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Literarische Korrespondenz:
Hannes Hofinger an Alois Schöpf
Betrifft:
Achtung Rechtsstaat!

Lieber Alois!

Ich bin wieder mal geschockt. Du stellst in vollem Ernst und offensichtlich im Vollbesitz der geistigen Kräfte Gerichtsurteile der Nazis, des Iran oder Russlands in Verbindung zu unserem Rechtssystem.

Warum nicht gleich die Hexenprozesse? Auch die Verspeisung von Christen durch römische Löwen hast du vergessen. Auch diese Urteile waren wohl nicht nach unserer Rechtsprechung.

Aus der Tatsache, dass in der Vergangenheit und aktuell in diversen Ländern immer noch jede Menge Fehlurteile gefällt werden, zu schließen, dass folglich auch die Urteile unserer Gerichte sehr fraglich zu beurteilen seien, ist schon sehr seltsam! 

Dies würde bedeuten, dass, weil ja irgendwann die Erde nach allgemeiner Auffassung eine Scheibe war, auch die Ansicht, sie sei eine Kugel, nicht gesichert ist. 

Es gibt so etwas wie Erkenntnisse.
Solche Vergleiche sind einfach nur irre.

Ich bin überzeugt, dass nach deinem – hoffentlich in noch sehr, sehr weiter Ferne drohendem – Ende, jährlich am 27. August, zu Bastis Geburtstag, aus Deinem Grab Alleluja-Gesänge zu hören sein werden und vertrocknete Männlein und Weiblein werden wohl Weihwasser sprengen.

Nein, ist nicht lustig!

Ich wiederhole mich. Zum letzten Mal. Versprochen!

Lieber Alois, mir ist es ziemlich wurscht, ob ein Herr Kurz beim Billa eine Wurstsemmel klaut. Mir ist auch relativ egal, was besoffene Typen auf einer Urlaubsinsel so vor sich hinplaudern. Es geht mich auch nichts an, ob ein Herr Strache die Zehennägel seiner Gesprächspartnerin grausig findet und die Republik unter Freunden aufteilen will oder ein Herr Kurz falsche Umfragen bestellt.

ABER: Wenn es sich nicht um einen Herrn Kurz und um einen Herrn Strache, sondern um den Kanzler und Vizekanzler der Republik Österreich handelt, dann ist das etwas anders!

Es geht nicht um eine Unschuldsvermutung, es geht um ANSTAND!

Und, lieber Alois, hier unterscheiden wir uns diametral: Es geht nicht darum, ob die Justiz eine strafrechtlich relevante Tat beweist. Es geht einzig und allein um den CHARAKTER eines Menschen. 

Ich will keinen Kanzler mit diesem miesen Charakter! Da mögen Gerichte noch viele Jahre an der Unschuldsvermutung oder Schuldvermutung herumdiskutieren, das interessiert mich nicht! 

Dass dieser Herr charakterlich nicht in der Lage und nicht berechtigt ist, unser schönes Land zu führen, dies ist für mich wesentlich! Ich will ehrenhafte Menschen in der Politik! Keine Possenreißer und keine Schaumschläger wie den jetzigen Bargeldretter der Nation. Einfach nur peinlich!

Aber ist auch schon egal.
Die Welt steht auf kein Fall mehr lang, wusste schon Nestroy.

Hannes

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Hannes Hofinger

Hannes Hofinger (* 21. Dezember 1947 in St. Johann in Tirol) ist ein österreichischer Schriftsteller, Bibliothekar und Verleger. Hannes Hofinger ist Chronist und Heimatforscher und verlegt vor allem Kleinodien aus der Umgebung von St. Johann in Tirol.

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