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Alois Schöpf
Marketing statt Politik
Apropos

Letzte Woche besuchte ich ein hoch gelobtes Kultur-Event, bei dem ich trotz teuerster Eintrittskarten für die Erledigung eines urmenschlichen Bedürfnisses vor der dafür vorgesehenen, an ein Zeltfest gemahnenden Bedürfnisanstalt die halbe Pause lang warten musste.

Dabei hatte ich Gelegenheit, das Gespräch zweier vor mir stehender ÖVPler zu belauschen, die offenbar in tiefer Sorge darüber sinnierten, was in ihre geschätzte Parteileitung im fernen Innsbruck gefahren sein müsse, wenn sie groß den Namen des vielen Tirolern noch vollkommen unbekannten Galtürer Bürgermeisters Anton Mattle und nur klein den Namen der altehrwürdigen bürgerlichen Partei ÖVP auf den Wahlzettel für die Landtagswahl aufdrucken ließ.

Da ich meine eigene Erklärung dafür von kundiger Seite überprüfen lassen wollte, schaltete ich mich ins Gespräch ein und tröstete die beiden, um sie aus der Reserve zu locken, mit der Bemerkung: Die relative Mehrheit mit 25 Prozent werde sich wohl knapp ausgehen!

Selten haben mich zwei Menschen entsetzter angeschaut! Bis sich der eine von ihnen gefasst hatte und erwiderte „Das glauben Sie wohl nicht im Ernst!“, waren wir endlich an der Reihe, Elementareres zu erledigen.

Weshalb ich ihm auch nicht antworten musste, dass ich mich von Parteien, die, statt konkrete Antworten auf unsere Probleme zu geben, auf Namen und Personenkult setzen, als Wähler nicht ernst genommen fühle.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 13.08.2022

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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