Regina Hilber
Lektüre, Bindung und Leerstellen
Über das Heranwachsen, Provinz und Lektüre
Oder:
Wie man sich binden kann.

Lektüre, Bindung und Leerstellen

Eines der wenigen Bücher, die ich kürzlich käuflich erworben habe, nicht selbst gekauft, denn seit vielen Jahren kaufe ich keine Bücher, vor allem, weil ich mich nicht weiter an das Gegenständliche eines Buches binden möchte, sie also nicht in meinem Zuhause um mich haben möchte, ist Chris Kraus´(1) I LOVE DICK.(2)

Ein Schriftstellerkollege hatte es mir von seinem Besuch in einer Buchhandlung mitgebracht in der Annahme, er würde mir damit einen Weg ersparen, nachdem ich mein Interesse an dieser Publikation kundgetan hatte. 

Im Schnitt lese ich im Jahr sechzig bis achtzig Bücher. Platzmangel, Pflegeunlust, aber auch ökonomische Überlegungen haben mich vor langer Zeit zur Entscheidung getrieben, Bücher nicht zu kaufen und zu sammeln, sondern sämtliche Schriftwerke aus Bibliotheken zu entlehnen oder von Kollegen auszuleihen, sollte eine Wahllektüre in der Bibliothek nicht erhältlich sein. 

Diese Entscheidung und die damit verbundenen Vorteile haben sich als enorm befreiend erwiesen. Wegen eines Zufalls wurde ich also schlagartig auf ganz andere Weise als üblich an dieses Buchexemplar gebunden. 

Da lag es nun das grasgrün eingebundene Buch mit dem schlichtesten Cover seit langem, das über die Büchertische dieser Literaturwelt fegte. Fegte, denn das Buch wurde heuer in den Feuilletons rauf und runter besprochen und ergo auch verkauft, obwohl es bereits 1997 in der englischsprachigen Originalausgabe in Los Angeles erschienen war und erst 2017 in deutscher Sprache publiziert wurde. 

Das feministische Werk kommt mit zwanzigjähriger Verspätung über den Ozean.
Außer den Autorennamen ziert das Cover nur den Titel in unprätentiöser Blockschrift, wobei das I und das DICK Weiß gehalten sind und das LOVE dazwischen rosa. 

Dieses genial einfache Cover hatte mich sofort angefixt. Unter dem grasgrünen Schutzumschlag präsentiert sich das Buch in kräftigem Pink und lässt keinen Zweifel offen, dass dieses Werk auch optisch als feministisches Lehrstück wahrgenommen werden darf. Die Werbestrategie fand an mir ein bereitwilliges Opfer.


Kalifornische Provinz, Crestline und Antelope Valley

Provinz die Erste. Das Unheil nimmt seinen Anfang in einer Sushi-Bar in Pasadena und manifestiert sich in der Wüste des Antelope Valley jenseits der San Bernardino Mountains. 

Hauptschauplätze sind die Provinzorte Crestline (Kalifornien) und Thurmann im Upstate New York. Los Angeles liegt nicht sehr weit entfernt von Crestline, wird aber wohltuend ausgespart in der Topografie.

Die Protagonisten Chris (die Autorin Chris Kraus selbst), ihr Ehemann Sylvère (Sylvère Lotringer) und Dick(3) werden Teil von Chris´ Obsession. Sie meint in Dicks Verhalten an jenem Abend in der Sushi-Bar in Pasadena ein Flirten herauszulesen samt seiner Bereitschaft mit ihr zu schlafen, was sich beides bald als fatales Fehlurteil herausstellen wird.

Als Bekenntnisliteratur der einsamen Mädchen bezeichnete Chris Kraus ihr Buch bei Erscheinen, eine Collage aus Tagebuch (in Form von Briefen an Dick, die vorerst nicht abgeschickt werden), Fiktion und Essay. 

Jeder Brief ist ein Liebesbrief, schreibt die Autorin, benennt so zugleich den zweiten Teil ihres Buches. Es klingt wie eine Antwort oder Fortsetzung, dieses Pendant, notiert von Michel Houellebecq im Buch Volksfeinde(4): Jeder Brief ist ein Brief an sich selbst.

Die Protagonistin Chris rennt sowohl ihrer Obsession Dick, als auch ihrem Destruktivismus im wahrsten Sinne des Wortes hinterher. Mehrere Jahre dauert Chris´ Odyssee. Loslassen ist keine Option für sie und so findet die unheilsame Geschichte ein ernüchterndes Ende mit Dicks Worten: […] Ich kann lediglich sagen, dass es mir nach wie vor im Grunde vollkommen unbegreiflich ist, dass ich nach lediglich zwei zwar angenehmen, jedoch nicht sonderlich intimen oder gar bemerkenswerten Zusammenkünften, die sich zudem im zeitlichen Abstand mehrerer Jahre ereigneten, zum Objekt einer dermaßen obsessiven Aufmerksamkeit werden konnte […](5)

Nicht nur, dass die Hauptprotagonistin hinter Dick herhechelt mit all der schmerzlichen Selbstentblößung, die es dabei braucht, Chris´ und Dicks Wahrnehmungs- und Kommunikationskanäle führen ein paralleles Dasein. 

Wenn zwei Geraden konsequent parallel verlaufen, wird das gewünschte Aufeinandertreffen ausbleiben. Als Stalking kann dieses Auseinanderklaffen betitelt werden und Dick wird diesen Fachterminus auch gebrauchen. 

Für diese literarisch aufgearbeitete Zerreißprobe mit der einhergehenden Emanzipation der Hauptprotagonistin möchte man die Autorin umarmen, sie beglückwünschen für diese einfache, aber wie an diesem Exempel unschwer zu erkennen ist, oftmals schwer zu erringende Erkenntnis, dass Schwingung und Resonanz manchmal ein Eigenleben führen und eine Vereinigung unmöglich bleibt. 

Weniger geduldige Dicks würden heute Chris´ Avancen und Obsessionen mit einer Anzeige wegen Stalkings quittieren.


Meine Beziehung zu Chris Kraus und wie ich I LOVE DICK optimieren möchte.

Darf man eine Intention wie diese pflegen? In I LOVE DICK ist das Ich der Autorin sehr schwer vom Ich der Protagonistin zu trennen. Die Schriftstellerin selbst sorgt dafür, die Strategie ist Programm. 

In zahlreichen Interviews spricht sie ganz offen über die Authentizität ihres Buches. Es ist ein Wechselspiel aus Faktizität, Literarizität und Fiktion, wobei das Ich (wem immer es gehören mag – in diesem Kontext spielt es keine Rolle) wie ein Leuchtturm aus der Textlandschaft ragt. 

Bereits nach wenigen Seiten der Lektüre verspürte ich einen Drang, nein, keine Lust, sondern tatsächlich einen Drang, die teils gravierenden Schwachstellen des Buches (unerträglich: Namedropping und avancierte erkenntnistheoretische Beispielsätze) nach meinen persönlichen und literaturkritischen Maßstäben umschreiben zu müssen. Ein Aufbäumen feministischer Posen, Possen, Positionen, Gegenbewegungen zum Abgebildeten.

Chris Kraus hat mit ihrer Publikation I LOVE DICK das geschafft, was nur sehr wenige Autorinnen oder Autoren in mir evoziert haben: bedingungslose Bejahung gepaart mit tiefer Dankbarkeit, durchbrochen von synchron verlaufenden gellenden Aufschreien und das darauffolgende Verlangen in ihren Text eingreifen zu wollen, die wenigen aber mir unerträglichen Passagen in Stücke zu reißen, mehr noch, sie zu zerfetzen, um in Folge aus den Schnipseln plus meinem künstlerischen und feministischen Beirat (Unrat) einen Text zu schaffen, der mir keinen Schmerz mehr bereiten würde.


Absolute Bindung

Ich wollte mich während und nach der Lektüre nicht lösen, sondern die Bindung noch weitervorantreiben, indem ich eine für mich versöhnliche Feststellung erarbeiten würde. Das Manko dieses zweifellos wichtigen und auf mehreren Ebenen gelungenen Buches sei zusammengefasst im Mangel an sprachlichen Fähigkeiten der Autorin. In der britischen Rezension zu I LOVE DICK war neben einem Lobgesang auch der Begriff der Pulp Fiction zu lesen.

Was schmerzt, bleibt. Bleibt zumindest für einen längeren Zeitraum präsent: das Verlustgefühl mit Ende der Lektüre sorgte für Verbundenheit.


Schwimmen im Teich

Umschlingen möchte man Kraus´ Passagen über das ländliche Thurman im Upstate New York, so wie ich die pointierten Aphorismen in Janoschs Bei Liebeskummer Apfelmus umarmen möchte.

Es ist eine Sekundenumarmung, eine herzliche, aber flüchtige, gleich Maja Papayas Mückenkuss an den Maulwurf. Mit diesem Mückenkuss löst Maja Papaya heftigen Liebeskummer beim kleinen Tiger aus, der dann später, um den Liebeskummer zu umschiffen, ein Wettschwimmen mit Luzilein Bademützel (Janosch´s Namensfindungen sind eine Freude) absolviert. Er ließ Luzilein Bademützel haushoch gewinnen. Weil er jetzt sie liebte […] (6)

Keine Bindung, kein sorgfältiges Ausloten zur anschließenden Loslösung, nur Spontanreaktion, eine kurze Wahrnehmung mit wohligem Schmunzeln als Konsequenz. Poesie. Diesen beiden schlichten Sätzen ist nichts hinzuzufügen. Bindung und Lösung als zusammengeschweißter Akt, als Kurzzeitsymbiose, die dem Leser eine Erregung beschert, die nicht weiter beachtet werden muss.

Liebkosen und für einen längeren Zeitraum betrachten möchte man Sätze aus Witold Gombrowicz´s(7) Ferdydurke, Sätze wie diesen zum Beispiel: Für einen Jungen im schulpflichtigen Alter gibt es nichts Besseres als eine Mutter hinterm Zaun. Niemand kann aus ihnen einen frischeren und kindlicheren Popo hervorbringen als eine gut hinterm Zaun platzierte Mutter.(8)

Hier manifestieren sich das Innehalten und Festhalten an der Trefflichkeit dieses Satzes, ein Akt mit Zwischenraum. In diesen Zwischenraum hinein wachsen, man möchte sagen gedeihen, sofort die eigenen Gedankenblüten, gepaart mit bedingungsloser Zustimmung. Gleichzeitig fühle ich mich ertappt. Tatsächlich bin ich eine Mutter, die hinter unzähligen Zäunen hockte und hockt und das Jungchen argwöhnisch betrachtet.

Permanent werden die Schützlinge von deren Müttern beobachtet in Ferdydurkes erstem Romanabschnitt. Der 30jährige Ich-Erzähler hat sich lange geweigert erwachsen zu werden. Nun sieht er sich an den Schulhof zurückversetzt, während er widerwillig versucht, sich dem unausweichlichen Erwachsensein hinzugeben und stellt dabei die Normen und Konventionen des Bürgertums in Frage.

Was es für die Lektüre des Ferdydurke braucht: die Bereitschaft, sich für die Länge des Romans auf die Phantastik in der Literatur einzulassen, sich, an für damalige Verhältnisse(9) experimentell anmutende Schübe und Einschübe binden zu wollen sowie dem Schriftsteller folgen zu wollen in die dörfliche Knechtschaft.

Die Protagonisten nennen sich Popo, Pimko, Pöbel, Pyzo. Begleitet werden diese kontinuierlich von weiteren Alliterationen wie Pfoten, Pauker, Pinscher, Puppsi, Pforte, Polizei. Ob das Zufall ist oder der Übertragung von der polnischen in die deutsche Sprache geschuldet ist, sei an dieser Stelle nicht weiter verifiziert. 

Auffallend oft findet der Diminutiv Platz: Put, put, Hühnchen … Rotznäschen … Ich liebe dich, äh, äh … Menschlein, Kleinchen, Kleinchen, äh, äh, äh, put, put, put, Hühnchen, Jozio, Jozilein, Jozileinchen, Kindlein, Kindelchen, put, put, Popo, Puppsi … psi …(10)

Den Romananfang markieren unzählige Exklamationszeichen und Fragezeichen, auch eingesetzt um repetitive Elemente zu unterstreichen wie Waden, Waden, Waden!, Kleinchen, Kleinchen, Kleinchen oder Popo, Popo. Polizei! Provinzielles Spießbürgertum als orgiastisches put, put, put!

Manche Geschichten könnten so schnell zu Ende sein, wenn man einfach die Polizei riefe.(11) , so urteilte Ijoma Mangold in einer Rezension zum Roman Aller Liebe Anfang von der deutschen Autorin Judith Hermann. Ein vernichtendes Statement, das die Autorin für lange Zeit an den Rezensenten bindet, ob sie das will oder nicht.

Bei Gombrowicz möchte man nicht die Polizei rufen, im Gegenteil, festhalten könnte man sich an Jozios, Jozileins Nabelschnur, die er nicht gewillt ist aufzugeben beim verzweifelten Versuch erwachsen zu werden ohne den Mechanismen des Klein-, Kleinchen-, Kleinstbürgertums anheimzufallen.

Hat der Leser Gefallen gefunden an Gombrowicz´s Literatur, ist ein Schritt zu Bruno Schulz´ Werk nicht weit. Das Phantastische, Überbordende, Pathologische finden hier eine Fortsetzung bzw. Erweiterung. Dazu gesellt sich der (mitunter im Feuilleton kritisierte) omnipräsente Masochismus. Natürlich funktioniert im Sinne der Leseerfahrung auch die umgekehrte Entdeckungsreihenfolge. Nicht die bereits viel beachteten Zimtläden(12) des Schriftstellers aus Drohobytsch (13) seien an dieser Stelle erwähnt, sondern Das Sanatorium zur Sanduhr:

Mitunter erhob sich mein Vater von dem Buch und entfernte sich. Dann war ich damit allein, der Wind fuhr ihm durch die Seiten, und die Bilder stiegen empor. Und wenn der Wind leise in den Bögen blätterte und Farben und Figuren hinauswehte, lief ein Zittern durch die Textspalten, und aus den Buchstaben stiegen Formationen von Schwalben und Lerchen auf. …(14)


Verbundenheit an den Rändern – Provinz als Verdoppelung und Sublimierung

Und die Bilder stiegen empor. Bruno Schulz, polnischsprachiger Zeichner, Illustrator und Schriftsteller aus dem kleinen Drohobytsch war jüdischer Herkunft und fühlte sich zeitlebens an den multiethnischen Hügelort in der damaligen galizischen Provinz (seit 1991 Ukraine) gebunden. 

Wohl versuchte der zartwüchsige Schulz sich vom leidgeplagten Lehrerdasein (er unterrichtete an der örtlichen Schule Werkunterricht und Zeichnen) und vom Leben als Provinzler zu lösen, doch hielten ihn ein kränkelnder Organismus, Selbstzweifel sowie ökonomische Überlegungen von diesem Vorhaben ab. 

Die Beziehung zu seinem Drohobytsch darf als ambivalent bezeichnet werden. Im engen, multiethnisch und vorwiegend jüdisch(15) geprägten Städtchen, das durch die Erdölvorkommen und Erdölraffinerien zur Jahrhundertwende zu schnellem Reichtum gekommen war, bot sich dem Kreativkopf wenig literarischer Spannungsraum. 

In unzähligen Briefen an Freunde und später auch an Schriftstellerkollegen (z.B. an Witold Gombrowicz) schickte er seinen Intellekt und seine literarischen Erstergüsse hinaus aus Drohobytsch, um durch die Antwortbriefe wiederum weitere Nahrung zu finden für seinen dürstenden Geist.

Du möchtest mich in eine Arena locken, lieber Witold, die rings von Neugier der Menge umstellt ist. Du möchtest mich als wütenden Stier sehen auf der Jagd nach dem flatternden Laken der Frau Doktor, ihr luftiges, aramantfarbenes Peignoir soll Dir als Schild dienen, hinter welchem die Stiche Deines Degens auf mich warten. Du hättest, mein Lieber, eine Farbe nehmen sollen, die noch rasender macht, einen Pfeil, der noch giftiger ist, und ein Gift, das noch tödlicher wirkt als der Speichel der Frau Doktor von der Wilcza-Straße.(16)

Schulz war von der Angst verfolgt ins Leere zu schreiben. In einem Brief heißt es: Die Einsamkeit ist jener Faktor, der zur Gärung der Wirklichkeit führt und zur Leerung ihres Schauplatzes von Figuren und Farben.(17)

Das Verhaftetsein eines Individuums an einen Ort, an ein Schtetl wie Drohobytsch und das zeitgleiche Bedürfnis der Enge entfliehen zu müssen, erfährt in Bruno Schulz´ Zimtläden und in Das Sanatorium zur Sanduhr eine Sublimierung der poetischen Art. Beide Werke sind keine Romane, sondern Erzählbände. Wie in Chris Kraus´ I LOVE DICK wird das Briefeschreiben zum literarischen Genre. Die Erzählungen in Bruno Schulz´ Zimtläden waren als Briefe an einen Todkranken angelegt.

Wie Atom und Molekül bedingen sich überzeichnete Vorstellungen (Einbildungen) und Abbildungen von Wirklichkeit. Beides ist nötig, um die Farben und Figuren entwerfen zu können, die hinausgeschickt werden aus der selbstgewählten ewigen Einsiedelei. Man könnte feststellen, dass in Schulz´ Phantastik die Realität realer wird, gleichzeitig wirkliche und traumhafte Elemente eine symbiotische Beziehung eingehen. Wort und Farbe. Schriftsteller und Illustrator. Das eine will sich nicht lösen vom anderen.

Bruno Schulz galt während der nationalsozialistischen Besatzungszeit als Felix Landaus(18) Schutzjude und wurde als solcher 1942 gezwungen, das Kinderzimmer in der von Landau okkupierten Villa auszumalen. Der Schutz war nicht von Dauer: der Zeichner und Schriftsteller wurde am 18. November 1942 vom SS-Scharführer Karl Günther durch zwei gezielte Kopfschüsse in Drohobytsch`s Mickiewitsch-Straße ermordet.

Die Fresken mit Märchenmotiven blieben, wenn auch in schlechtem Zustand und verborgen, bis 2001 erhalten. In einer Nacht und Nebelaktion wurden Teile des Freskos mit Hilfe von Mitarbeitern der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem(19) herausgemeißelt und von der westukrainischen Provinz nach Israel transferiert. 

Dieser Akt sorgte für Aufsehen und Verwunderung und endete nach einem mehrjährigen Tauziehen mit einem Dekret der ukrainischen Behörden, der israelischen Gedenkstätte die Freskoteile für zwanzig Jahre als Leihgabe zur Verfügung zu stellen. Zusammenhalten, aneinanderhaften, heimholen? 

Es kann angenommen werden, dass Schulz´ Märchenmotive bei jener Aktion in Drohobytsch weiter zerstört wurden. Ein Herausreißen, ein Auseinanderreißen, auch so kann dieser Akt interpretiert werden. Bindung und Lösung, Abbildung. 

Bruno Schulz´ Phantasiewelt bleibt durch sein literarisches Werk ohnehin für immer an die kleine Stadt im ehemaligen Galizien gebunden und hat doch seinen Weg nach draußen gefunden.

PS: Chris Kraus´ I LOVE DICK wird in der Zwischenzeit auch als Streaming-Serie angeboten. Unbedingt zu empfehlen!


1. Nicht zu verwechseln mit dem deutschen Filmemacher Chris Kraus, dessen Film Die Blumen von gestern exakt im selben Zeitraum in den deutschsprachigen Kinos zu sehen war wie die deutsche Romanübersetzung zu I LOVE DICK in den Buchläden.
2. Chris Kraus, Matthes & Seitz Verlag, 2017
3. Dick Hebdige, britischer Kulturtheoretiker
4. Briefwechsel zwischen Michel Houellebecq und Bernard-Henri Lévy in Volksfeinde; Dumont Verlag, 2009
5. Aus I LOVE DICK von Chris Kraus
6. Aus Janosch`s Bei Liebeskummer Apfelmus
7. Polnischer Schriftsteller, 1904-1969; lebte von 1939-1963 im argentinischen Exil
8. Aus Witold Gombrowicz`s Ferdydurke; Erstveröffentlichung 1938
9. Ferdydurke erschien erstmals 1938
10. Aus Witold Gombrowicz`s Ferdydurke
11. Aus einer Rezension von Ijoma Mangold; Die ZEIT 2014
12. Erzählband, Bruno Schulz, Erstveröffentlichung 1934
13. Provinzstadt in der heutigen Westukraine; von 1772 bis 1919 galizisches Teilgebiet der österreichischen Habsburgermonarchie; von 1919 – 1939 polnisches Staatsgebiet; Einmarsch der Nationalsozialisten 1941; nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1991 Sowjetunion, heute Ukraine.
14. Aus Das Sanatorium zur Sanduhr von Bruno Schulz
15. Bis zum Einmarsch der Nationalsozialisten betrug die jüdische Gemeinde 50 Prozent der Stadtbevölkerung; die Choral-Synagoge war die größte Polens und Galiziens – sie wurde 2017 restauriert.
16. Brief an Witold Gombrowicz, Juli 1936
17. Aus Die Wirklichkeit ist Schatten des Wortes, Carl Hanser Verlag 2000
18. SS-Hauptscharführer aus Wien
19. Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem



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Regina Hilber

Regina Hilber, geb. 1970, lebt als freie Autorin in Wien, schreibt Essays, Erzählungen sowie Lyrik. Sie ist auch als Publizistin und Herausgeberin tätig. Zuletzt erschienen ihre gesellschaftskritischen Essays in Lettre International, Literatur und Kritik und in der Zwischenwelt. Ihre Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet, ihre lyrischen Zyklen in mehrere Sprachen übersetzt. Zahlreiche Einladungen zu internationalen Poesiefestivals und geladenen Schreibaufenthalten in ganz Europa. 2017 war sie Burgschreiberin in Beeskow/Brandenburg. Buchpublikationen zuletzt: Palas (Edition Art Science, 2018) und Landaufnahmen (Limbus Verlag, 2016). 2018 gab sie die zweisprachige Anthologie Armenische Lyrik der Gegenwart — Von Jerewan nach Tsaghkadzor (Edition Art Science) heraus.

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