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Günther Hye
Der Bundesrat und die Parteien
Notizen

Unlängst wurde der Bundesrat wieder einmal dafür kritisiert, dass er mit seinen Entscheidungen die Länder düpiere. Diese Kritik ist nicht neu. 

Tatsächlich ist die Länderkammer zahnlos, weil sich die vom Tiroler Landtag gewählten Bundesräte als Anhängsel der jeweiligen Nationalratsklubs von SPÖ, ÖVP und FPÖ betrachten und daher immer im Sinne der Fraktionsdisziplin entscheiden, statt die Interessen Tirols im Rahmen der Bundesgesetzgebung wahrzunehmen. 

Obwohl das gar nicht so schwierig wäre. Man müsste sich nur an die Stellungnahmen der Landesregierung im Begutachtungsverfahren halten.

Bei aller Kritik vermag ich aber dem Vorschlag, den Bundesrat entweder abzuschaffen oder durch die Landeshauptleute-Konferenz zu ersetzen, nichts abzugewinnen. 

Gegen die Abschaffung spricht das bundesstaatliche Prinzip, wonach die Beteiligung der Länder an der Bundesgesetzgebung unabdingbar ist. Gegen die LH-Konferenz spricht, dass die Landeshauptleute Organe der Vollziehung sind und der Bundesrat der Gesetzgebung zugeordnet ist, was der Gewaltenteilung widersprechen würde. 

Außerdem wäre für beide Ideen eine Änderung der Bundesverfassung notwendig, die unter den gegebenen Mehrheitsverhältnissen äußerst unwahrscheinlich ist.

Ein forscheres Agieren im Sinne der Landesinteressen könnte schon einfach dadurch bewirkt werden, dass die Parteien nur mehr aktive Landtagsabgeordnete in den Bundesrat entsenden. Anders als jetzt hätte ein abweichendes Stimmverhalten unmittelbare Folgen. Die Bundesräte müssten im Landtag Rede und Antwort stehen, warum sie in Wien gegen die Interessen Tirols gestimmt haben. 

Ich räume ein, dass auch dieser Vorschlag eher theoretisch ist, da die Parteien auf die Verteilung von zusätzlichen Mandaten nicht freiwillig verzichten werden. Der Bundesrat wird nämlich sehr gerne als Verschiebebahnhof für abgehalfterte Politiker genützt. Oder um Funktionäre mit lukrativen Jobs zu versorgen. Oder um ein parteiinternes Gleichgewicht (Bezirke, Frauen, Pensionisten, Gewerkschaft etc.) herzustellen.


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Günther Hye

geb. 26.12.1956 in Innsbruck, Jurist, VS in Innsbruck-Amras; BRG Lienz; Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck, Gerichtspraxis, Versicherungsjurist, Rechtsanwaltsanwärter, von 1991 bis 2021 Klubdirektor des SPÖ Landtagsklubs, seit 1.1.2022 in Pension.

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