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Reinhard Kocznar
Wundersame Brotvermehrung 2.0
Ein Investormärchen

Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele? Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten; ebenso machte er es mit den Fischen.

Wir wissen, wie das ausgegangen ist – es wurden nicht nur alle satt, es blieb sogar ziemlich viel übrig. Bei der wundersamen Geldvermehrung sieht das anders aus. Manchmal bleibt nicht nur nichts übrig, es war von Anfang an gar nicht da.

Im Jahr 2023 wurden unerwartet die Arbeiten an einem Gebäude eingestellt, welches das höchste der Stadt und zugleich das dritthöchste des Landes hätte werden sollen. Der Rohbau war nicht einmal zur Hälfte gediehen und die Baufirma hatte schon 37 Millionen an unbezahlten Rechnungen offen. So weit, so schlecht. 

Die Regierung der betroffenen Stadt selbst war fein heraus, denn sie hatte sich das Recht ausbedungen, zurückzukaufen. Sollte sie das Geld dafür übrig haben, kommt der Vorteil zum Tragen, dass sie den Baugrund nicht an den Höchst-, sondern an den Billigstbieter verkauft hatte. Der Investor hatte ihn für 122 Millionen gekauft und zwei Mitbieter (131 sowie 135 Millionen) deutlich unterboten. 

Billigstbieterprinzip einmal neu gesehen. 

Das Problem, den tatsächlichen Eigentümer im verzweigten Firmengeflecht des Inverstors ausfindig zu machen, wird sich lösen lassen. Die forensischen Methoden werden ja immer besser.

Ein Jahr zuvor, 2022, hatte sich eine Bank bereit erklärt, ein Bankenkonsortium zusammenzustellen, das 750 Millionen an Krediten aufbringen sollte, sowie sogenannte Ankermieter zu bescheinigen. Man will ja von vorn herein wissen, was der Prunkbau dann abwirft. 

Die Baukosten waren inzwischen zwar wegen Vergrößerung des Projekts auf 950 Millionen gestiegen, aber der Investor versprach, die Differenz bereitzustellen. Es konnte losgehen.

Anfang 2023 stellte sich dann heraus, dass die führende Bank das Konsortium nicht zustande brachte, damit gab es auch die 750 Millionen nicht. Da es noch keinen Kreditvertrag gab, konnte sich die Bank diskret aus dem Staub machen, umgekehrt sah der Investor auch keinen Anlass, die geplatzte Finanzierung an die große Glocke zu hängen. Ohne verbindlich geschlossene Kreditverträge – so habe ich es gelesen – wäre der Grundstückskauf unter falschen Vorzeichen geschlossen worden. Einen Bau zu beginnen, ohne Geld zu haben, dazu kann sich jeder seinen Teil selbst denken.

Das Staunen und Mutmaßen begann –das Geld ist ausgegangen? Es war nie da gewesen, wie man nun feststellte.

Ein Stadtpolitiker ärgerte sich, dass man die Verträge nicht angesehen, sondern das der Bank überlassen hatte. Immerhin war die Stadt durch eine renommierte Anwaltskanzlei beraten worden. Besser beraten waren offensichtlich die Banken, oder sie hatten spät, aber nicht zu spät, den Braten gerochen.

Eine Voraussetzung war, dass potente Mieter vorhanden waren. Einige der Ankermieter hielten wohl dem zweiten Blick nicht stand.

Ein Startup hatte bereits 4.000 Quadratmeter gemietet – sozusagen ein Aufstieg von der Garage in den sechsten Stock des neuen Wahrzeichens. Die Zeiten, in denen Unternehmensgründungen, sobald man sie als Startup bezeichnete, Milliarden an Land zogen, waren aber schon vorbei.

Eine Bank aus dem Umfeld der Bauherrin hatte ihren alten Firmensitz um sagenhafte 220 Millionen an eine weitere Firma der Bauherrin verkauft und konnte gleich 13.000 Quadratmeter im Luftschloss mieten. Vielleicht hat man diesen Deal dann als Luftnummer eingestuft. Die Nachricht dazu stammt aus dem Dezember 2023.

Inzwischen sind die finanziellen Kreisverkehre in der Turmbauergruppe öffentlich im Gespräch.

Den letzten Millionentrick des großen Blenders beschrieb die Kronenzeitung, wie Darlehen innerhalb der Gruppe die Runde gehen, um zuletzt den Eindruck einer beträchtlichen Einzahlung darzustellen. Der Artikel ist amüsant zu lesen, auch die Faksimile der fertigen Formulare in A4 für Kredite um 33 Millionen zeigen, wie effizient und unbürokratisch Geld verliehen werden kann. Nur der Titel dürfte nicht stimmen. Ob es der letzte Trick war bleibt dahingestellt. Der finanzielle Kreisverkehr ist weder neu noch selten.

Ob Geld da ist oder ob es nur dargestellt wird, scheint keine Rolle zu spielen. So muss der Innsbrucker Flughafen, wie nun bekannt wurde, 100.000 Euro abschreiben. Es handelt sich um Landegebühren für den nicht zu knapp dimensionierten 30 Millionen Privatjet des Turmbauers.

Vor einigen Jahren musste ich für einen Kunden intervenieren, der einen schlechten Eintrag in den Listen der Kreditschützer hatte. Ein Baustoffhändler hatte € 400 Vorkasse für eine Ladung Schotter verlangt. Die Sache ließ sich lösen, der Eintrag war überholt. Für den umsichtigen Lieferanten hatten aber alle Verständnis.

Wie der Flughafen 100.000 bei einem Kunden auflaufen lassen kann, der mit Konkursen in aller Munde ist, das ist nicht nachvollziehbar. Spätestens nach der ersten offenen Rechnung hätte man Vorkasse machen müssen. Stattdessen hat man den Shopping-Trip nach Barcelona im Jänner praktisch noch subventioniert.

Ich habe etliche Flughäfen gefunden, welche die Maschinen der säumigen Zahler einfach groundeten und, wenn das nicht half, beschlagnahmten. Niemand braucht Kunden, die nicht bezahlen.

In der deutschen Presse wurde man von Anfang an nicht müde, den Schulabbrecher herauszustellen. Das geht an der Sache aber weit vorbei. Erfolgreiche Schulabbrecher gibt es überall. Eher stellt sich die Frage, was die hochqualifizierten Fachleute wert waren, die beispielsweise im Fall des Kurzen Olaf im Norden an der Prüfung der Sache beteiligt waren. 

Deren Zahl dürfte in die Hunderte gehen. Eine renommierte Kanzlei hatte die Stadtpolitik beraten? Ehrenwerte Männer (und Frauen, natürlich), aber ehrenwert sind sie alle!

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Reinhard Kocznar

Reinhard Kocznar ist Versicherungsmakler und lebt in Birgitz. Seit 30 Jahren selbständig, während 25 Jahren zweiter Beruf als Leiter eines Softwareentwicklungsteams und Systemadministrator. Als Schriftsteller hat er bisher 7 Bücher veröffentlicht, Krimis, Thriller, Erzählungen und Essays. Literarisch betreibt ein den Online-Buchshop: Hardboiled Krimis. Leidenschaftlicher Fotograf, Sportschütze und Motorradfahrer.

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