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Elias Schneitter
Schiffskatastrophe vor Griechenland
Caféhaus-Dialog

In einem Wiener Vorstadtbeisel.
Mehrere Gäste, vereinzelt an Tischen sitzend.

Frau: …de Schiffskatastrophe in Griechenland, scho a Wohnsinn…
Mann1: … a poor hundert Tote , dersoffn.
Frau: Und viele Kinder und Jugendliche unter den Opfern. Viele san gonz allan unterwegs gwesn.
Mann2: … des tua i sowieso ned vastehn. Wia kann i ois Elternteil meine Kinder auf so a Schiff bringa?
Frau: Des is die pure Vazweiflung.
Mann2: Wos hasd do Vazweiflung, de Schlepper san do ois Kriminelle, denen tua i do ned meine Kinder geben.
Frau: Die hoffen halt auf a besseres Leben.
Mann1: Ja, fir die Schlepper, aber sunst für gor niamand.
Mann2: I was ned, wos de do drunten glauben… de manen sie kummen bei uns ins Paradies…
Mann1: Jetz sans eh durt.
Frau: Trottel. Du hosd ka Gfüh.
Mann1: Wos hasd ka Gfüh? Des gonze is doch sinnlos. Wos solln de bei uns do tuan?
Mann2: Do tuat der Heinzi schu recht hobn. Des san jo ois Analphabeten, de ned lesen und schreim kenna. Wos wüsd mit denen da bei uns?
Frau: Ned olle. Und helfn muas man denen scho…
Mann1: Sicher san des arme Hund, aber bei uns is hoid ka Plotz für de halbe Wöd.
Mann2: I tatat de gonzn Schiffln abfongen und wieder durthin bringen, wos herkumma. Dann hört sich des schu auf mit die kriminellen Schlepper.
Frau: Noch kummans hoid vu woanders her.
Mann1: Jo eh. Drum muas ma do a zuamochn.
Mann2: Do unten, die miasn se söwa höfn und ned afoch davonlaffen. Wos hätten do unsere Oiden nach dem Kriag mochn soin. Davorenna?
Frau: Des war wos onders.
Mann1: Imma is des was onders. Gor nix wor des onders. Du muasd de söwa ausm Dreck ziagn.
Frau: Des ane Schiffl, des mit die Millionäre vu der Titanic, da homs ois gmocht, um de zun retten.
Mann1: Hod ower a nix gnutzt.
Frau: Die Wöd is ungerecht, was wü ma mochn.
Mann1: Nix konnst mochn. Des is aso und werd imma so bleim.
Mann2: So is und ned onders. De soidn unten bleim und ned zu uns kemma, weils glam, bei uns is des Paradies.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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