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Reinhard Kocznar
Hätte ich das nur früher gewusst…
Notizen

Ich habe das damals als richtig erachtet…, gesteht der Angeklagte reumütig. Er zeigt sich vor Gericht reumütig und geläutert.

Reuig kommt in dem Artikel oft vor. Deshalb folgt die Liste seiner Aktivitäten erst nach der ausführlichen Einleitung. Im Vorbeifahren auf dem E-Scooter Passanten treten passierte en passant, Bedrohen mit der Schreckschusspistole auch, völlig Fremde verprügeln ging schon gezielter.

Einen schlafenden Obdachlosen mit der Stange zu prügeln, mehr als 20 Mal, da hatte er einen Assistenten dabei, Komplize klingt unsensibel. Gib ihm auf den Kopf riet der Assi, der mit dem Handy filmte.

Weiß der Mensch um das Warum, dann erträgt er jedes Wie, sagte Nietzsche. Deshalb fragte der Herr Rat: Warum. Er hatte vor einigen Jahren bei einem Terrorattentat einen Freund verloren. Verstehe, tut mir leid. Es sei unmenschlich, was er getan hatte, bekannte der Geläuterte vor Gericht, angesichts der vollen Härte des Gesetzes.

Eine Vielzahl unmotivierter Gewalttaten, meinte der Richter. Das Motiv zu kennen würde auch dem Be- oder Getroffenen sehr helfen. Wie auch immer, es gab fünf Jahre Haft, davon eineinhalb unbedingt. Die sitzt aber niemand ab. Haft ist nicht der richtige Weg, um Sie zukünftig von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten, zitiert der Artikel den Richter.

Das ist nett. Begehung strafbarer Handlungen, die (zudem unmotiviert) Geprügelten und damit Verletzten lassen wir großzügig außer Betracht. Es erinnert an die Delikte gegen die Sittlichkeit, als die man Vergewaltigung lange bezeichnete.

Schwamm drüber, geschehen ist geschehen, blicken wir nach vorn. Prävention wird das verhindern, besser gesagt, solche unmenschlichen Taten durch einen vorab gebrieften Täter nicht mehr notwendig machen. Die Einteilung der Prävention in Primär- und Sekundärprävention habe ich immer lustig gefunden und ich dachte: Wo bleibt die Postprävention? Jetzt ist sie da.

Distanz ist professionell. Sie ermöglicht auch Leuten, die sich gerne einmal als Satiriker versuchen wollen, Satiren über die wachsende Kriminalität zu verfassen. Der mit der Stange auf den Kopf Geprügelte kann längst wieder feste Nahrung zu sich nehmen und würde dann ebenfalls schmunzeln.

Expert:innen wissen auch, dass mit der notwendigen Distanz gesehen werden muss. Die Wiener Jugendanwältin Monika Pinderits erkannte, dass die Tat verurteilt gehört, nicht der Täter. Anlass war eine geprügelte 15-jährige, die im Spital landete, Täter waren andere Jugendliche. 

Im Moment fehlen also noch die Expert:innen, welche die Tat aus dem Täter extrahieren. Letzterer kann dann im Verhandlungsraum unter den Zuschauern sitzen und zusehen, wie die Tat verurteilt wird.

Mittlerweile gibt es in Österreich 17.000 Mitarbeiter im Bewachungsgewerbe, 2014 waren es noch 14.000. Mit dem verstärkten Sicherheitsbedürfnis…na sowas? Es zeigt sich eine etwas gestiegene Konfliktbereitschaft einzelner Personen, lese ich. Der Euphemismus des Jahres!

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Reinhard Kocznar

Reinhard Kocznar ist Versicherungsmakler und lebt in Birgitz. Seit 30 Jahren selbständig, während 25 Jahren zweiter Beruf als Leiter eines Softwareentwicklungsteams und Systemadministrator. Als Schriftsteller hat er bisher 7 Bücher veröffentlicht, Krimis, Thriller, Erzählungen und Essays. Literarisch betreibt ein den Online-Buchshop: Hardboiled Krimis. Leidenschaftlicher Fotograf, Sportschütze und Motorradfahrer.

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