Alois Schöpf
Der Charme von Titeln
Apropos
Die Tiroler Landesregierung verteilte unlängst an ihrer Ansicht nach verdiente Persönlichkeiten Ehrentitel. Dies wurde von einigen meiner Kollegen, aber auch von der politischen Konkurrenz als ein überholter Brauch aus der Monarchie abqualifiziert.
Ich möchte dieser Einschätzung widersprechen und vorab festhalten, dass ich selbst über keinen Titel verfüge.
Zugleich möchte ich daran erinnern, dass der Charme Europas darin besteht, dass wir verschieden sind. Gleich sind wir bestenfalls in unserem urmenschlichen Hang zur Eitelkeit, dem zweifelsfrei sogar die Schweden frönen, auch wenn sie sich alle ikeamäßig mit „du“ anreden und als Ersatz für die Titel exzessiv Namedropping betreiben.
Österreich war immer schon ein barockes Land mit einem umständlichen Hofzeremoniell, von dem, wie übrigens auch in Italien, die Sitte übrig geblieben ist, jemanden am Beginn eines Gesprächs mittels Titel an sein erfolgreiches Leben zu erinnern: Grüß Gott Herr Hofrat, Brandrat, Professor. Oder gleich wie im Süden: Commendatore!
Was soll an dieser klugen Freundlichkeit überholt oder unsinnig sein, außer vielleicht die Tatsache, dass man bei vielen Ehrentiteln und Auszeichnungen zu wenig genau hinschaut, ob die Betreffenden sie auch wirklich verdienen?
Mit leicht ironischem Unterton zeichnen Titel den Charme unseres Landes jedenfalls mehr aus als eine zeitgeistig oft nur verlogene Schein-Égalité.
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 02.09.2023
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