mich kontinuierlich über das Epochenklischee des verträumten Vormärz samt der Sozi-Zugabe des Metternich`schen Polizeistaates. Vielmehr bin ich auf hervorragende Persönlichkeiten gestoßen, auch auf jene, die in personeller Verbindung Geognostischer Verein – Tiroler Nationalmuseums Verein mit Tatkraft und Weitblick vorgegangen sind.
Ich trete dafür ein, dass an der Fassade des Gebäudes als Zeitdokument kein Ziegel und kein Dekor verändert wird. Besonders die Blickachse Wilhelm Greil Straße auf die Fassade des TLMF zeigt ein Prachtbild, um das uns alle anderen Landesmuseen Österreichs und der Nachbarländer beneiden. Wer hat baulich Vergleichbares zu bieten? Welche Veränderungen hinter der Schauseite beabsichtigt sind, hab ich noch nicht ganz durchschaut. Der derzeitige Zustand (Otto Mayr) ist zwar nicht ideal , aber bespielbar ist das Große Haus dennoch. Eine Versuchung stellen die durch die Übersiedlung der Depots nach Hall frei gewordenen Räume dar.
Fünf Spielstätten in einer 130.000 EW großen Stadt ist zwar viel, dennoch erscheint die Spartengliederung sinnvoll und die Gebäude sind nun einmal vorhanden. Die Macht des Faktischen. Ein affektierter Murks wie u. a. das vor vier Jahren eröffnete NÖ Landesmuseum Krems passt nicht zu Innsbruck. Bei der andiskutierten Verlegung des einen oder anderen Museums auf den zentrumsfernen Bergisel würden die ohnehin nicht berauschenden Besucherzahlen weiter sinken.
Schimpfen und draufhauen bringt unter diesen Gegebenheiten nichts. Das Problem liegt wo anders: Der meines Erachtens gegebene Sachverstand, Idealismus und Eifer der Direktoren und Kuratoren findet nicht die erwünschte Resonanz beim Publikum. Sie führen einen nicht zu gewinnenden Kampf gegen die Windmühlen des hedonistischen und kulturscheuen Zeitgeistes. Viel zu Vielen ist die Freude am Schönen und das Interesse am Vergangenen abhandengekommen oder haben es gar nicht aufkommen lassen. Manchmal frage ich mich, ob nicht die eine oder andere Ausstellung oder Veranstaltung zu viel des Angebotes ist. Aber bei allen Einschränkungen heulen gleich die Kulturapostel unisono mit dem zahlreichen Museumspersonal auf. Als ob mit reichlicher Dotierung die Grundprobleme zu lösen wären. Das Geld wäre besser für eine wegweisende Beratungsstudie in- und ausländischer Experten angelegt.
Der Verein tut sein Bestes, um den Wert des Museums in Diskussion zu halten. Den Verein beschneiden hieße das Ankerseil kappen. Er ist das unersetzliche, weil beständige Gegenüber zu den wechselnden Politikern und deren fluktuierenden Vorstellungen. Der nicht beruflich in den Kulturbetrieb eingebundene neue Vereinsobmann besitzt die Qualifikationen, um für einen reibungsarmen Umbau zu sorgen.
Es gäbe noch Einiges zum TLMF zu sagen.