Walter Plasil
Die Pensionen und die Märchen dazu
Essay

Die staatlichen Zuschüsse steigen und steigen. Bald können wir uns das nicht mehr leisten. Junge Menschen rechnen damit, dass sie im Alter gar keine Pension erhalten werden. Oder nur eine ganz kleine. Und immer weniger Junge können nicht immer mehr Alte versorgen! Da muss dringend etwas geschehen!

Das hört und liest man vermehrt in Zeiten, in denen das staatliche Budget diskutiert wird. Und nahezu wortgleich wird seit Jahrzehnten derselbe Text verbreitet. Da hilft nur eines: ein Faktencheck. Versuchen wir im Schnellverfahren einen groben Überblick zu bekommen.


Was ist da los bei den Pensionen?

Zunächst zu den Beamten. Sie zahlen ja individuell keine Pensionsbeiträge ein. Hier trifft die Pensionsvorsorge den Staat. Die auszuzahlenden Pensionen finden sich zu 100 % im Staatshaushalt wieder.

Die Kosten dafür betragen etwa die Hälfte aller staatlichen Pensionsaufwendungen. Sie werden von Kritikern des Pensionssystems gerne so dargestellt, als handele es sich um Zuschüsse zu den Pensionskosten. Sie sollen dadurch als überbordend und disponibel dargestellt werden.

Der staatliche Aufwand für die Pensionen aller anderen besteht allerdings tatsächlich aus Zuschüssen, mit denen die Pensionen für alle Arbeitnehmer, etwa für Landwirte und sogar für Selbständige, angehoben werden.


Zahlen und Vergleiche

Eine sinnvolle Basis für die Betrachtung von Budget und Ausgaben stellt das sogenannte Brutto-Inlandsprodukt (BIP) eines Landes dar. Es umfasst die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum (pro Jahr). Und diese Leistung stieg in der Vergangenheit und steigt weiter an.

Im Vergleich zum BIP betragen die Kosten für die Beamtenpensionen (inkl. solcher aus ausgegliederten Bereichen und für Witwen der früheren Post AG) 2,95 %. Diese Kosten weisen seit Jahren sinkende Tendenz auf. Das Pensionssystem wird nämlich zunehmend auf das ASVG-Modell umgebaut.

Die Kosten für den Zuschuss des Rests aller anderen Pensionisten betragen 3,09 % des BIP.

Also werden in Summe 6,04 % der gesamten Wirtschaftsleistung für Beamtenpensionen und den Zuschuss für alle übrigen Pensionen aufgewendet. Bis zum Jahr 2027 wird (Prognose lt. Report der EU-Kommission) der Wert auf 6,73 % ansteigen. Ob dies dann den Staatshaushalt sprengen wird, sei dahingestellt.

Der staatliche Zuschuss für alle Pensionen der Arbeiter und Angestellten beträgt derzeit 13,3 % bezogen auf die jeweilige Pensionshöhe. Der Prozentwert ist bereits seit Jahren sinkend. (Prognose bis 2070: Es ist nur mit einem Plus von 0,5 % zu rechnen. Also sind keine relevanten Veränderungen dieses Prozentsatzes in den nächsten 47 Jahren zu erwarten!)

Die große Zahl der Arbeitnehmer finanziert sich demnach weiterhin die Pension selbst. Durch das Umlageverfahren finanzieren die Aktiven mit dem Dienstgeber- und Dienstnehmeranteil 86,7 % der aktuell ausgezahlten Pensionen über den Weg der Beiträge zur Pensionsversicherung. Das Inkasso erfolgt über die Lohn- und Gehaltsanteile im Rahmen der Sozialversicherung.

Auch Pensionisten, die bereits ihre Pension beziehen, aber weiterarbeiten, zahlen von ihren laufenden Einkünften Pensionsbeiträge.

Betrachtet man allerdings die drei Gruppen von Pensionisten, dann zeigt sich, dass der staatliche Zuschuss für die Pension der Arbeitnehmer 13,8 %, jener für die Selbständigen-Pension aber satte 45 % beträgt. Noch höher ist der staatliche Zuschuss für die Pensionen der Landwirte, nämlich 77 %.

Dies soll keine Neiddebatte anheizen, aber es stellt sich schon die Frage, ob das so bleiben soll. Selbständige und Landwirte sind hier auf Tauchstation! Jedenfalls ist es so, dass Selbständige zu den lautesten Rufern gehören, die eine künftige Unfinanzierbarkeit der Pensionszuschüsse herbeireden! Irgendwie logisch: Denn für die Pension ihrer eigenen Pensionisten bekommen sie vom Staat etwa die Hälfte bezuschusst!

Und die Unkenrufe, dass das Pensionssystem nicht mehr zu finanzieren sei, stammen oft auch von Leuten, die persönlich gar nicht auf eine Pension angewiesen sind.

Zu dieser Gruppe gesellen sich auch gern die misanthropisch angehauchten Propheten, die den baldigen Weltuntergang prophezeien. Aber der Komet, der uns alle vernichten wird, ob man nun Pensionist, Sozialschmarotzer, Ausländer oder Ungläubiger ist, lässt sich hoffentlich noch Zeit, um auf der Erde einzuschlagen.


Was ist noch zu bedenken?

Es wird oft vergessen, dass die Pensionisten für ihre Pension auch Einkommensteuer bezahlen, sofern sie über der Freigrenze liegen. Außerdem sind Pensionisten ja auch Konsumenten und zahlen Mehrwertsteuer für ihren Konsum und auch sonstige Gebühren, wie sie auch Nichtpensionisten zahlen. Über diesen Weg fließen etwa 45 % der Pensionsgelder wieder an den Staat zurück.

Es wird auch oft verlangt, dass man die Alterssicherung besser über eine private Pensionsversicherung organisieren sollte. Dazu liegen Erfahrungen und Zahlen aus dem Ausland vor.

In Ungarn hat man das zum Beispiel gemacht. Die Verwaltungskosten betrugen beim vorherigen staatlichen Modell 2,0 %, bei der privaten Versicherung hingegen 14,5 %. Zusätzlich verschlechterte sich das Ausmaß an Sicherheit der Pensionen gravierend, da nun der private Markt entscheidet, wie es darum steht.

Auch die bei uns oft zitierten sogenannten 2. oder gar 3. Säulen in Form von zusätzlichen privaten Versicherungen werden immer beworben. Die Bezahlung dieser Beiträge muss man sich allerdings erst einmal leisten können. Wer hat da noch Geld übrig dafür? Zumal der Wert dieser privaten Versicherungsfonds gewaltig schwankt. Soll man wirklich die existentiell notwendige Altersvorsorge in die Hände eines undurchschaubaren Fonds legen?

Ja, vielleicht braucht es die eine oder andere Korrektur. Vermutlich reicht es schon, wenn man das Längerarbeiten attraktiver macht, wobei zu bedenken ist, dass das nur für Menschen gilt, denen das körperlich überhaupt möglich ist. Auch Modelle für ein langsames Ausgleiten bis zum Pensionsantritt in Form von Stundenreduktionen sollten besser organisierbar werden.

Aber im Großen und Ganzen ist das österreichische Pensionssystem gesund und zukunftsfit. Die Sicherheit eines Pensionssystems ist ein wesentlicher Teil der Existenz einer friedlichen, stabilen Gesellschaft, in der sich die Menschen geborgen fühlen können.


Fazit für Pensionisten

Keine Panik verbreiten und die Zahlen checken, die Prognosen im Auge behalten und das Alter genießen, so gut es eben geht.

Wer eine Pension bezieht, die fürs Leben nicht reicht, weil die individuelle Biografie ergeben hat, dass man zu  wenig eingezahlt hat, für den besteht die Möglichkeit zum bezuschussten Aufstocken. Dafür gibt es etwa die Ausgleichszulage. Einen fixen Wert für eine Mindestpension gibt es in Österreich nicht.

Viele detaillierte Aspekte des Pensionswesens sind einer näheren Betrachtung wert. Dazu nur so viel: Das Thema der Altersarmut von Menschen, die viel zu geringe Pensionsbeiträge eingezahlt haben, wird uns die nächsten Jahre noch beschäftigen.

Aber wer zu denen gehört, die auch ohne staatliche Pension gut leben können oder könnten, der sollte sich darüber freuen und den anderen ihre Alterssicherung gönnen. Wer hingegen zu denen gehört, die behaupten, dass eine Finanzkatastrophe droht, wenn man den Pensionsantrittszeitpunkt nicht ganz schnell erhöht und die staatlichen Pensionszuschüsse kürzt, outet sich als Märchenerzähler.

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Walter Plasil

Walter Plasil, Jahrgang 1946, geboren in München, aufgewachsen in Wien, seit 1971 in Innsbruck. Führte viele Jahre das INGENIEURBÜRO WALTER PLASIL für Technische Gebäudeausrüstung und Energieplanung und war als Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger tätig. Walter Plasil: „Ich war immer ein Vielschreiber und habe nun, nachdem meine bisherige Tätigkeit dem Ende zugeht, Zeit und Lust dazu, auch zu veröffentlichen. Mein neuer Beruf daher: „Literat.“

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. c. h. huber

    endlich mal ein beruhigender, auf fakten basierender kommentar zum sonstigen gejammere über die unbezahlbarkeit und abschaffung der staatlichen pension. was allerdings schon seit meiner jugend von manchen politischen parteien gepredigt wurde und zum glück nie eingetreten ist.

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