Reinhard Kocznar
Virtuelle Staaten von Europa
Notizen zur EU-Wahl
Vereinigte Staaten von Europa wünscht sich die Partei der innenstädtischen Bobo-Szene. Das Vorbild sind vermutlich die Vereinigten Staaten von Amerika. Das ließe sich aus den Bewohnern der Innenstädte problemlos kreieren, dann wären Gleichgesinnte unter sich.
Städtische Balkonier müssten nicht mehr denen am Land erklären, wie ein Garten auszusehen hat, Wölfe und Bären würden für Ordnung draußen sorgen. Lästigen afrikanischen Staatschefs könnte entgegengekommen werden, wenn sie wieder 80.000 Elefanten anbieten, die artgerecht zu halten sind. Wie das geht, wissen die Aufgeklärten und Woken besser als die Afrikaner.
Das Problem ist nur der Rest, den man irgendwie loswerden müsste. Im Gegensatz zu den einheitlichen Bobos haben die Völker ihre Eigenarten. Lange genug hat man ihnen erklärt, welche ihrer Gebräuche und Eigenschaften nicht mehr zeitgemäß sind. Damit wäre dann Schluss.
Die Lösung ist nahe, wenn man die Entstehung der USA zum Vorbild nimmt. Damals landeten Europäer am neuen Kontinent und setzten sich fest. Unter den Spaniern, Holländern und Franzosen gewannen diejenigen die Oberhand, die immer Britannien sagen, wenn England gemeint ist – or was it the other way around? Sie eliminierten erst die Konkurrenten und danach die einheimische Bevölkerung.
Der Kontinent war dünn besiedelt, der Expansion stand nichts entgegen. Ein einheitliches Staatswesen entstand, gesprochen wurde Englisch. Selbstbewusstsein und Macht ermöglichten bald die Monroe-Doktrin, mit der europäische Einmischung am Doppelkontinent abgeschafft wurde. Eben noch englische Kolonie leistete man sich schon die erste eigene Kolonie, die Philippinen.
Das Rezept ist also vorhanden. Dem Paradies der totalen Einheit steht nichts entgegen. Für die bevorstehenden EU-Wahlen muss aber doch ein wenig Werbung gemacht werden, um noch einige schlecht Informierte heranzuziehen.
Schutz vor Trump wird da beispielsweise geboten. Der war gut, ist man versucht zu sagen. Schutz wovor?
Trump ist Republikaner, und die waren immer schon Isolationisten. Sie wollen nicht auf der ganzen Planetin mitreden, und Trump ist seinerzeit konsequent aus Konflikten herausgegangen. Er hat mit den Europäern in der NATO wenig Freude, müsste also vielen aus der Seele reden. Ohne uns, meint er! Warum brauchen wir dann Schutz vor ihm?
Schutz brauchen die außerhalb der Bobo-Szene vor einer überbordenden Brüsseler Bürokratie, deren einziger Output Regulierungen und Verbote sind. Innovationen, die sich außerhalb Europas verkaufen ließen, gibt es nicht, stattdessen schreibt Brüssel anderen mit Lieferkettengesetzen vor, was dort zu geschehen hat. Kann denn Postkolonialismus Sünde sein? In diese Kategorie fallen auch die 20 Millionen für Radwege in Peru.
Gar nicht wenigen scheint das nicht mehr zu gefallen.
Bei einer Online-Umfrage der Kronenzeitung anlässlich 30 Jahre Volksabstimmung gaben 71% übrigens an, dass das Ja zum Beitritt ein Fehler gewesen sei. Die dem Volk versprochene Wirtschaftsgemeinschaft wäre hingegen heute noch unbestritten.
Käme Churchill noch einmal auf die Erde, er würde nach Brüssel gehen und wie weiland Jesus die Händler aus dem Tempel jagen. In seiner berühmten Rede in Zürich empfahl er nicht, baut es oder etwas in dieser Art. Er meinte vielmehr: lasst es entstehen!
Therefore I say to you: let Europe arise!
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