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Walter Plasil
Vom Umgang mit Straßennamen
Notizen

Neben den althergebrachten Flurnamen ehren wir verstorbene Menschen, indem wir Straßen, Wege und Plätze nach ihnen benennen. Wir gehen dabei davon aus, dass es sich bei den Namensgebern um Menschen handelt, die für die jeweilige Kommune oder Gegend besondere Leistungen erbracht haben.

Auch Verfechter von humanistischen Ideen oder Schöpfer von Bau- oder Kunstwerken können so in Erinnerung behalten werden. Eine Straße nach jemandem zu benennen ist ein Weg, Gedenkkultur zu leben. Im Fall der Straßennamen legen wir aber Wert darauf, dass die Geehrten auch einen Bezug zum jeweiligen Ort aufweisen.

Da nichts im Hinblick auf die dahinfließenden Jahre ewig besteht, müssen wir die Bezeichnungen von Zeit zu Zeit auf Stimmigkeit überprüfen. Persönlichkeiten, die etwa vor hundert oder gar vor zweihundert Jahren durch die Benennung einer Straße geehrt wurden, kommen uns heute gar nicht mehr so ehrenswert vor. Und ich halte es für höchst bedauerlich, dass nicht längst manche dieser Geehrten ins Archiv der Geschichte der Straßennamen befördert wurden.

Andererseits wissen wir von vielen Menschen aus unserer Region, die ihr Leben im Kampf für Demokratie und Freiheit verloren haben. Die wären würdig, dass eine Straße nach ihnen benannt wird.

Straße für Straße, Weg für Weg, Platz für Platz sollten wir so durchackern. Und uns dabei immer wieder dieselbe Frage stellen: Was hat diese namensgebende Persönlichkeit für die Menschen unserer Region getan, um dermaßen geehrt zu werden?

Das Ergebnis kann nur sein, dass – wie das Beispiel Innsbruck zeigt – eine Modernisierung in mehreren Bereichen ansteht. Beginnen sollte man dabei mit der Liste der Uniformträger. Da ist dringend eine De-Militarisierung angebracht.

Was ist das Vorbildhafte, das es an den beiden Straßennamen zu ehren gibt, die mit General beginnen? Wer Lust hat, die Biografien der Namensgeber zu studieren, wird eher ratlos zurückbleiben.

Als nächster Schritt wäre die Vornahme einer Ent-Monarchiesierung angesagt: Warum ehren wir heutzutage einen Erzherzog, einen Prinzen und einen König? Und zusätzlich gleich drei Herzöge und auch noch vier Kaiser?

Zur Erinnerung: Die Monarchie, die über Jahrhunderte das Volk ausgeplündert hat, ist nach langen Kämpfen endlich abgeschafft! Viele Demokraten verloren dabei ihr Leben! Und die immer noch aktiven Kaiserjäger sollen sich eher der Jagd nach Wolf und Bär widmen als in musealen Uniformen vor den Nachkommen der Habsburger stramm zu stehen.

Also schlage ich vor, dass damit begonnen wird, Straßen und Plätze umzubenennen. Schritt für Schritt raus aus den glorifizierten Scheinwelten der Vergangenheit. Man könnte sich zum Beispiel vornehmen, pro Jahr drei Namen neu zu vergeben. Jedes Jahr!

Außerdem schlage ich die Einführung eines neuen Prinzips bei der Namensvergabe vor: Bis zum Zeitpunkt, zu dem ein Gleichstand von honorigen Frauen und Männern bei den Straßennamen hergestellt ist, werden solche bevorzugt nur mehr an Frauen vergeben. (Beispiel Wien-Seestadt: Dort werden alle Straßen nur nach Frauen benannt!)

Schließlich wäre unnötiger Ballast abzuwerfen. Bei allen Straßennamen können die Vornamen und vor allem die Titel entfallen. Ingenieur und Professor (je 3x) Doktor (9x, in einem Fall sogar Dr. Dr.) Auf die religiösen Titel wie Bischof, Pater und Pfarrer (je 1x) muss unbedingt verzichtet werden.

Vermutlich gibt es in jeder Tiroler Gemeinde ähnliche Fälle, die einer Diskussion würdig sind.

Dass auch in Wien nicht alles zum Besten steht, was die Gedenkkultur angeht, obwohl man sich im Vergleich zu Innsbruck darum sehr bemüht, können wir einem aktuellen ORF-Bericht entnehmen.

Die drei Wiener Raimund Titsch, Julius Madritsch und Oswald Bouska haben während der NS-Zeit in Polen knapp 800 jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter vor Deportation und Tod bewahrt. In Israel werden sie dafür seit 60 Jahren als Gerechte unter den Völkern geehrt, in Wien hingegen erinnert bis heute nichts an sie. 

Versuche, die öffentliche Gedenkkultur hier in Gang zu bringen, scheiterten bisher an unterschiedlichen Vorstellungen von angemessenem Erinnern, wie Andreas Novak, Dokumentarfilmer und ehemaliger Leiter der ORF-Doku-Reihe Menschen & Mächte, in einem Gastbeitrag schreibt.

Aber von solchen Diskussionen ist man in Tirol noch weit entfernt. Innsbruck verbietet sogar die Verlegung von Stolpersteinen, mit denen an Opfer der Nazi-Diktatur erinnert wird. Anscheinend erinnert man sich lieber an Generale und Herzöge.


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Walter Plasil

Walter Plasil, Jahrgang 1946, geboren in München, aufgewachsen in Wien, seit 1971 in Innsbruck. Führte viele Jahre das INGENIEURBÜRO WALTER PLASIL für Technische Gebäudeausrüstung und Energieplanung und war als Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger tätig. Walter Plasil: „Ich war immer ein Vielschreiber und habe nun, nachdem meine bisherige Tätigkeit dem Ende zugeht, Zeit und Lust dazu, auch zu veröffentlichen. Mein neuer Beruf daher: „Literat.“

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Otto Riedling

    Hallo! Bitte nicht herumräsonieren, sondern einen entsprechenden Änderungsplan ausarbeiten und den zuständigen Personen – StR Uschi Schwarzl (Ursula.schwarzl@magibk.at) und Ausschußvorsitzender GR Irene Heisz (Irene.Heisz@magibk.at) – zukommen lassen.

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